Die leuchtende Stadt
dann …« Mit einem Tastendruck veränderte Kailan erneut die Darstellungsart. »Jetzt läuft die Bildfolge langsamer ab, damit Ihr es besser mitverfolgen könnt.« Etwas veränderte sich im Inneren des Planeten – als grabe sich ein Wurm hinein, der ein komplexes Gewirr aus gewundenen Bahnen anlegte. Als die Bahnen fertig waren, wurde der Wasserstrom durch das Planeteninnere geleitet, wobei er einen unmöglichen Verlauf nahm, in Bögen, Schleifen und Kurven. Und dann trat der Wasserstrom wieder aus …
»Das Wasser fließt in den Ozean zurück?« Verwundert starrte Antares auf das Display.
»Zurück ins Meer, aber weit von hier entfernt. Irgendwo auf der anderen Seite der Welt.«
»Ihr beobachtet das? Messt es irgendwie?«
Die Obliq strich mit dem Finger über die dargestellte Weltkugel. »Jene, die unseren Lebensraum gebaut haben, waren sehr gründlich. Überall auf unserem Planeten sind Messgeräte installiert – wesentlich weiter verbreitet als unsere Kultur. Wir leben nur hier«, sie zeigte auf die Region in der Nähe des Trichters, »und haben hier und hier einige kleinere Siedlungen«, jetzt deutete sie auf einige Stellen im Norden und Süden, nicht weit von der Küstenlinie des angrenzenden Kontinents entfernt, »sowie eine Reihe von Außenposten in den arktischen Regionen.« Sie wies auf zwei Punkte, die viel weiter nördlich lagen. »Es gab früher überall auf dem Planeten Ablegersiedlungen, aber wir haben den Kontakt zu ihnen verloren und keine Tauchboote mehr, die so weit fahren können.« Sie drückte eine Taste, und auf dem Schirm leuchteten unzählige blaue Punkte auf. »Und hier liegen unsere Sensoren. Die meisten von ihnen sind noch immer mit den Geräten verbunden, die uns diese Bilder hier liefern. Wenn sie jedoch ausfallen«, sie zeigte auf einige wenige Punkte, die eher orange als blau leuchteten, »können wir sie nicht mehr ersetzen.«
Antares blähte die Nasenflügel auf. »Was ist mit den anderen Siedlungen – die, die nicht so weit von euch entfernt sind? Habt ihr noch Kontakt zu ihnen?«
Ehe Kailan antworten konnte, kehrte Elbeth zurück; sie trug ein rundes, rautenförmiges Objekt von der Größe eines Tellers. Offenbar war es die von der Obliq gewünschte Batterie; Elbeth klappte die Oberseite der nicht funktionierenden Konsole hoch und nahm ein ähnliches Objekt aus dem Pultsockel, ehe sie die neue Batterie einsetzte. Kailan legte einen Schalter um und nickte zufrieden, als die Lichter des Pultes wieder aufleuchteten. »Doch, wir haben noch Kontakt zu diesen Siedlungen … in gewissem Maße.« Sie sah wieder Antares an. »Früher haben wir uns freundschaftlich ausgetauscht und Handel miteinander getrieben. Die anderen Siedlungen zählten auf unsere Hilfe, als ihre kleinen Fabriken nach und nach ausfielen, ungefähr vor hundertfünfzig Jahren. Wir hier leben nicht nur in der größten Stadt, sondern waren auch die Einzigen, die stets garantieren konnten, dass neue Ausrüstung produziert wurde. Aber auch die kleinen Siedlungen bargen sehr viele Maschinen aus dem Meer, die auf der verlorenen Technologie unserer Vorfahren beruhen, und nicht selten waren ihre Fischgründe reicher. Der Handel mit ihnen war für beide Seiten zufrieden stellend.«
»Aber?«, forschte Antares nach.
»Aber nicht alle waren gleich zufrieden. Denn als unsere Fabrik ausfiel, hatten wir weniger Handelsgüter anzubieten. Der Kontakt ließ nach. Je schlechter die Zeiten wurden, desto schwieriger war es, den Kontakt mit den anderen Neri aufrechtzuerhalten«, erzählte Kailan. »Wir können noch immer miteinander kommunizieren, durch die Mitwasser-Schallübertragungsschicht …«
»Uuhll?«
»Eine Wasserschicht, die zwischen zwei anderen Wasserschichten liegt: eine wärmere, leichtere Schicht liegt über einer kälteren, dichteren«, erläuterte Kailan. »Bei günstigen Bedingungen transportiert diese Schicht den Schall um unsere ganze Welt: Die Schallwellen prallen von der oberen und unteren Schicht ab und bleiben so immer in dieser erwähnten Mittelschicht. Zwar kann man auf diese Weise nicht zielgerichtet kommunizieren, aber wir senden den anderen Siedlungen trotzdem Nachrichten durch diese Schicht, die man theoretisch überall auf der Welt hören könnte. Und bis vor kurzem haben wir auch hin und wieder ein Tauchboot oder sogar Gruppen von Schwimmern ausgesandt, um die Siedlungen zu besuchen.«
Antares beobachtete die Wasserbewegung in der kartografischen Darstellung und erinnerte sich an die
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