Die Liebe des Kartographen: Roman
Wesen. Ebenso hastig schaute sie beiseite.
»Xelia, eines Mordes verdächtigt â das wirft natürlich ein völlig anderes Licht auf unsere Lage«, brach Adalbert die Stille.
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W ie meinst du das?« Philip sah aus wie ein Hund, der daraufwartete, dass ein paar Bissen vom Tisch für ihn abfielen. Umso ernüchternder waren Adalberts nächste Worte für ihn.
»Das heiÃt, wir müssen uns schnellstmöglich wieder trennen, sosehr ich eure Gesellschaft auch schätze. Alles andere wäre für Xelia einfach zu gefährlich.«
Philip runzelte die Stirn. Diesen Vorschlag hatte er im Traum nicht erwartet.
»Aber wieso?« Xelia hätte den flehenden Ton in ihrer Stimme gern unterdrückt. Sie wollte Hyronimus nicht wieder aus den Augen verlieren, noch nicht so bald! Es gab noch tausend Dinge, die sie ihn fragen wollte. Er kam ihr so vertraut vor, und doch kannte sie gerade einmal seinen Namen, nicht mehr und nicht weniger.
Hyronimus schaute sie an. Seine Augen waren dunkel, die Sprenkel erloschen. Er räusperte sich, und sie sah einen Kloà seine Kehle hinabwandern. »Verstehst du nicht? Solange ich nichts gegen Wilhelm Pfeiffer unternommen habe, kann ich nicht aus der Gegend hier weg. Ich muss bleiben, du darfst es nicht. Deine Geschichte hat sich sicherlich schon bis Blaubeuren herumgesprochen, das heiÃt, dass jeder Tag, den du dich hier aufhältst, für dich gefährlich sein könnte.«
»Und für dich etwa nicht?« Xelia spürte heiÃe Angst in sich aufsteigen. »Dich suchen sie doch auch, oder?« Was hatte Hyronimus vor? Warum sagte Philip nichts? Und wo sollte sie hin, jetzt, mitten im Winter?
»Xelia muss wirklich weg von hier, da stimme ich dir zu!«, kam es von Philip. Seine Stirn wurde durch eine tiefe Längsfalte gespalten, er sah düster aus, unfreundlich. Mitknappen Worten erzählte er Xelia und Adalbert von den Spielleuten und ihrer Posse, die sie in Rüdling aufgeführt hatten. Er sagte: »Tassilo wusste ganz genau, wer seinem Weib und seinen Zweilingen das Leben gerettet hat. Blut und Wasser habâ ich geschwitzt, ob er dich am Ende nicht doch noch auffliegen lässt. Gabor und der andere hätten die Belohnung auf deinen Kopf sicher nicht ausgeschlagen â¦Â« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht lässt Tassilo aus lauter Dankbarkeit sein Schauspiel nun bleiben, vielleicht aber auch nicht â¦Â« Philip lieà seine Hände in den Schoà fallen. »Das würde heiÃen, dass sie deine Geschichte in allen Dörfern aufführen, durch die sie kommen.«
»Du meine Güte!«, entfuhr es Adalbert. »Dann wäre Xelia nirgendwo im Land mehr sicher!«
Philip schaute ihn an, als wollte er sagen: Erkennst du nun, warum ich deine Hilfe brauche?
»Aber wieso hast du mir nicht erzählt, dass du die Schauleute in Rüdling gesehen hast?«, fragte Xelia fassungslos. »Warum hast du mich nicht gewarnt, als wir Tassilo und die anderen getroffen haben?« Als sie erkannte, in welcher Gefahr sie sich befunden hatte, begann ihr Herz noch nachträglich bis zum Hals zu klopfen.
»Ich habe versucht, dich zurückzuhalten â ich habe dir nur nicht den eigentlichen Grund dafür gesagt, weil ich dich nicht unnötig ängstigen wollte. Aber hättest du dich überhaupt von irgendetwas abhalten lassen, der Frau zu helfen?«, rechtfertigte sich Philip mit resignierender Stimme.
Xelia schwieg. Philip hatte recht. Gleichgültig, was er zu ihr gesagt hätte, sie wäre zu den Wagen und der um Hilfe schreienden Frau gerannt, und wenn sie dabei in ein offenes Messer gelaufen wäre!
»Ach, verdammt! Es ist alles so verzwickt!« Philip stand auf, schüttelte Heu von seiner Hose und begann, hin und her zu laufen. Drei Schritte nach vorn, eine Wendung, drei Schritte zurück. Dann blieb er unvermittelt stehen undfixierte Hyronimus mit einem unnachgiebigen Blick. »Ich muss gestehen, dass ich eigentlich erwartet habe, dass du uns weiterhilfst ⦠nach allem, was Xelia für dich getan hat!«
Was redete Philip da? Xelia fühlte, wie heiÃe Scham ihre Wangen rot färbte. Sie wollte keine Gegenleistung von Hyronimus, sie erwartete nichts und wollte genau dies sagen, doch Philip wies sie mit der Hand an zu schweigen. »Natürlich kann Xelia auch weiterhin mit mir durch die Lande ziehen. Wenn wir recht vorsichtig sind und sie
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