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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Augenblick und beschloss dann, ihrer Schwester die Wahrheit zu sagen – sie erzählte ihr hastig von Philip.
    Anna schüttelte die ganze Zeit den Kopf, als ob sie alles nicht glauben mochte.
    Â»Dass ihn sein Gaul ausgerechnet am Sühnekreuz abgeworfen hat!«, sagte sie. » Er hat es aufstellen lassen. Gleich am nächsten Tag, nachdem du verschwunden warst, hat er sich auf den Weg nach Ulm gemacht und einen Steinmetz samt Wagen und Kreuz mit zurückgebracht. Er wolle sich nicht lumpen lassen, und Geiz nachsagen lassen wolle er sich auch nicht, hat er gemeint.«
    Â»So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht«, antwortete Xelia, doch sie war mit den Gedanken schon ganz woanders. »Und er hat auch euch beiden nichts davon erzählt, wie es wirklich gewesen ist?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Aber wir haben nie geglaubt, dass du eine Mörderin bist«, beteuerte sie eilig, doch Xelia hörte in ihren Worten einen winzigen Hauch von Unglauben, der ihr tief ins Herz schnitt.
    Â»Und jetzt?«, sagten sie beide gleichzeitig und mussten sogar darüber lachen.
    Â»Du musst weg, Xelia! So schnell und so weit wie nur möglich!«

~ 28 ~
    N achdem sie Anna das Seifenkraut gezeigt und ihr beim Pflücken geholfen hatte, rannte diese auf dem schnellsten Weg zurück ins Dorf. Einen Moment noch starrte Xelia ihrer Schwester nach. Hoffentlich würde der Gerber Anna wegen ihrer langen Abwesenheit nicht schon mit erhobener Hand erwarten!
    Dann ging sie in Richtung Höhle zurück. Obwohl es noch Nachmittag war, war es schon empfindlich kalt. Eine feuchte Kälte, die in alle Knochen kroch. Trotzdem setzte sich Xelia unterwegs noch einmal auf den Boden und lehnte sich an einen Baum.
    Sie hatte einen Entschluss gefasst: Sie würde mit Philip gehen. Das war die sicherste Möglichkeit, von hier wegzukommen. Die Leute suchten die Wege und Dörfer ab nach einem Weib, das allein unterwegs war, und nicht nach einem Paar. Trotzdem würde sie die Augen für beide offen halten. Nie mehr, nie wieder in ihrem ganzen Leben, würde sie etwas, was sie anging, ganz und gar jemand anderem überlassen. Sie würde darauf achten, dass sie nicht in Gefahr gerieten. Sie würde sich nicht darauf verlassen, dass Philip die Rolle des Aufpassers übernahm. Dass er ihr helfen wollte, war gut gemeint, doch gleichzeitig spürte sie seine Angst vor der eigenen Kühnheit.
    Sie lächelte unfreiwillig vor sich hin. Angst vor der eigenen Kühnheit – hätte nicht sie die haben müssen? Doch dem war nicht so. Ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. Jetzt konnte sie es kaum erwarten, dass es endlich losging.
    Als Xelia wieder in der Höhle war, zerpflückte sie die gesammelten Kräuter, legte sie in zwei Schalen und gabPhilip eine davon. Nachdem sie das Grünzeug hinuntergewürgt hatten, forderte sie ihn einsilbig auf, abermals die Übungen mit seinem Bein zu machen.
    Philip nahm ihr Schweigen stumm hin. Er versuchte nicht, sie aufzumuntern, während er vor der Höhle, an einen Baumstamm gelehnt, sein Bein hin- und herschwang. Er musste selbst nachdenken, und dies fiel ihm schwer genug.
    Kleine Schweißperlen liefen seine Stirn und seinen Rücken hinab. Er spürte zwar, dass die Kraft in sein Bein zurückkehrte, aber die langen Wochen in der Höhle und das karge Essen hatten seiner körperlichen Verfassung nicht gerade gut getan. Trotzdem war er Xelia dankbar, und er hatte sogar vor, ihr das zu sagen. Wenn er an seinem Bein hinabschaute, konnte er erkennen, wie gerade alle Knochen wieder zusammengewachsen waren. Es war zwar im Gegensatz zu seinem linken Bein dünner, dafür stand nirgendwo etwas über, das Knie beulte sich nicht zur Seite – wie er es bei schlecht verheilten Brüchen schon öfter gesehen hatte –, und auch sein Fuß war weder verdreht noch in einer anderen Art verkrüppelt. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, würde er nicht glauben, dass sein Bein wirklich gebrochen gewesen war. Er wollte sich nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn der Bruch ihn zum Krüppel gemacht hätte! Ein Kartograph, der nicht mehr richtig gehen konnte, war … Er fand nicht einmal die richtigen Worte, um diese Schreckensvision zu beschreiben.
    Nachdem er im Wechsel jedes Bein drei Dutzend Mal hin- und hergeschwenkt hatte, ruhte er sich kurz aus. Dann nahm er die Krücke, die er sich mit Xelias

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