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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Soviel ich weiß, hatte er neben seinen vielen kräftigenden Getränken auch privaten Proviant an Bord. Ein paar deftige englische Landwürste, haltbarer Hartkäse, Nüsse, Rosinen; damit müsste sich schon etwas anfangen lassen. Und er selbst, so nüchtern es klingt, hat ja nichts mehr davon.«
    Don Pedro nickte. »Wenn die
San Salvador
nicht in die Luft geflogen wäre, könnte ich noch Chorizo, Manchego und luftgetrockneten Serrano-Schinken beisteuern. Auch ich hatte, wie jeder spanische Offizier, meine privaten Bestände. Aus reiner Notwehr, wie ich hinzufügen möchte, denn die normale Kost in der Armada ist mehr als dürftig.«
    »Ihr habt einen guten Humor«, sagte Vitus. »Dafür schätze ich Euch. Bitte entschuldigt mich jetzt, ich muss an Deck, denn ich habe noch etwas mit McQuarrie zu besprechen.«
    »Aber bitte.« Don Pedro verbeugte sich leicht.
    Vitus kletterte die Niedergänge hinauf und traf oben auf dem Kommandantendeck den drahtigen Schotten an. »Danke, dass Ihr noch immer beigedreht liegt, Captain«, sagte er.
    McQuarrie, der »Alle Mann!« hatte pfeifen lassen, damit die Zeit der relativen Ruhe für die notwendigen Reparaturen genutzt werden konnte, riss die Augen auf. »Sir …?«
    »Ich habe Euch absichtlich so angesprochen, denn Ihr seid jetzt Captain der
Camborne,
McQuarrie, es ist Euer Schiff.«
    »So richtig war mir das noch nicht klargeworden, Sir.«
    »Meinen Glückwunsch.« Vitus hielt dem Schotten die Hand hin, und dieser schlug ein. »Danke, Sir.«
    »Ich denke, Ihr solltet Eure Seekiste und Euren Dudelsack nehmen und in die Kajüte von Captain Steel ziehen. So hart es klingt, aber er benötigt sie nun nicht mehr.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Vitus grinste. »Das ›Aye, aye, Sir‹ braucht Ihr auch nicht mehr zu sagen, das war einmal.«
    »Ist recht, Sir.« McQuarrie schluckte. »Sagt, Sir, wo gerade der Name von Captain Steel fiel: Was machen wir mit seinem Körper? Ich würde ihn ja in ein Fass stecken und mit Brandy übergießen, damit er sich bis zu unserer Ankunft in Portsmouth hält und damit die Mannschaft sich zum Abschied noch mal anständig betrinken kann und ihn hochleben lässt, wie sich’s für Teerjacken gehört, aber ich fürchte, ein so großes Fass haben wir nicht.«
    »Es ist besser, wir geben ihm ein Seemannsgrab, zumal ich Euch bitten möchte, nicht Kurs Heimat zu segeln, sondern der Armada auf den Fersen zu bleiben.«
    »Oh, Sir, wie meint Ihr das?«
    Vitus legte McQuarrie die Hand auf den Arm. »Ich weiß, dass Lordadmiral Howard der Armada den Weg zurück nach Calais versperrt, damit jetzt und auch später nicht die Vereinigung mit den Truppen des Herzogs von Parma erfolgen kann. Aber wer eins und eins zusammenzählt, der weiß noch mehr: Den Spaniern wird nichts anderes übrigbleiben, als weiter hinaus in die Nordsee zu fahren, wo ihnen mehrere Möglichkeiten offenstehen – entweder, sie segeln hinauf nach Dänemark oder Norwegen, oder sie umrunden Euer schönes Schottland und kreuzen dann nach Süden an der irischen Küste vorbei zurück zur Iberischen Halbinsel.«
    »Heißt das, die Gefahr des hölzernen Halbmonds ist vorüber, Sir?«
    »Ja, da bin ich sicher. Der Halbmond ist von heute an Geschichte. Manche Schiffe der Armada sind nach den Schlachten gegen uns nahezu unversehrt, andere haben erhebliche Schäden, und wieder andere sind kaum noch schwimmfähig; jeder Captain wird auf sich allein gestellt sein und ohne Hilfe seines Geschwaders sehen müssen, wie er den Weg zurück in die Heimat findet. Die Schnelleren werden nicht auf die Langsameren warten, die Stärkeren nicht auf die Schwächeren. Jedem wird das Hemd näher sein als der Rock.«
    McQuarrie sperrte den Mund auf. »Sir! Wisst Ihr, was Ihr mit diesen Worten besiegelt habt? Die Niederlage der Dons!«
    »Ich weiß.«
    »Hooray! Three cheers for the Queen!«
    Einige der auf den Decks arbeitenden Matrosen rissen bei diesem Aufschrei die Köpfe herum, aber McQuarrie befahl ihnen barsch, weiterzumachen. Dann wandte er sich wieder Vitus zu. »Sir, ich bin ganz aus dem Häuschen! Ich kann’s noch gar nicht glauben, dass alles vorbei sein soll.«
    »Das ist es auch nicht.«
    »Wie meint Ihr das, Sir?«
    »Ich wollte Euch bitten, die Verfolgung der
Santa Maria
aufzunehmen.«
    »Sir?«
    »Ich bitte Euch, die Verfolgung der
Santa Maria de Visón
aufzunehmen.«
    »Aber Sir, das geht nicht!«
    »Warum nicht? Nach dem Gefecht mit ihr wolltet Ihr sie doch auch jagen.«
    »Das war etwas anderes, Sir. Ihr selbst

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