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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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mich vermisst, Liebste?«
    Sie kam in seine Arme und küsste ihn auf den Mund. »Ja«, sagte sie und schmiegte sich an ihn. »Sehr sogar. Als du fort warst, hatte ich das Gefühl, die eine Hälfte von mir sei nicht mehr da, und unsere Auseinandersetzung zuvor kam mir kleinlich und lachhaft vor. Wie unwichtig das jetzt alles ist! Du bist gesund zurück, das ist die Hauptsache.« Sie küsste ihn abermals, und er spürte die sanfte Glut ihrer Lippen.
    »Papa, nun sag schon, was hast du uns mitgebracht?«, unterbrach Odo, der Ältere. Er konnte es nicht mehr aushalten, und Carlos erging es ebenso: »Ihr sollt euch nicht so lange küssen, los, Papa, zeig uns die Sachen!«
    Lachend löste Vitus sich von Nina. »Liebste, du siehst, es gibt Wichtigeres als unsere Begrüßung.« Er setzte seine Kiepe ab und holte zwei kleine Päckchen hervor. Er hatte den Inhalt in Horsham auf der Durchreise gekauft und war gespannt, was seine Sprösslinge dazu sagen würden. Odo war der Erste, der sein Päckchen aufgenestelt hatte, und brüllte: »Juchhuuu, ein silberner Angelhaken!«
    »Na und, ich hab auch einen«, hielt Carlos dagegen.
    »Donnerwetter, da habt ihr ja beide einen.« Vitus grinste. »Dann ab mit euch zum kleinen See, schneidet euch zwei Weidenruten zurecht, und befestigt einen Faden daran. Fertig ist die Angelrute. Wer die meisten Fische fängt, hat gewonnen.«
    Jauchzend stürzten die beiden Jungen davon.
    »Guten Tag, Onkel Vitus.« Eine leise Stimme drang an Vitus’ Ohr. Sie gehörte Nella, die sich im Nebenraum aufgehalten hatte und gekommen war, um ihn zu begrüßen. »Wo ist mein Altlatz? Ist er mit nach Hause gekommen?«
    »Ja, Nella, deinem Vater geht es gut. Auch er hat dir etwas mitgebracht, er hat es dir nur noch nicht geben können, weil Mrs.Melrose ihn sofort für sich vereinnahmte. Mach dir nichts draus, er hat oft von dir gesprochen, während wir fort waren.« Vitus lächelte und beugte sich zu Nella hinunter: »Im Gegensatz zu der Köchin, die scheint ihm weniger gefehlt zu haben.«
    Nella grinste verständnisinnig und sagte: »Ich geh mal in die Küche.«
    Als sie fort war, schritt Vitus zu der Wiege, in der die kleine Jean lag, hob sie hoch, wiegte sie in den Armen und sagte zu ihr: »Und du, meine Kleine? Geht es dir gut? Hast du deinen Papa auch vermisst? Ei, ei, ei … du, du, du … kille, kille … Du bist ein liebes kleines Mädchen und wirst bestimmt einmal so schön wie meine Mutter, die hieß nämlich auch Jean.«
    »Wo du gerade von deiner Mutter sprichst«, sagte Nina schelmisch und nahm ihm die Kleine ab, um sie wieder in die Wiege zu legen. »Hast du Jeans Mutter auch etwas mitgebracht?«
    »Oh, mein Gott!« Vitus schlug sich an die Stirn. »Das Wichtigste habe ich vergessen. Natürlich habe ich etwas für dich, warte.« Er kramte erneut in seiner Kiepe und holte ein weiteres Päckchen hervor. »Hier, nimm. Ich habe es in London gekauft, in einer Apotheke.«
    »In einer Apotheke? Du machst es spannend, Liebster. Glaubst du etwa, ich bin krank?«
    »Lass dich überraschen.«
    Nina löste die Schnüre der Verpackung und entfernte das Papier. Hervor kam eine kleiner Flakon mit Glasverschluss, in dem sich eine zartgelbe Flüssigkeit befand.
    »Schnuppere mal daran, Liebste.«
    Nina zog den Glasverschluss heraus und hielt die Öffnung des Fläschchens an ihre hübsche Nase. Dann setzte sie wieder ihr schelmisches Lächeln auf. »Für eine Arznei riecht das ziemlich gut. Ich glaube, es ist gar keine Arznei.«
    »Es ist ein Duftwasser, Liebste.« In Vitus’ Worten schwang Stolz mit. »Und zwar ein ganz besonderes. Es wurde speziell für Katharina de Medici geschaffen.«
    »Katharina de Medici?«
    »Ja, sie entstammt der einflussreichen florentinischen Familie der Medici und lebt heute als Regentin Frankreichs im königlichen Schloss von Blois. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls beauftragte sie schon vor langer Zeit einen
Apotecarius
in Florenz, er möge einen eigenen Duft für sie komponieren. Der Mann tat es und bekam dafür viel Lob von Katharina. Ein Assistent des
Apotecarius,
so sagt man, ließ sich später am Rhein in der Stadt Köln nieder, wo er das Duftwasser weiterentwickelte und
Acqua di Colonia
nannte. Der
Apotecarius
in London wiederum, der mir das Wasser verkaufte, bezieht es von seinem Kollegen aus Köln. Das ist die ganze Geschichte.«
    Nina hielt die Öffnung wieder an ihr Näschen. »Es riecht ganz eigentümlich. Ein wenig nach Pfeffer und … Holz … oder Zeder. Ja, Zeder!

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