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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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damit sich das Fell besser ablöst.« Ihr Blick ließ ahnen, dass sie ihm das gleiche Schicksal an den Hals wünschte. Sie packte den Henkel des Kessels erneut, und die andere tat es ihr gleich. Mühselig, Schritt für Schritt, gingen sie in Richtung Dorf davon, ohne sich nochmals umzudrehen.
    Wie konnte ein Mensch nur einem so unappetitlichen Tagwerk nachgehen! »Heh, ihr zwei, sagt, wo wohnt der … Kaufmann?«, schrie er ihnen nach und drehte Alois zum Gehen ab.
    Mit der freien Hand wies die Altere tonlos auf ein Haus in der Ferne, das ebenfalls abseits vom Dorf stand und fast völlig von riesigen Tannen verdeckt wurde.
    Mittlerweile war es nahezu dunkel geworden. Ein heftiger Wind fegte durch die Bäume und ließ dotterblumendicke Regentropfen niederprasseln. Doch von einer Abkühlung konnte noch immer keine Rede sein, denn der Regen war warm. Vom Rücken des Pferdes aus klopfte er an die schwere Eichentür, die fast im selben Moment geöffnet wurde. Eine Magd, von Kopf bis Fuß in schwarzes Leinen gekleidet, stand klein und gebückt vor ihm. Philip sagte seinen Spruch auf und wollte schon absteigen, um sich vor den immer dicker werdenden Regentropfen in Sicherheit zu bringen.
    Â»Hier können Sie nicht übernachten.« Die Stimme der Frau war erstaunlich fest für ihre zarte Statur. »Das ganze Haus trägt Trauer.«
    Â»Ihr Herr ist tot? Wann ist denn das geschehen?« Im Blaubeurener Kloster hatte niemand erwähnt, dass es sich bei dem Tuchhändler um einen alten Mann handelte!
    Â»Nicht der Herr … sein Sohn! Ermordet worden ist er.« Die Unterlippe der Frau zitterte, und sie wischte sich mit einer Hand übers Gesicht. »Der einzige Sohn des Hauses. Können Sie jetzt verstehen, dass es heuer um die Gastfreundschaft nicht sonderlich bestellt ist?«, fragte sie beinahe anklagend, als trüge er irgendeine Mitschuld an dem Unglück.
    Philip nickte. Regen lief ihm in den Kragen seines Hemdes. Seine Visionen von frisch gezapftem Bier verschwammen mit dem Wolkenbruch. Stattdessen sah er sich im Wald auf durchweichtem Laub ein Lager scharren – wie ein Hund, den niemand wollte. Es schauerte ihn.
    Â»Der Markgraf ist auch nicht da … Am besten reiten Sie ins Dorf und fragen dort nach einer Unterkunft.« Und schon schlug die Frau die Tür mit einem Rums wieder zu.
    Philip nestelte seinen Umhang aus der Satteltasche und warf ihn sich über. Dumme Ziege! Einen etwas freundlicheren Abschiedsgruß hätte sie ihm schon entbieten können.
    Donner krachte, und Blitze erhellten immer wieder den mittlerweile nachtdunklen Himmel. Das Gewitter befand sich jetzt direkt über ihnen. Philip klopfte Alois’ Hals. Ein gutes Pferd hatte er da! Alois zuckte nicht einmal mit seinen großen Augen, obwohl sich das laute Poltern durchaus etwas angsteinflößend anhörte. Zumindest hatte Philip ein solch heftiges Gewitter in Stuttgart noch nicht erlebt. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Gegend hier oben den Naturgewalten völlig ausgeliefert war, ohne schützende Täler und Berghänge, die das Schlimmste abhielten. Er zog seinen Regenumhang tiefer ins Gesicht.
    Und dann sah er das Sühnekreuz. Direkt am Wegesrand, neben dem Wald war es aufgebaut. Es konnte noch nicht lange dort stehen: Der Sandstein war hell und noch nicht verwittert, auch war es völlig unversehrt. Philip hatte schon Sühnekreuze gesehen, die Dutzende vonEinkerbungen aufwiesen, von Menschenhand gemacht, um das Steinmehl als Mittel gegen das Böse zu gewinnen. Das hier konnte nur die Todesstätte des Tuchhändlersohnes sein! Aber wer hatte es dort aufstellen lassen? Der Mörder selbst konnte es wohl schlecht getan haben, aber vielleicht ein Angehöriger? Das hieße, dass der Mord bisher ungesühnt geblieben war, oder? Und das wiederum bedeutete, dass der Mörder sich noch hier in der Gegend herumtreiben konnte … Vergeblich schnalzte Philip mit der Zunge, um das Pferd zum Schnellerlaufen zu bewegen. Alois, missmutig durch den ungewohnten Lärm des Gewitters und das gleißende Blitzlicht, marschierte zwar tapfer voran, doch in eine schnellere Gangart zu verfallen, hielt er scheinbar nicht für angebracht.
    Als Philip direkt neben dem Kreuz vorbeiritt, erkannte er in dessen Mitte ein Loch, durch das man Messer, Säbel oder Prügel stecken konnte, um Gefahren zu bannen. Ihm wurde immer mulmiger zumute. War

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