Die letzten Worte des Wolfs
habe mich inzwischen um etwas gekümmert, was wir alle bislang übersehen hatten. Eigentlich das Naheliegendste: Gibt es in Wandry reguläre Walfangschiffe?«
Rodraeg faÃte sich an die Stirn. »Stimmt. Das sind die Experten für unser Problem.«
»So ist es. Es gibt zwei solcher Schiffe im Norderhafen, dicke, bauchige Pötte, schwarz angelaufen vom Blut und Tran der an ihren Seiten aufgehängten und auseinandergeschnittenen Walfische. Insgesamt besteht die Wandryer Walfangflotte aus fünf Schiffen, und drei davon sind gerade unterwegs Richtung Eismeer, wo man drei verschiedene Walarten jagen kann. Buckelwale? Die hat schon seit einer Generation niemand mehr zu Gesicht bekommen, aber daà sie ausgestorben sind, wie es in der Encyclica steht, würde niemand zu behaupten wagen. Die Meere sind unendlich wie der Himmel, sagen die Männer. Woher also glaubt die Encyclica zu wissen, was es noch gibt und was nicht mehr? Jedenfalls bin ich mir vollkommen sicher, daà die Wandryer Walfänger nichts wissen von der bevorstehenden Massenstrandung, denn warum würden sie sonst hinausfahren und im gefährlichen Eismeer jagen, anstatt einfach nur im Heimathafen auf fette Beute zu warten?«
»Was ist mit Magie?« fragte Rodraeg.
»Auf dieses Thema reagieren sie ausgesprochen empfindlich, denn sie gehören wohl zu den von Aldava am strengsten überprüften Berufsgruppen. Auf einem der Schiffe, die jetzt drauÃen sind, soll es einen Navigationsmagier geben, aber der kann nichts anderes, als immer zu wissen, wo Norden ist, auch wenn die Kompasse in einem energetisch geladenen Sturm verrückt spielen.«
»Sind diese Angaben glaubhaft, oder ist genau dieses Schiff mit dem Magier dasjenige, das die Wale nach Wandry treibt?« fragte Hellas argwöhnisch.
»Ich denke, die Angaben sind glaubhaft, denn sonst hätten sie mir ja nicht von diesem Magier erzählt. Wäre ich ein königlicher Kontrolleur, hätten sie sich selbst ihr Grab geschaufelt, wenn der Magier wirklich ein Fängermagier ist. Daà sie einen Magier zur Navigation benutzen, ist, glaube ich, schon an der Grenze zur Ungesetzlichkeit, das könnte ein interessanter Fall vor einem Aldavaer Schiedsgericht werden.«
»Ich überlege gerade«, bemerkte Rodraeg, »daà die Walfänger ja eigentlich panische Angst vor Walen haben müÃten, die durch Fängermagie hierhergelockt werden, denn das wird ihnen doch sofort in die Schuhe geschoben, und ihre gesamte Zunft wird geächtet und gebannt.«
»Das ist richtig«, stimmte Eljazokad zu, »aber dennoch denke ich, daà wir die Walfänger nicht als Verbündete gewinnen können. Sie besitzen eine gewisse Weisheit, im Kampf gegen entfesselte Elemente gewonnen, aber sie sind dennoch unglaublich roh und selbstbezogen, denn ihr Handwerk ist ein blutiges. Sobald Wale hier im Sund auflaufen, werden sie tun, was ihre Tradition ihnen gebietet: Sie werden ihre Werkzeuge herausholen und sich im Abschlachten hervortun.«
»Ja.« Rodraeg machte ein trauriges Gesicht. »Du hast wohl recht.«
Nach einer kurzen Pause wandten sich alle nun Bestar zu. Der hob wieder abwehrend die Hände. »Nichts. Ich weià auch gar nicht, wie ich fragen soll, ohne mich verdächtig zu machen. Ich schleppe Kisten, ich schleppe Tuchballen, ich helfe den Schwächlingen, damit sie nicht von diesem Landungssteg âoder wie das Ding heiÃt â runterfallen ⦠aber wie soll ich etwas herausfinden?« In Bestars breitem Gesicht stand echte Verzweiflung zu lesen.
»Du machst das schon ganz richtig«, tröstete ihn Rodraeg. »Paà auf deine Wunde auf und überanstrenge dich nicht. Frag nicht allzuviel herum, das macht dich tatsächlich verdächtig. Wenn im Hafen plötzlich das Gerücht aufkommt, daà ein groÃer Walfang bevorsteht, wirst du davon Wind bekommen, auch ohne zehnmal nachzufragen. Du bist unser Mann in der Hafen- und Arbeitswelt. Morgen solltest du versuchen, bei Beceorfan oder Yrmenlaf unterzukommen.«
Bestar sah erleichtert aus, erleichtert darüber, daà er nicht getadelt wurde, obwohl er als einziger keine Ergebnisse vorzuweisen hatte. »Gut. Morgen früh fange ich bei einem von den beiden an und bin dann in der Mittagspause wieder hier.«
Nun war Hellas an der Reihe. »Ich habe auch nichts. Queckten kann ich erst nach Einbruch der Dunkelheit treffen. Dann versuche ich, ihn
Weitere Kostenlose Bücher