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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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darüber erfahren, wenn er ehrlich war. Der Gedanke, in eine Siedlung zu gehen, die nur von Aussätzigen bewohnt wurde, war ihm nicht nur unangenehm, sondern ängstigte ihn. Was, wenn er sich ansteckte?
    Das konnte er nicht riskieren. Er würde nicht nur das Vertrauen, das der Herzog ihm geschenkt hatte, enttäuschen, sondern auch seine Arbeit, sein Lebenswerk gefährden und damit seinem Land einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen! Würde er mit seinem Kartenwerk nicht vorankommen, hätte Bayern auf dem Gebiet für alle Zeiten die Nase vorn, und Württemberg … Nein, er konnte es einfach nicht riskieren, von den Aussätzigen angesteckt zu werden. Er musste auf einen Besuch bei Hyronimus verzichten, auch wenn es jammerschade war.
    Er schaute sich um, als erwarte er von den Vögeln in den Baumwipfeln zustimmende Rufe. Doch nichts. Ihr Zwitschern blieb so arglos wie eh und je. Alois zupfte weiterhin mit grün verschmiertem Maul Grasbüschel. Fuhrwerke, beladen mit Waren aller Art, fuhren nach wie voran ihm vorbei in Richtung Stadttor. So normal der Tag um ihn herum verlief, so normal war auch seine Entscheidung, versuchte Philip, sich einzureden. Er hatte seine Wahl getroffen, nach nüchternen Überlegungen und zum Besten seines Herzogs und seines Landes. Als zähle er Alois’ Schritte bei Vermessungen, sagte er sich im Stillen Wort für Wort bei jedem Hufschlag vor. Doch als er die Abzweigung nach links, die zu Hyronimus geführt hätte, ignorierte und in Richtung Benediktinerkloster weiterging, überkam ihn plötzlich ein heißer Schwall Scham, der ihn zu Boden blicken ließ, als sei er eines aufrechten Blickes nicht wert.

~ 11 ~
    X elia schaute sich unsicher um. Kein Mensch weit und breit. Wieso hatte sie trotzdem das Gefühl, nicht allein zu sein, verfolgt und beobachtet zu werden? Im schwindenden Tageslicht war kein auffälliger Schatten zu erkennen, nichts, was sie hätte beunruhigen müssen. Trotzdem war da dieses seltsame Gefühl.
    Gestern hatte Samuel mit seinem Vater sprechen wollen. Der Zeitpunkt sei günstig, hatte er mit einem leichten Zittern in der Stimme gemeint und sie ganz nahe an sich herangezogen. Nach wochenlanger Anspannung sei Aaron, der Tuchhändler, nun in Hochstimmung. Seit feststand, dass kein vorwitziger Sommersturm, kein plötzliches Gewitter mehr die hohen, blassblau blühenden Pflanzen gewaltsam niederdrücken und ihnen Schaden zufügen würde. Ein Teil der Felder war schon abgeerntet, der Flachs zu Garben zusammengebunden und zu Mandeln zusammengestellt, der Rest würde in den nächsten Tagen folgen. Die Leinstettener hatten dieses Jahr ihrem Namen alle Ehre gemacht und mehr angebaut als je zuvor. Durch die sorgfältige Pflege ihrer Felder schien es ein sehr guter Ertrag zu werden. Aarons Geschäftspartner in Ulm standen mit dem Geldsäckel in der Hand parat, bereit, alles abzunehmen, was er ihnen an Rohmaterial wie an fertig versponnenen Leinen liefern würde. Mit anderen Worten, die Flachsernte schien wieder satte Gewinne zu versprechen.
    Vielleicht würde er sie heute Abend ja gleich mitnehmen? Zu Anna und Sybille hatte sie jedoch nichts gesagt, aus Angst, ihre bedeutungsvollen Blicke oder unglücklichen Tränen würden dem Gerber doch noch etwas verraten. Für den Fall, dass sie nicht mehr zurückkommen sollte, hatte sie ihre paar Habseligkeiten in ihren langenSchal gewickelt und sich das Bündel umgeschlungen. Viel war es eh nicht, was sie ihr Eigen nannte: ihr Messer, ein kleines blechernes Amulett von Eulalia, mehrere geschnitzte Löffel, mit denen sie ihre Salben anrührte, und einige Tiegel.
    Der Duft der verbliebenen blühenden Flachsfelder wehte zu Xelia herüber, ihr lichtes Blau bedeckte den sandigen Albboden wie mit einem seidenen Teppich. Bald schon würde das Land wieder ausgemergelt daliegen, nackt wie ein gehäutetes Huhn. Bis zum nächsten Sommer, wenn die zarten Blüten wieder wie von Zauberhand alles mit ihrem bläulichen Schimmer überpinselten.
    Xelia bückte sich und zupfte einige Stängel Gras ab. Hundert Tage dauerte es, bis sich aus einem Leinsamen eine erntereife Pflanze entwickelte, hatte Samuel ihr erklärt. Genauso lange kannten sie sich jetzt schon. Heute würde es das letzte Mal sein, dass sie sich heimlich treffen mussten. Sie schaute sich um: Wie friedlich es hier am Waldrand war! Nichts deutete darauf

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