Die leuchtende Stadt
Kailan gelassen.
»Aber Ihr könnt doch nicht … also schön … wir rufen sie zurück!«
»Sieben.«
»Gebt uns Zeit!«
»Das kann ich nicht. Sonst ist es zu spät. Fünf.« Kailans Finger huschten über die Schalttafel. Sie richtete die großen Augen auf den Schirm. Ihr schwimmhäutiger, dünner Finger schwebte über einer Taste. »Zwei …«
»Sie melden uns, dass sie …«
»Ich kann nicht warten. Löse jetzt den Pulsstrahl aus!« Sie drückte auf die Taste.
Der linke Bildschirm flackerte kurz und zeigte dann wieder die Außenansicht der über ihnen liegenden Wassermassen. Ein dünner, grüner Lichtstrahl schoss nach oben, verschwand im trüben Ozean. Drei helle Blitze zuckten an dem Lichtstrahl hoch, als würden sie auf ihm entlangreiten, so schnell, dass man ihnen nicht mit Blicken folgen konnte. Antares schaute Kailan an. Die Neri blickte auf den mittleren Schirm, auf dem sich drei blinkende Striche dem großen Symbol und dem Kreis näherten. Sie deutete auf ein anderes Symbol, eindeutig ein Tauchboot der Verfolger, und gestikulierte wild, als wolle sie es beiseite schieben. Das Tauchboot war nicht schnell genug.
Der erste blinkende Strich traf es und wuchs zu einem großen, leuchtenden Kreis an. Kailan erstarrte. Der zweite verfehlte das Tauchboot und durchdrang das Habitat-Symbol. Ebenso der dritte.
Rote Ringe dehnten sich um das Habitat-Symbol aus.
11
Rettung
Der Rumpf des Tauchboots knarrte beunruhigend, als sie tiefer sanken, hinab in die Dunkelheit, die nur von den ab und an aufglimmenden Lichtern zerrissen wurde. Bandicut erinnerte sich an früher; viele Jahre war es her, seit er einmal eine Tauchfahrt an die Stelle gemacht hatte, wo die Titanic im Ozean versunken war, viertausend Meter tief im Nordatlantik, auf der Erde. Es war ein unvergessliches Erlebnis gewesen, das sorgsam beleuchtete Schiffswrack in der Dunkelheit seines Ozeangrabs auftauchen zu sehen und an die vielen hundert Menschen zu denken, denen das Schiff selbst zum Grab geworden war. Jahrzehntelang hatte das Wrack ungestört dort unten gelegen, und selbst jetzt, wo die Stätte zu einem historischen Unterseepark geworden war, umgab sie eine Aura der Ruhe, ein nüchternes Gefühl der Tragik, das niemals weichen würde. Er hatte die erläuternden Kommentare in seinem Kopfhörer abgeschaltet und das mit Flutlicht beleuchtete Schiff betrachtet, das vor ihnen in der ewigen Nacht aufragte, eine einprägsame Metapher für Stille und Einsamkeit.
Inzwischen bewegten sich die Schwebeteilchen im Wasser auf das Neri-Tauchboot zu; nur daran erkannte Bandicut, dass sie sogar noch schneller in die Tiefe schossen als die Strömung. Noch immer spürte er sie, wenn eine gelegentliche Turbulenz das Tauchboot so sehr durchrüttelte, dass L’Kell Schwierigkeiten hatte, es auf Kurs zu halten. Von Zeit zu Zeit hörte er ein leises Zischen und spürte ein Knacken in den Ohren, als die Systeme des Boots den Innendruck stufenweise an den zunehmenden Außendruck anpassten – sie glichen ihn zwar nicht exakt an den Außendruck an, reduzierten aber das Druckdifferenzial. Bei diesem Gedanken fiel Bandicut wieder das Habitat mit seiner durchscheinenden, filigran wirkenden Kuppel ein, das der Oberfläche entgegenschoss, falls es diese nicht sogar schon erreicht hatte; er erschauerte, als er sich die explosionsartige Dekompression vorstellte, die gewiss in ihrem Inneren stattfand. Als er L’Kell danach fragte, antwortete der Neri: »Mit ein wenig Glück konnten alle aus dem Habitat fliehen. Den raschen Druckabfall beim Aufstieg können sie überleben – aber sie sterben ganz sicher, wenn die Kuppel auftaucht und die Habitatmembran platzt!«
Nach dieser Erklärung schwieg Bandicut. Er fragte sich, wo in all diesem Trubel wohl Antares und Li-Jared steckten.
///Deine anderen Freunde?
Du vermisst sie.///
/Ich mache mir größte Sorgen um sie. Was ist, wenn sie in der Kuppel sind, die da gerade nach oben schießt?/
///Sie könnten sterben. Meinst du das?///
/Natürlich meine ich das. Sie sind nicht wie du, Charlie. Charlene, meine ich. Sie können nicht jedes Mal wieder ins Leben zurückkehren wie du./ Jedenfalls nicht, soweit er wusste.
///Du kannst mich ruhig Charlie nennen,
wenn du willst.
Dieses Sterben ist etwas sehr Wichtiges für dich,
nicht wahr?///
/Was für eine Frage! Himmel, Charlie – ja! Es schmerzt, wenn die eigenen Freunde sterben./
///Ja, ich nehme an, es … ///
/Und ich muss dir sagen, es hilft nicht gerade besonders, wenn
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