Die Liebe deines Lebens
Anwalt, der nicht so viel zu tun hat.« Er stand auf, trug eine Akte zu seinem akribisch ordentlichen Aktenschrank und kam mit einem Stapel Papieren zurück. »Er war wegen äußerer Gründe freigestellt. Das Freistellungsgesetz von 1998 , das 2006 nachgebessert wurde, garantiert einem Angestellten ein begrenztes Recht, sich bei einem familiären Notfall von seiner Arbeitsstelle beurlauben zu lassen. Es tritt in Kraft, wenn bei einer familiären Krisensituation die unmittelbare Anwesenheit des Arbeitnehmers aufgrund einer Verletzung oder Krankheit eines engen Familienmitglieds absolut erforderlich ist. Die maximale Dauer einer solchen Freistellung beträgt drei Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten oder fünf Tage in einem Zeitraum von sechsunddreißig Monaten, und der Betreffende hat einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.«
Mein Herz wurde schwer. Adam war bereits zwei Monate nicht mehr bei der Arbeit gewesen und hatte damit wohl keinen Rechtsanspruch darauf, seinen Job wiederzubekommen.
»Wenn es zwischen deinem Freund und seinem Arbeitgeber einen Disput um die Freistellung gibt, kann – mit dem Beschwerdeformular in diesem Ordner hier – Widerspruch eingelegt werden.« Dad legte den Ordner vor mich auf den Tisch. »Sag nicht, ich hätte dich nicht unterstützt. Hinsichtlich des Testaments des Großvaters kann ich dir keinen juristischen Rat geben, weil ich es nicht kenne. Wenn du es in die Finger kriegst, werde ich mein Bestes tun, um eine Lösung im Sinne deines Freunds zu finden. Wenn das das Richtige ist.«
»Was meinst du damit – wenn das das Richtige ist? Natürlich ist es das Richtige«, sagte ich verwirrt.
»Sie muss einen Therapeuten suchen«, sagte Dad zu den anderen beiden.
»Sie kann doch immer mit uns reden«, entgegnete Brenda. »Das hab ich dir doch schon oft gesagt, Christine.«
»Nicht für mich, er meint einen Therapeuten für Adam.«
»Wie wäre es mit dem süßen Therapeuten, der mal dein Klient war? Der Sexsüchtige. Leo irgendwas«, schlug Adrienne vor.
»Leo Arnold heißt er und ist keineswegs sexsüchtig«, erwiderte ich und musste grinsen über Adriennes Versuch, mich aufzuheitern.
»Schade.«
»Er wollte sich das Rauchen abgewöhnen, da hab ich ihm ein paar Tipps gegeben, weiter nichts. Und er war ein Klient, dem ich eine Stelle vermittelt habe, es wäre also unprofessionell, eine Therapiestunde bei ihm zu nehmen.«
»Aber mit einem Klienten eine Woche lang zusammenzuwohnen, ist nicht unprofessionell?«, gab Dad zu bedenken.
»Das ist etwas anderes.« Zuzugeben, dass Adam genau genommen nicht mein Klient war, hätte ganz neue Komplikationen aufgeworfen.
»Es wäre jedenfalls nicht unprofessionell, wenn du Adam zu diesem Typen schicken würdest«, beharrte Dad.
»Adam weigert sich aber, zu einem Therapeuten zu gehen«, wiederholte ich frustriert.
»Es hilft ihm nicht, wenn er dich ständig dazu bringt, alles für ihn zu erledigen. Also, ich sag dir mal was – du kannst helfen, so viel du willst, aber solange er seine Angelegenheiten nicht selbst regelt, nützt alles nichts.«
Wir schwiegen alle. Das Argument meines Vaters war überraschend stichhaltig.
»Übrigens, zu was anderem: Barry glaubt, dass du mit Leo ins Bett gehst und ihn deshalb verlassen hast. Er hat mich nämlich gestern Abend angerufen, um mir das mitzuteilen«, sagte Adrienne.
Ich traute meinen Ohren nicht.
»Außerdem hat er gesagt, du hättest gesagt, Brenda nimmt deshalb nicht ab, weil es nicht von der Schwangerschaft kommt, dass sie dick ist, sondern rein von ihrer Fressgier«, fuhr Adrienne fort und sah zu Brenda, die sich das Chips-Salz von den Fingern leckte.
»Das hab ich nie im Leben gesagt«, protestierte ich.
»Nein, aber ich würde es dir nicht zum Vorwurf machen, wenn du es gesagt hättest.«
»Ja, es ist durchaus was Wahres dran«, meinte auch Dad und sah Brenda an.
Aber Brenda zeigte uns den Stinkefinger und aß gelassen weiter.
»Hast du dir schon ein Kleid für die Geburtstagsparty gekauft? Was ziehst du an?«, fragte Adrienne.
»Ich konzentriere mich mehr darauf, das Geburtstagskind am Leben zu halten«, antwortete ich, etwas abgelenkt von der Nachricht, dass Barry mir eine reale Beziehung mit Leo Arnold andichten wollte. Wie hatte er herausgefunden, dass ich tatsächlich scharf auf Leo gewesen war? Ich erzählte ihm nie etwas über meine Klienten.
»Es ist sinnlos, wenn er am Leben bleibt und du beschissen aussiehst«, meinte Brenda, und meine drei Familienmitglieder
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