Die leuchtende Stadt
Habitatkuppel in die Höhe hinauf. Rasch gewann sie an Höhe und war schon bald in den trüben Fluten über ihnen verschwunden.
»John Bandicut!«
Als er Iks Schrei hörte, löste er sich von dem Anblick. Die meisten Neri hatten den Raum blitzschnell verlassen. Nur L’Kell war noch da und schrie jemandem, der im Gang stand, etwas zu. Er drehte sich zu Ik und Bandicut um. »Ich muss gehen! Ihr könnt hier bleiben. Hier müsstet ihr eigentlich sicher sein.«
»Hrachh – niemals!«, grollte Ik. »Wir gehen mit dir, wenn wir helfen können!«
»Genau! Aber wohin willst du eigentlich?«, fragte Bandicut den Neri.
»Zu den Tauchfahrzeugen«, antwortete L’Kell und winkte ihnen, ihm zu folgen. »Wir müssen nachsehen, was wir tun können.«
»Dann lauf vor!«, rief Bandicut.
Und sie rannten los.
Antares hatte voller Bestürzung zugehört, als die Obliq Kailan die geheimnisvolle Gefahr am Meeresgrund beschrieb, im Tiefseegraben, der nicht weit von der Neri-Stadt entfernt lag. Die Neri wussten nicht, was es mit dem Graben auf sich hatte, nur dass er vor vielen Jahren im Zuge einer gewaltigen Katastrophe entstanden war. Aber was auch immer darin lauerte, es verursachte in unvorhersagbaren Intervallen sowohl Beben als auch unerklärlich starke Tiefenströmungen – jene Strömungen, bei denen gewaltige Wassermassen in den Graben gesogen wurden. Und natürlich nicht nur Meerwasser, sondern auch alles andere, was sich im Meer befand, wie etwa Neri-Schwimmer, die das Pech hatten, in die Strömung zu geraten. Im Laufe der Jahre hatten schon viele Neri auf diese Weise den Tod gefunden. Die schlimmsten Beben waren stets von einem verwirrenden Leuchten begleitet, das aus der unergründlichen Tiefe des Grabens hinauf in die lichteren Tiefen des Ozeans strahlte.
»Warum bleibt ihr Neri hier, wo doch eure Stadt so nah an dem Graben liegt?«, hatte Li-Jared gefragt – mit mehr Logik als Taktgefühl.
»Weil da unten unsere Fabriken liegen …«
»Im Tiefseegraben?«, hakte Li-Jared nach. Seine stahlblauen Pupillen waren vor Staunen geweitet.
»Nicht im Graben selbst, sondern auf dem Vorsprung, nahe der Stelle, wo der Meeresboden extrem steil abfällt«, erwiderte Kailan ruhig und sah ihre Gäste an, die in ihren Gemächern auf den Kissen saßen. Das Gesicht der Neri-Frau wurde von den großen Augen dominiert, die ihr einen ausgesprochen neugierigen Ausdruck verliehen. »Ohne die Fabriken werden wir sterben, sagen unsere Anführer. Vielleicht haben sie Recht.« Sie verstummte kurz. »Früher war der Todesschlund nicht so aktiv wie heute. Das letzte schlimme Beben liegt schon Jahre zurück.«
Kaum hatte Kailan den Satz vollendet, da erbebte plötzlich der Boden. Antares und Kailan sahen sich beunruhigt um. Li-Jared sprang auf und lief nervös durch den Raum. »Was ist los? Was ist das?«
Antares packte ihn beim Arm und beruhigte ihn. Unter Kailans Führung eilten die drei in einen der Kuppelräume, von denen aus sie sich mit eigenen Augen überzeugen konnten, was draußen vor sich ging.
Sie waren gerade erst an der durchsichtigen Kuppelwand angekommen, als das markerschütternde Kreischen von Metall den Boden unter ihren Füßen vibrieren ließ. Das Kreischen schwoll an und übertönte das hintergründige Grollen des Bebens. Dutzende von Habitatkuppeln, die meisten hangabwärts gelegen, rissen an ihren Trossen und Verankerungen. Eine davon, nur wenige Kuppeln entfernt, riss besonders heftig an ihrer Trosse. Einen Moment lang sah es so aus, als würde sie nach unten gesogen; dann gab die Verankerung mit einem schrecklichen Aufkreischen nach, eine Wolke aus Luftblasen stieg auf, und das Habitat trieb empor und verschwand außer Sicht.
Entsetzt sah Antares Kailan an. »Das ist eines der schlimmeren Beben, nicht wahr?« Wortlos, zu entsetzt, um Worte dafür zu finden, starrte die Obliq nach draußen. Antares spürte ihre tiefe Bestürzung.
Also war es tatsächlich eines der schlimmeren Beben.
Kailan drehte sich um und stellte einem Neri hastig mehrere Fragen hintereinander. Ungeduldig hörte sie sich die verzweifelten Antworten an, dann stand sie einen Moment reglos und in Gedanken versunken da.
»Waren Neri in dieser Kuppel?«, erkundigte sich Antares.
Kailan schaute sie an. »Ja. Wenn sie die Kuppel verlassen können, ehe sie die Meeresoberfläche durchbricht, überleben sie vielleicht. Aber das Habitat … könnte …«
»Was?«
Kailans Gedanken waren Antares’ Frage offensichtlich schon weit voraus. Die Neri
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