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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Schlaf.
    Â»Baden?«, wiederholte Philip, als habe er sie nicht richtig verstanden.
    Â»Ja, in der Muhr. Ich zeig’ dir meinen Waschplatz, wenn du willst.«
    Â»Aber ist es dazu nicht viel zu kalt?«
    Â»Ha! Einer wie du macht sich die Füße wohl erst dann nass, wenn eine Magd das Wasser stubenwarm erhitzt hat, was?« Xelia kicherte.
    Leicht eingeschnappt antwortete Philip: »Natürlich gehe ich mit. Ich kann’s kaum erwarten, mich endlich mal wieder von Kopf bis Fuß zu waschen. Ein Wunder ist’s, dass wir nicht schon lange Flöhe oder anderes Getier bewirten! Ich will nur nicht krank werden. Auf der Reise …«
    Â»Dann mach’ ich dich wieder gesund!«, unterbrach sie ihn. »Das kann ich doch, oder? So einfach ist das.«
    Und Philip musste lächeln. So einfach war das, ja.
    Bald darauf schlief er ein.
    Als sie am nächsten Morgen aufwachten, war es ungewöhnlich hell in der Höhle. Philip humpelte nach draußen – morgens war sein Bein immer ein wenig steif – und sah, dass es den ersten Frost gegeben hatte. Das kahle Geäst der Bäume wirkte wie mit silbernen Metallspänen überzogen. Gut, dass es morgen losgeht, schoss es ihm durch den Kopf. Er verrichtete seine Notdurft und war wie jeden Tag froh darüber, dabei wieder für sich selbst sorgen zu können. Dann kehrte er zu Xelia zurück. Sie schlief noch. Während er siebeobachtete, überlief ihn ein heißer Schwall, und er glaubte, dass es so etwas wie Bewunderung war. Wie tapfer sie alles meisterte! Xelia würde ihm bestimmt nicht zur Last fallen. Wie hatte er auf einen solchen Gedanken überhaupt kommen können?
    Er weckte sie, und sie liefen gemeinsam zum Bach – Xelia immer einige Schritte voraus, um auszuspähen, ob auch wirklich niemand in der Nähe war. Aber die Dorfbewohner hatten an diesem kalten Morgen so weit außerhalb Leinstettens nichts verloren.
    Â»Hier ist es! Das ist meine Badestelle«, verkündete Xelia stolz, als sie an einer Windung des Baches angekommen waren, die von einem Hügel verdeckt wurde.
    Schneller, als Philip schauen konnte, hatte sie ihre Fetzen über den Kopf gestreift und war im Wasser. Sie keuchte, und Philip konnte sich schon vorstellen, wie elendig kalt es sein würde. Aber er wollte nun keinen Rückzieher machen. Nur: Wie sollte er von ihr unbemerkt nackt ins Wasser gelangen? Nein, er musste es ihr gleichtun, sonst würde er doch noch wie ein Feigling dastehen. Während er seine Kleider hastig auszog, aber sorgfältig auf einen Stapel legte, schämte er sich unendlich. Noch nie hatte eine Frau ihn völlig nackt gesehen. Und er umgekehrt noch keine Frau …
    Jeder weitere Gedanke wurde von dem eiskalten Wasser ertränkt. Er hatte Mühe, genügend Luft zu bekommen. Wie Xelia es schaffte, fast vergnügt zu erscheinen, konnte er beim besten Willen nicht verstehen. Kaum war er im Wasser, wurden seine Glieder taub. Er hatte ein Stück Seife mitgebracht und eigentlich vorgehabt, sich von oben bis unten abzuschrubben, aber das brachte er nicht über sich. Halbherzig wischte er mit jeder Hand einmal über die andere Leibeshälfte, dann war er wieder draußen.
    Während er sich mit seiner Decke abtrocknete, beobachtete er unter gesenkten Lidern, wie Xelia sich mit Eifer wusch. Sie schien gar nicht wahrzunehmen, wie eisigdas Wasser war. Immer und immer wieder rieb sie sich mit einem zusammengeknüllten Grasbüschel ab, bis ihre Haut rot war wie eine Mohnblume. Das Weib war doch verrückt!
    Â»Wie schau’ ich aus?«, wollte sie später von ihm wissen. Sie hatte ihre Haare so lange mit seiner halbfeuchten Decke abgerieben, bis sie einigermaßen trocken waren. Dann hatte sie zwei Zöpfe geflochten, diese wie eine Krone um den Kopf gelegt und mit Nadeln, die sie sich aus Haselnussholz geschnitzt hatte, festgesteckt.
    Â»Kann ich so in die Stadt?« Sie schaute an ihren Lumpen hinab, die durch das Herumrutschen auf dem Boden immer dünner geworden waren und an einigen Stellen bereits die Haut durchscheinen ließen. Aber weder sie noch Philip hatten Nähzeug, um wenigstens die größten Löcher zu stopfen.
    Philip war es unangenehm, sie zu mustern wie ein Stück Vieh. Weibern lüsterne Blicke zuzuwerfen – das war noch nie seine Art gewesen. Natürlich war es manchmal vorgekommen, dass ein Schankmädchen aufdringlich wurde,

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