Die Liebe des Kartographen: Roman
von Alois â Xelia direkt vor die FüÃe geworfen wurde.
»Du meine Güte! Und da dachte ich, ich hätte Abenteuerliches erlebt!« Adalbert pfiff durch die Zähne, woraufhin Lola gähnend von ihrem Schlafplatz aufstand und zu ihm hinüberwankte. Er hob den Hund auf seinen SchoÃ, wo der Welpe sich dreimal um die eigene Achse drehte, bevor er sich zusammenrollte und weiterschlief.
»Und was hat euch nach Blaubeuren geführt? Man würde doch annehmen, dass Xelia umso sicherer ist, je weiter sie von der Alb entfernt ist, oder?«
»Deinetwegen sind wir gekommen«, antwortete Philip und erläuterte seinen ursprünglichen Plan, Xelia in Adalberts Obhut zu geben.
»Ich weià nicht ⦠ein so junges Ding, verbannt bei den Sondersiechen â sicher wärâ sie dort schon gewesen, aber â¦Â« Hyronimus schien nicht gerade begeistert von Philips Plan. »Nicht, dass ich Xelia nicht gern bei mir aufgenommen hätte!«, beeilte er sich nach einem Blick auf sie anzufügen.
»Ich wärâ dir nicht zur Last gefallen, das kannst du mir glauben!«, antwortete Xelia heftig. Sie kam sich allmählich vor wie ein lästiger Wurf kleiner Katzen, den man am besten ersäufte.
»Du wärst mir nicht zur Last gefallen«, bestätigte Hyronimus sanft, und Xelia glaubte ihm. Auch seine nächsten Worte stimmten sie wieder etwas versöhnlicher. »Deine Heilkünste und mein ärztliches Wissen hätten den Siechen sicher gute Dienste getan. Vielleicht hätten wir gemeinsam â¦Â«
»Darüber zu reden, was gewesen wäre, macht wohl jetzt keinen Sinn mehr, oder?«, fiel Philip ihm erneut ins Wort.
Xelia hätte ihn umbringen können! Aber sie wusste, dass seine Unruhe auch von der Angst um sie herrührte. Deshalb schluckte sie eine Bemerkung wegen seines gehässigen Tonfalls herunter und sagte stattdessen: »Philip hat recht. Wir müssen uns überlegen, wieâs weitergehen soll.«
Unter niedergeschlagenen Augen nutzte Xelia die Gelegenheit, Adalbert eingehend zu betrachten. Dabei erkannte sie, dass er nicht so alt war, wie sie nach Philips Erzählungen vermutet hatte. Zwar hing die Haut unter seinen Augen in faltigen Säcken herab und verlieh seinem Gesicht auf den ersten Blick einen müden Ausdruck, doch dieser wurde von Adalberts Augen selbst wieder aufgehoben. Sie waren grün, und gelbe Sprenkel blitzten darin wie kleine Feuerfunken. Leidenschaft lag in seinem Blick und verriet ihn als Menschen, der das Leben nicht einfach hinnahm, sondern sich ihm stellte, wann und wo es von ihm verlangt wurde. Xelia hätte dies nicht groà in Worte fassen können, es war nur ein Gefühl, das die Empfindung einer Verbundenheit mit Adalbert in ihr hervorrief. Nur ungern löste sich ihr Blick von seinen Augen, in denen es so viel zu entdecken gab. Seine Haare waren von dicken grauen Strähnen durchzogen, aber nicht so schütter wie bei den alten Männern aus dem Dorf, sondern störrisch und dicht wie bei einem Gaul. Er trug sie lang, die silbernen Strähnen fielen ihm bis über die Schultern. Ein silberner Bart zog sich über sein resolutes Kinn und seine unteren Wangenhälften. Er war nicht verfilzt oder schmutzig wie Feltlins graue Matte, sondern glänzte wie ein feiner Pelz. Adalbert war klein, kleiner als Philip, aber seine Schultern waren breit, und seine Oberarme hatten einen beeindruckenden Umfang. Er war nicht dickleibig, aber mager konnte man ihn auch nicht gerade nennen. Seine ganze Erscheinung strahlte eine Vitalität und Kraft aus, die siebei einem Gelehrten nie vermutet hätte. Gelehrte â bei diesem Wort erschienen vor ihren Augen Klosterbrüder, die ihre Tage über dicken Papierrollen gebeugt verbrachten. Solche hatte sie zwar noch nie gesehen â im Dorf hatte es keine Gelehrten gegeben â, aber so hatte sie sich gebildete Männer immer vorgestellt. Ihr fielen Philips Worte wieder ein: »Bei Adalbert hat man nicht das Gefühl, einem kleinen Mann gegenüberzustehen.« Ja, damit hatte er recht gehabt. Doch was er bei seiner Beschreibung auÃer Acht gelassen hatte, war die Wärme, die Adalbert ausstrahlte. Fast war es Xelia, als sähe sie ihr Gegenüber eingehüllt in einen orangeroten Lichtkreis, der schummrig â¦
Auf einmal spürte sie Adalberts Blick auf sich, und ihre Gedanken huschten davon wie lichtscheue
Weitere Kostenlose Bücher