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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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ihres vierten Lebensjahrzehnts befand und damit die besten Jahre weit hinter sich gelassen hatte. Dennoch wohnte dem ebenmäßigen Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der langen, schmalen Nase und dem wohlgeformten Kinn eine geheimnisvolle Anziehungskraft inne. Ihr Blick glitt über die aufrechte, großgewachsene Gestalt, die nach wie vor in strenger Trauerkleidung steckte. Gerade das Schwarz aber betonte Mathildas Anmut.
    »Jan Gottlieb also hat sich dafür eingesetzt, dass ich hier auf dem Wawel einsitze«, knüpfte sie wieder an das Gespräch an. »Das ist seltsam. Tönnies wird Euch sicherlich von dem beeindruckenden Auftritt Baranamis mit dem Gerichtsvogt Wierzynek im Ratsgefängnis berichtet haben. Dabei hat der Kaufmann davon gesprochen, dass er den König höchstpersönlich davon überzeugt habe, mir als lutherischer Hexe und vermeintlicher Mörderin meines Gatten …«
    »Mag sein, dass der Kaufmann sich in ähnlicher Weise für Euch verwendet hat. Immerhin ist er ein guter Freund Gottliebs. Wahrscheinlich wird der ihn dazu angestiftet haben. Dennoch traue ich ihm nicht über den Weg. Sein Gehabe ist zu undurchsichtig. Wie Steinhaus und seine anderen Freunde hat er sich seit Eurer Verhaftung nicht mehr blicken lassen. Dabei hätten die Herren doch gewiss weitaus mehr Möglichkeiten, Euch beizustehen, als der alte Jude aus Kazimierz. Wie zögerlich aber waren sie schon, als es darum ging, Singeknecht zur Rede zu stellen, ob er nun Schuld am Tod unseres lieben Urban trägt oder nicht. Doch lassen wir das. Der alte Singeknecht scheint ebenso ein guter Freund Eures Gemahls gewesen zu sein wie auch Jan Gottlieb. Unerschütterlich hat sich Letzterer für Euch eingesetzt und damit weitaus mehr bewirkt als Baranami. Und das alles, ohne Euch näher zu kennen, und ungeachtet der Schwierigkeiten, die das mitunter für ihn selbst mit sich bringen könnte. Immerhin ist er weder Krakauer Bürger noch ein Christenmensch und deshalb beim Gerichtsvogt wohl kaum gut gelitten.«
    »Wisst Ihr, was aus dem Werkmeisterbuch meines Ahns geworden ist?«, überging Dora Mathildas Anspielung auf Gottliebs Herkunft. »Es befand sich ebenfalls in meinem Felleisen.Es liegt mir sehr am Herzen. Sollte es verschwunden sein, könnte ich mir das nie verzeihen.«
    »Gottlieb hat es in Sicherheit gebracht. Ebenso übrigens wie die Aufzeichnungen Eures verstorbenen Gemahls. Ich habe größtes Vertrauen zu ihm. Er weiß genau, was er tut. Das seht Ihr schließlich auch daran, wie Ihr hier behandelt werdet.«
    »Wie wird es nun weitergehen? Habt Ihr von Gottlieb zufällig gehört, was man mit mir vorhat? Wann wird der Prozess gegen mich stattfinden?«
    »Soweit es in Gottliebs Macht steht, wird er alles tun, einen solchen zu verhindern. Wie ich ist auch er zutiefst davon überzeugt, dass Ihr keine Schuld an Urbans schrecklichem Tod tragt.«
    »Was?« Mathildas Eingeständnis überraschte Dora. Langsam drehte sie sich zu ihr um. Auch die Base hatte sich ihr zugewandt, und so blickten sie einander direkt in die Augen. Nie zuvor war Dora das Grün von Mathildas Blick derart schimmernd vorgekommen wie in diesem Moment.
    »Der Pfarrer besitzt übrigens weitaus mehr Mut, als man ihm zutraut. Denkt nur, mitten in der ehrwürdigen Libraria der Krakauer Universität hatte er Urbans Bücher versteckt, bevor er sie mir übergeben konnte.«
    »In der Bibliothek?« Ungläubig schüttelte Dora den Kopf. Ob der Pfarrer ahnte, dass auch Urban die gleiche Art des Verstecks gewählt hatte?
    »Ich sage doch, wir sollten den Mann nicht unterschätzen. Dank seiner Weitsicht konnte ich die Chroniken meines Vetters nach Eurer Verhaftung in Ruhe studieren. Anschließend habe ich sie zu Gottlieb gebracht und mit ihm über die verworrene Geschichte geredet.« Mathildas Stimme klang ruhig und fest. »Wir sind uns einig, wie die Dinge in Wahrheit liegen. Göllner und Urban haben vor mehr als zwanzig Jahren noch zu Nürnberger Zeiten von Herzog Albrecht eine unsinnige Fehde um seine Gunst ausgetragen. Seinerzeit ging Urban als Sieger aus den Händeln hervor und entlarvte den jungen Egbert Göllner des schändlichen Betrugs bei Abrechnungen für den damaligen Hochmeister und späteren preußischen Herzog. Göllner dankte ihm das, indem er seine große Liebe schändete, was Urban ihm nie verzieh. Deshalb überzeugte er Albrecht, Göllner in Ungnade aus seinen Diensten zu entlassen. Vor wenigen Jahren gelang es Göllner allerdings, durch die Fürsprache des vorherigen

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