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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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hatten die Verletzten wenigstens ein Dach über dem Kopf und es waren Menschen da, die sich so gut es ging um sie kümmerten. Aus einem der Räume drangen entsetzliche Schreie, kurz öffnete sich die Tür, gab den Blick frei auf die am übelsten Zugerichteten.
    »Wir brauchen Schnaps! So viel zu bekommen ist!«, übertönte der Wundarzt den Lärm.
    »Ich sehe zu, was ich auftreiben kann!«, sagte Turck.
    »Ihr, Pater«, wandte sich der Doktor an Spee, »könnt mir helfen. Ich brauche einen kräftigen Mann, die Leute festzuhalten!«
    Auf einem Stuhl saß ein Patient mit einem riesigen Kopfverband und glasigem Blick, eine halb leere
    Schnapsflasche in den Händen. Im rechten Oberschenkel klaffte daumenbreit eine tiefe Fleischwunde bis zum Knie.
    »In der Schulter hat er eine Kugel!«, sagte der Doktor wie nebenher.
    Spee wunderte sich immer wieder, welche Schmerzen der Mensch ertragen konnte. Und wie viel Alkohol. Der Mann nahm einen letzten großen Schluck und nickte dann. Trotz der beträchtlichen Schnapsmenge, die der schmächtige
    Verwundete intus hatte, hatte Spee Mühe, ihn dann im Stuhl zu halten.

    Es war bereits früher Vormittag, Friedrich Spee hätte nur noch das Verlangen, sich hinzulegen und zu schlafen, irgendwo, am liebsten dort, wo er gerade stand. Aber zuerst musste er sich um die gefangenen Franzosen kümmern und dazu musste er zu General Emden. Der hatte allerdings anderes zu tun, als das Lamento eines Pfaffen über sich ergehen zu lassen. Dieser Ansicht war jedenfalls die Ordonnanz, die Spee gar nicht erst nach seinem Anliegen fragte, sondern ihn barsch abwies und empfahl, es in ein paar Tagen wieder zu versuchen. Spee nickte, trat ein paar Schritte zurück und blieb an der Wand stehen. Es war ein Kommen und Gehen, prächtig gekleidete Kommandeure gaben sich die Klinke in die Hand,
    Abgeordnete der Stadt wurden vorgelassen, dazwischen erschien der hagere Schädel des Generals in der Tür, bellte einen Befehl in den Raum, was sofort hektische
    Betriebsamkeit auslöste. Es ging schon auf Mittag zu, als es etwas ruhiger wurde. Aufatmend schob der Adjutant einen Packen Papier auf die rechte Seite des Tisches, rückte den Stuhl nach hinten und war gerade im Begriff aufzustehen, als sein Blick auf den verschmutzten Geistlichen fiel.
    »Was wollt Ihr denn immer noch hier?!«, fuhr er Spee an, der sich nur noch unter Aufbietung seines ganzen Willens auf den Beinen halten konnte. »Habe ich Euch nicht gesagt, Ihr sollt in ein paar Tagen wieder kommen?«
    »Es hat aber nicht so lange Zeit«, entgegnete Friedrich Spee,
    »ich werde hier warten, bis ich vorgelassen werde, und wenn es Tage dauern sollte!«
    »So, so. Um was geht es denn überhaupt?«
    »Um die Franzosen, insbesondere um die verwundeten!«
    Dem Goldbetressten verschlug es erst die Sprache, dann lief er rot an. »Die Franzosen? Was gehen Euch die Franzosen an?
    Sie sind Gefangene und im Übrigen kommen zuerst unsere eigenen Leute!«
    »Wir könnten Euch helfen. Dazu hätte ich dem Herrn General Emden einen wie ich denke nicht uninteressanten Vorschlag zu machen!«
    »Und der wäre?«
    »Das möchte ich mit ihm unter vier Augen besprechen.«
    Der Adjutant musterte Spee nun genauer, besah ihn sich eindringlich von oben bis unten. Der Pfaffe machte nicht den Eindruck eines Mannes, der sich nur wichtig machen und dem General die Zeit stehlen wollte.
    » Referenzen?«, knurrte er dann.
    »Keine. Außer Euer gutes Herz und ein Appell an die christliche Nächstenliebe!«
    Der Goldbetresste lachte auf. Höhnisch. »Ich und ein gutes Herz? Christliche Nächstenliebe? Mein guter Mann, wir haben Krieg, falls Ihr das noch nicht mitbekommen habt, seit fast zwanzig Jahren! Und jetzt kommt Ihr daher und faselt von gutem Herz und Nächstenliebe!«
    »Eben darum. Hass, Gewalt, Verrohung und Abgestumpftheit gibt es schon genug!«, gab Spee zurück. »Ich weiß, wovon ich spreche!«
    Der Adjutant gab ihm zunächst keine Antwort. »Also dann«, sagte er nach einer Weile, »ich werde Euch melden. Wie war der Name?«
    »Friedrich Spee von Langenfeld!«
    »Sieh an, auch noch ein Adliger!«
    Spee überhörte den spöttischen Unterton.
    Das Gespräch mit dem General zog sich in die Länge. Wie schon vor ihm der Adjutant verbot er sich anfangs jede Einmischung, was die gefangenen Franzosen anging, meinte dann aber, gegen die Pflege der Verwundeten habe er nichts einzuwenden, obwohl es ihm eigentlich gleichgültig sei, ob dieses Gesindel verrecke oder nicht. Als ihm Spee

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