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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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wehe, seine Krankheit verschlimmerte sich! Dann war sie schuld daran, und es wurde getuschelt und geflüstert über Teufelswerk und Schadenszauber. Sie wurde in die Ecke des Bösen gedrängt und konnte nichts dagegen tun. Eine Weile versiegte nachsolch einem Ereignis der Fluss der Kranken in Lalis Hütte, aber bald war der Leidensdruck der Menschen stärker als ihr Aberglaube, und sie kamen wieder.
    Â»Obwohl mir auch nicht wohl war bei dem Gerede des Pfarrers, habe ich gelacht und ihn als Wichtigtuer bezeichnet, der sich gern mit fremden Federn schmückte. Wahrscheinlich wollte er ein Zaubersprüchlein in eine seiner langweiligen Predigten einbauen, um seine Schäflein bei Laune zu halten, sagte ich zu Eulalia, aber es gelang mir nicht, sie von ihrer düsteren Vorahnung, dass der Pfaffe sie ins Unglück stürzen würde, zu befreien.«
    Xelia war seltsam zumute. Es fiel ihr schwer, die Geschichte, die Adalbert erzählte, mit ihrer Mutter in Verbindung zu bringen.
    Â»Und dann kam eines zum andern: Zwei Missernten hintereinander, in einem großen Teil des Landes wütete die Pest, dazu ein eisiger Winter – und der Hunger war da! Ganz Tübingen sah aus wie ein hohlwangiges, dem Tod geweihtes Schreckensbild. Wieder kamen die Leute zu Eulalia und flehten sie um Hilfe an. Sie tat, was sie konnte, ging mit den Menschen hinaus in die Wiesen und Felder und zeigte ihnen, welche Pflanzen sie essen konnten und welche ihren ausgemergelten Körpern Kraft spendeten. Damit begann das Unglück, denn der Sankt-Bernhardinus-Pfarrer hatte seine eigene Art, mit dem Hunger umzugehen! Er verkaufte für teuerstes Geld Amulette, welche sich die Leute um den Hals hängen sollten. Diese würden sie vor dem Hunger feien, meinte er. Eulalia hielt das für Unsinn, und das sagte sie auch zu jedem, der es hören wollte. Sie war wütend, dass der Pfarrer die Menschen aufforderte, ihr letztes Geld für sinnlosen Tand auszugeben! Kurze Zeit später fingen die Gerüchte an. Mir selbst kamen sie natürlich als Allerletztes zu Ohren, denn viele an der Universität wussten inzwischen von meiner Freundschaft zu Lali. Es hieß, sie sei eine Zaubersche . Eine Hexe, die den schwarzen Zauber ausübt, verstehst du?«Xelia nickte beklommen. Sie hatte schon von solchen Frauen gehört.
    Adalbert fuhr fort: »War nicht schon ihr Name ein Zeichen dafür? Eulalia allein hörte sich schon seltsam genug an, aber ihr zweiter Name Heyen sei der Beweis: Man musste nur das Y durch ein X ersetzen, und schon erfuhr man Eulalias wahre Tätigkeit, wurde in den Gassen geflüstert. Geschürt wurden diese böswilligen Verleumdungen natürlich durch den Kirchenmann. Von der Kanzel herab verkündete er, ein dreibeiniger Teufel sei in seiner Kirche erschienen und hätte ihm eingeflüstert, dass die Hexe schuld war an dem Hunger. Wenn man sie wegtäte, wäre auch der Hunger weg, schrie er in die Menge, die jedes Wort aufsog wie ausgemergelter Boden langersehnten Regen.« Adalbert seufzte. Er sah todmüde aus, seine Kräfte waren längst verbraucht. Doch Xelia beharrte stumm darauf, dass er weitersprach. Zum Innehalten war es zu spät.
    Â»Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war so hilflos wie Lali selbst!« Er ließ die Hände in den Schoß fallen. »Ich versuchte, mit den Leuten zu reden, und diejenigen, die mir gegenüberstanden, wagten es auch nicht, etwas gegen sie zu sagen. Aber die andern?« Wieder fielen seine Hände in einer resignierten Geste nach unten. »Eines Nachts kam Lali zu mir in meine Kammer in der Universität. Sie weinte. Neben ihr lag ein Bündel, und der Hund begleitete sie. Sie müsse fort, brachte sie unter Tränen hervor. Sie habe keine Zeit mehr zu verlieren, um ihr Haus herum schlichen düstere Gestalten, die an ihrem Fenster und der Tür rüttelten. Einer habe eine Fackel an die Hauswand geworfen, deren Flamme sie im letzten Augenblick mit einem Sack ersticken konnte. Sie flehte mich an mitzukommen! Es gäbe etwas Wichtiges, was ich noch nicht wüsste, was sie mir aber sagen wollte, wenn ich mit ihr ginge.« Adalberts Gesicht war tränenverschmiert. Das Weiße in seinen Augen schimmerte rot, als habe er zu lange an einem Räucherfeuer gestanden.
    Â»Und? Was hast du getan?«, fragte Xelia mit heiserer Stimme.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie im Stich gelassen.« Er

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