Die Liebe des Kartographen: Roman
Diese sammelte Philip auf und legte sie kreisförmig zusammen. Dann brach er einige Latten aus der Rückwand, zum Anzünden nahm er zusammengedrehte Heubüschel. Bald brannte im Steinkreis eine kleine Flamme, auf der sieSchnee schmelzen konnten. Becherweise bereiteten sie so Trinkwasser für Alois und sich selbst zu. Immer wieder wehte böiger Wind herein und lieà die Flamme dunkelgrau auflodern. Der Rauch des verbrannten Heus kratzte Xelia in den Augen und im Hals. Angewidert schnaubte sie die giftige Luft aus.
Auch Hyronimus musste husten. Er schaute missmutig drein. »Da müssen wir uns wie die Diebe verstecken, und das, obwohl wir nichts verbrochen haben. Aber auch gar nichts! Ich sage euch eines: Je eher wir hier wegkommen, desto besser! Es wird Zeit, dass wir etwas unternehmen!«
Philip und Xelia tauschten einen Blick. Hyronimus ahnte ja nicht, wie recht er hatte!
Philip räusperte sich. »Da gibt es etwas, das du wissen solltest â¦Â«
Adalbert stutzte. So fing nur jemand an, der schlechte Nachrichten hatte.
»Wir verstecken uns nicht nur deinetwegen.« Mit dem Kinn wies Philip auf Xelia. »Es geht auch um sie. Auch sie muss sich verstecken. Wenn man sie erwischt, droht ihr das Fallbeil.«
»Wie bitte?« Adalbert schaute von einem zum andern. »Was hast du gesagt? Was wirft man dir vor?«, fragte er Xelia verständnislos.
Philip antwortete an ihrer Stelle: »Sie wird als Mörderin gesucht.«
Adalbert lachte. »Das junge Ding da? Was ist das für ein dummer Scherz? Anscheinend ist das bisschen Humor, das du besitzt, vom Schneesturm drauÃen verweht worden.« Seine Stimme war harsch, fast schon unfreundlich.
Xelia war sprachlos. Ständig dieser raue Ton zwischen den beiden Männern! Konnten sie nicht anständig miteinander reden? In jeder ihrer AuÃerungen lag etwas Angreifendes, und Adalbert Hyronimus schien darin keinen Deut besser zu sein als Philip! »Jetzt langtâs aber! Ihrredet über mich, als sei ich gar nicht da. Glaubt ihr nicht, es wäre meine Sache, Adalbert alles zu erklären?« Xelia spürte, wie Röte in ihre Wangen schoss, und ärgerte sich darüber. Wütend strich sie sich die Haare aus dem Gesicht, die genauso rauchig rochen wie die ganze Scheune.
»Dann leg los. Ich bin ganz Ohr.« Besänftigend hob Hyronimus die Hände und grinste.
Machte er sich über sie lustig? Xelia wollte ihm über den Mund fahren, doch ihr fiel nichts Passendes ein. »Es war so«, begann sie deshalb knurrig und erzählte dann von der Gerberei. Von ihren Schwestern. Vom Gerber und dass er immer grob zu ihr gewesen war. Von den Nächten erzählte sie nichts, die gingen Hyronimus nichts an. Als sie zu der Geschichte mit Samuel kam und wie sie ihn kennengelernt hatte, stellte sie erstaunt fest, dass es ihr nichts ausmachte, darüber zu reden. Es war, als hätte die Vergangenheit keine Bedeutung mehr für sie. Sie tat nicht mehr weh. Mutig fuhr sie fort und kam zu dem Abend, an dem Samuel ihr Lebewohl gesagt hatte. Lebewohl, von wegen â im Stich gelassen hatte er sie, so warâs gewesen! Sie sah Adalbert und Philip unter hochgezogenen Augenbrauen Blicke tauschen, die sie wütend machten. »Was guckt ihr so blöd? Ihr haltet mich wohl für dämlich, was?« Misstrauisch lieà sie die beiden nicht aus den Augen. Rückblickend kam sie sich selbst viel zu gutgläubig vor, was Samuel und seine Versprechungen anging, aber sie würde den Teufel tun und dies gegenüber diesen beiden Allwissenden zugeben! Als sie vom Gerber erzählte und wie er Samuel totgeschlagen hatte, zitterte ihre Stimme ein wenig, und sie konnte nichts dagegen tun.
»Arme Xelia.« Sie spürte ein Gewicht auf ihrer Schulter und zuckte zusammen. Sofort nahm Hyronimus seine Hand wieder weg. »Es ist schlimm, wenn man zuschauen muss, wie einem geliebten Menschen so furchtbares Leid zugefügt wird. Niemand weià das besser als ich.« Ein schräger Blick fiel auf Philip. »Aber ich will euch nicht wieder mitalten Geschichten langweilen. Du bist schlieÃlich an der Reihe!«, forderte er sie zum Weitererzählen auf.
Sie schaute zu Philip. »Der Rest ist schnell erzählt, nicht wahr?«
Philip nickte und grinste. »Mehr oder weniger.« Als sie nicht weitersprach, nahm er den Faden auf und beschrieb in knappen Worten, wie er vom Schicksal â oder besser gesagt
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