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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Gottschalk und ihr aufgelauert hatte. Luzinde ballte die Fäuste und machte sich Mut. Sie hatte halb Böhmen durchreist, da würde sie ja wohl ein paar Dutzend Ellen durch Nürnberg überleben!
    Schließlich erreichte sie die grobe Steinmauer, die das Klarissenkloster umgrenzte, schlüpfte durch dasTor hinein, durchmaß den Hof und betrat die Kirche. Sie liebte den warmen Raum der Klarissenkirche. Luzinde zog es, wie sollte es anders sein, zum Altar der heiligen Luzia. Die ehemalige Magd leistete sich eine Kerze und stellte sie für Gottschalk auf.
    Die Nonnen bereiteten gerade die Messe vor, während Luzinde sich vor den Altar kniete, bekreuzigte, und Luzia um Schutz und Hilfe bat. Sie sah auf zu dem Bild, auf dem die Heilige mit dem Lichterkranz im Haar in die Dunkelheit einer
Höhle trat, um jenen Christen zu helfen, die sich vor der Verfolgung verbergen mussten. Auf ihrem Gesicht stand Furcht, vermutlich vor der Dunkelheit und dem Unbekannten, aber auch Entschlossenheit. Sie hatte so viel gewagt, so vielen geholfen – und das im stetigen Wissen, dass ihr Handeln sie das Leben kosten konnte. Luzinde wünschte, sie wüsste wie die Heilige einen Ausweg aus dem Elend, in dem sie steckte, und hätte den Mut, ihn zu beschreiten.
    Vom Hochaltar her drangen inzwischen dieWorte eines Priesters, der mit der Psalmenlesung begonnen hatte. Jemand kniete sich neben sie vor den Luzienaltar und sah zu ihr herüber. Ulmans schönes Gesicht versetzte ihrem Herzen einen Stich.
    »Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest.«
    »Ich auch nicht. Was wollt Ihr, Herr Stromer?«
    »Du kniest vor dem Altar unserer Hausheiligen«, sprach er, statt auf ihre Frage einzugehen. »Sie ist deine Namenspatronin, nicht wahr? Das hätte uns fester verbinden sollen. Hätte ich von Anfang an gewusst, dass du eine Christin bist -«
    »Ulman«, unterbrach Luzinde ihn ungeduldig. »Ihr schriebt mir, Ihr hättet etwas für mich?«
    »Ja. Lass uns dort hinübergehen.« Er wies in die Ecke des Nordflügels, die vom Chor her nicht einsehbar war. Sie gingen hinüber, und Ulman musterte sie mit dunklen Augen, als er weitersprach. »Ich möchte mit dir über dein Kind sprechen.«
    »Woher wisst Ihr davon?«
    »Das ist nicht wichtig. Es wurde mit einer Glückshaube geboren, nicht wahr? Vor fünf Jahren am Tag des heiligen Virgilius? Man hat die Glückshaube in sein Gewand eingenäht, damit es behütet wird. Und du hast dafür ein Luzienamulett erhalten.«
    Luzinde rang um ihre Fassung. War jener siebenundzwanzigste November wirklich vor fünf Jahren gewesen? Wegen all der Sorgen hatte sie dieses Jahr zum ersten Mal den Jahrestag
der Geburt vergessen. Sie wandte sich ab. Konnte er das von Margaret wissen? Die wusste gar nicht alles – das taten nur die Nonne, die ihr Kind genommen hatte und ihr Vater. »Wo ist es?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
    »An einem sicheren Ort.«
    Luzinde liefen die Tränen über die Wangen. Mit einem bitteren Lächeln drehte sie sich wieder um, entschlossen, die Beherrschung zu wahren. »Was wollt Ihr?« Ulman begegnete ihrem Blick kühl.Warum hatte sie die Grausamkeit, die er besaß, damals nicht gesehen, als sie sich in ihn verliebt hatte? Sie hasste sich dafür, dass sie diesem Menschen so viel von sich selbst offenbart hatte.
    »Sind die Juden bewaffnet?«
    Luzinde wurde bleich. Natürlich kannte sie so manches Detail, das für die Stromers bei einem Kampf von Bedeutung sein würde. Doch ihnen von Nathan von Grevenbergs Absicht zu berichten, die Juden zu bewaffnen, grenzte nicht nur an Verrat.
    »Ich habe gefragt, ob sie bewaffnet sind!«
    »Gebt Ihr mir dann mein Kind wieder?«, fragte Luzinde mit bebenden Lippen.
    Ulman verschränkte die Arme vor der Brust und starrte sie eindringlich an. Dann sah er zu Boden. »Ja.«
    Luzinde ließ die Schultern hängen. Ihr Herz schlug höher, doch gleichzeitig wühlte bereits das schlechte Gewissen in ihren Eingeweiden. Die Frage, ob sie auf den Handel eingehen sollte, stellte sich nicht. Sie konnte nicht anders.
    »Sie sind bewaffnet.«
    »Wie stark?«
    »Schwerter.«
    »Und sonst?«
    »Spieße.«

    »Schusswaffen?«
    Luzinde schwieg. Sie hasste sich bereits jetzt.
    Ulman trat einen Schritt heran und senkte seine Stimme. »Haben sie Schusswaffen?«, fragte er langsam.
    Luzinde nickte. »Ja«, hauchte sie, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. »Armbrüste.«
    »Wie viele?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wie viele?«
    »Ich weiß es nicht!«, rief sie, und ihre Stimme

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