Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
weiter nach Veit zu suchen. Sie beschloss, ins Gasthaus in der Floriansgasse zurückzukehren. Nach einem wärmenden Bad und einer kräftigen Suppe war es gewiss leichter, mehr über Kazimierz und Veits möglichen Aufenthaltsort bei den Juden herauszufinden.
»Großer Gott, wie seht Ihr denn aus?«, empfing sie Mathilda wenig später in ihrem gemeinsamen Schlafgemach. »Wollt Ihr krank werden? Das würde Euch nur davon abhalten, schnell wieder zu Eurem kleinen Mädchen nach Hause zurückzukehren. Ihr müsst besser auf Euch achtgeben. Wenn nicht Euch selbst zuliebe, dann zumindest Eures Kindes wegen. Nach ihrem Vater soll sie nicht auch noch ihre Mutter verlieren und ganz allein dastehen.«
Mathildas Worte missfielen Dora. Der Base stand es nicht an, sie immerzu an ihre Mutterpflichten zu erinnern. Die quälende Sorge um das Wohl ihres Kindes machte ihr bereits genug zu schaffen. Verärgert schob sie Mathilda beiseite und begann sich auszuziehen. Gleich war die Base erneut zur Stelle und half ihr, sich der nassen Gewänder zu entledigen und in eine wärmende Decke zu hüllen, bis das Bad bereitet war. Zu Doras Erstaunen war sie sich nicht einmal zu schade, der Magd zur Hand zu gehen, um den Badezuber mit zwei Lagen Leinentüchern auszukleiden. Als sie wenig später im heißen Wasser eintauchte und den Duft der zarten Rosenblätter genoss, rückte Mathilda sich einen Schemel zurecht und ließ sich neben dem Zuber nieder. Dora stöhnte leise, hätte sie die Zeit im Bad doch gern in aller Stille ganz allein genossen.
»Warum seid Ihr bei dem Regen überhaupt außer Haus gewesen?« Mathilda gab gleich weiter die Überbesorgte, eine Rolle, die sie seit Marienwerder immer öfter spielte. »Steinhaus hatte sich doch erboten, in Eurem Namen Erkundigungen nach Veit Singeknecht einzuholen.« Sie warf ihr einen forschenden Blick zu, der mehr zu der alten argwöhnischen denn zu der neuen fürsorglichen Base passte. »Bedenkt Euren Witwenstand. In Krakau halten sich weitaus mehr Leute aus Preußen auf, als Ihr denkt. Man wird Euch erkennen und Euer Verhalten nach Königsberg berichten. Ihr wisst, wie schnell die Boten zwischen beiden Städten verkehren.«
»Es ehrt Euch, dass Ihr Euch so viele Sorgen um meinen Ruf macht, doch Ihr wisst genau, dass ich den alten Singeknecht sprechen muss«, erwiderte Dora und griff nach der Seife. Die Lust an einem ausgiebigen Bad war ihr vergangen. Hastig schäumte sie Haare und Körper ein, tauchte einmal ganz im Wasser unter und bedeutete der Base beim Auftauchen, sie möge ihr ein Leinentuch reichen. Während sie sich trocknete und ankleidete, erklärte sie ruhig: »Es besteht keinerlei Grund zur Beunruhigung. Und jetzt entschuldigt mich, ich habe großen Hunger.«
Eilig schlüpfte sie aus dem Gemach und hoffte, die Base würde nicht auch noch mit ihr speisen wollen.
In der Gaststube stieß sie zu ihrer Überraschung auf Götz Steinhaus, der im Kreis einiger gutgekleideter Kaufleute sein Mittagsmahl verzehrte. Ein würziger Geruch nach gebratenem Fleisch, gedünstetem Gemüse sowie einiger weiterer Dora unbekannter Köstlichkeiten hing in dem zweischiffigen Saal mit der hell getünchten Gewölbedecke. Ohne zu zögern, näherte sich Dora der Tafel. Auf dem weißen Tischtuch fanden sich die verschiedensten Schüsseln. Außer der in Krakau sehr beliebten Eiersuppe mit Käse standen junge Erbsen, Möhren, Zwiebeln und Petersilie bereit. Es gab mehrere Platten mit Braten sowie einige Schüsseln mit gesottenem Fleisch, Körbe mit hellem und dunklem Brot und verschiedene Teller mit Obst.
Die Herren waren in ein reges Gespräch vertieft, liefen gar Gefahr, darüber das Essen zu vergessen. Dora beschloss, sich dennoch bemerkbar zu machen. Es hätte unhöflich gewirkt, wenn sie sich allein an einen Tisch abseits ihrer Reisegefährten gesetzt hätte. »Mein lieber Steinhaus, wie schön, Euch hier zu treffen.«
Verwundert blickte er auf. Das Gespräch verstummte. Steinhaus sprang von seinem Platz an der Stirnseite des langen Tisches auf und tat alles, sein anfängliches Zögern durch eine übertrieben fröhliche Begrüßung wettzumachen.
»Welch Freude, Euch zu sehen, liebe Stöckelin! Schenkt uns die Ehre Eurer Anwesenheit. Es wird Euch nicht stören, die einzige Dame in unserer Runde zu sein. Das wird uns davon abhalten, weiter langweilige Gespräche über noch langweiligere Geschäfte zu führen. Darüber wird uns sonst das herrliche Essen kalt. Darf ich Euch die Herren vorstellen?«
Einladend
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