Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
einem Schmunzeln um die Mundwinkel wieder auf. »Es wird Euch überraschen zu hören, dass ich Eure verehrte Base vorhin ebenfalls erst kennengelernt habe. Sogleich aber waren wir sehr vertraut miteinander, wussten uns auf Anhieb gut zu unterhalten.«
»So?« Das Eingeständnis ließ Mathilda aufhorchen. Konnte sich das Schicksal so schnell wenden? Sie maß Jagusch ein weiteres Mal aufs gründlichste vom Scheitel bis zur Sohle. Die ersten Silberfäden in Haar und Bart verrieten, dass er gut zwei Jahrzehnte älter als Dora sein mochte, wenn nicht gar im selben Alter, wie ihr Vater Wenzel war. Auch Urban war dreißig Jahre älter gewesen. Dennoch verwunderte es sie, dass Dora ihre Meinung so schnell ändern und Veit Singeknecht aufgeben würde. Endete ihre Reise nach Krakau also schon in Marienwerder?
»Das heißt also, Ihr wollt …«
»Oh, jetzt habe ich bei Euch wohl einen völlig falschen Eindruck erweckt«, fiel Jagusch ihr bereits zum zweiten Mal ins Wort. »Ich kann Euch beruhigen, seit vielen Jahren bin ich glücklich verheiratet.«
»Dann ist ja alles bestens. Schön, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben.« Angestrengt unterdrückte Mathilda ihren aufflammenden Ärger. Sie raffte ihren Rock, wollte sich zum Gehen wenden, er aber hielt sie zurück.
»Schenkt mir bitte noch einen Augenblick. Ein seltsamer Zufall hat Eure Base und mich vorhin zusammengeführt. Aber wahrscheinlich war es gar kein Zufall, sondern Bestimmung.«
Tief holte Mathilda Luft, zögerte, ob sie sich das wirklich länger anhören oder doch besser zurück in die Stadt gehen sollte. Etwas in Jaguschs Miene aber hieß sie dann doch bleiben und seinen Worten weiter zu lauschen.
»Zusammen mit dem herzoglichen Bibliothekar und dem jungen Pfarrer steht Eure Base eben also im Chor des Doms und lässt sich vom bischöflichen Bibliothekar schildern, wie das Grab des seinerzeit ermordeten Hochmeisters Werner von Orseln in der Krypta gestaltet ist, als ich hinzukomme und zufällig den Namen ihres Vaters aufschnappe. Die Stöckelin erwähnte ihn als Gewährsmann für ihr Wissen über die Baukunst. Als sie dann auch noch ihren Urahn Laurenz Selege mit seinem berühmten Werkmeisterbuch anführte, wusste ich auf Anhieb, wen ich vor mir hatte – die Tochter meines alten Königsberger Zunftgenossen Wenzel! Seit Generationen sind unsere Familien miteinander verbunden. Laurenz Selege war seinerzeit Kunstdiener und schließlich Meister bei meinem Urahn Bertold, einem Uronkel meinerseits, der in Danzig lebte und leider keine direkten Nachfahren hatte. Die Nachkommen von Laurenz Selege aber sind allesamt einige Jahre bei meinen Vorfahren hier in Marienwerder Kunstdiener gewesen. Zuletzt hat der Vater Eurer Base hier gewirkt. Sein Sohn Jörg hingegen ist vor wenigen Jahren bedauerlicherweise mit dem herzoglichen Baumeister gleich nach Nürnberg weitergezogen.« Er hielt inne, um versonnen über die nahen Mauern zum Danzker hinüberzuschauen. Ein seltsames Leuchten blitzte in seinen Augen auf, als er sich ihr wieder zuwandte. »Wisst Ihr eigentlich, wie sehr Wenzel Selege seinerzeit die Zelle der heiligen Dorothea von Montau drüben im Dom begeistert hat? Immerzu hat er die Klause besichtigt und wollte alles über die Danziger Witwe erfahren, die dort bis zu ihrem Tod in Klausur gelebt hat. Ihre Geschichte muss ihm sehr zu Herzen gegangen sein.«
»Dorothea von Montau? Das ist doch die Schutzheilige des Deutschen Ordens und unseres geliebten Preußenlandes.« Ungläubig schüttelte Mathilda den Kopf. Jaguschs Andeutungen ließen sie aufhorchen. Solche Schwärmerei hätte sie dem mürrischen Baumeister nicht zugetraut. Das rückte ihn in ein völlig neues Licht. Niemand ist der, den man seit langem zu kennen meint, kam ihr in den Sinn. Möglicherweise hatte sie Wenzel bislang völlig unrecht getan. Kurz blitzte in ihr die Erinnerung an seine unbeholfenen Schmeicheleien auf, die er während seines Aufenthalts am Mühlenberg ihr gegenüber hatte fallenlassen. Ihre Wangen röteten sich. »Hat sie nicht immerzu von heißer Liebe zu Gott und hitzigem Brennen für den Glauben gepredigt?«
»Ich sehe, Ihr kennt die Überlieferungen bestens.« Das Schmunzeln auf Jaguschs Gesicht wurde breiter. »Wenzel hat das Schicksal der Dorothea sehr begeistert. Seine Tochter trägt ihren Namen wohl nach der frommen Frau. Ein wunderbarer Zufall, dass auch die Gemahlin unseres geliebten Herzogs diesen Taufnamen trägt. Davon hat mir Wenzel mehr als einmal geschrieben.«
»So
Weitere Kostenlose Bücher