Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
Vom Netzwerk:
Rücken runter und meine Beine geben nach, aber ich versuche, mir Mut zu machen. Ich schlage den von Pflanzen |197| und Felsen gesäumten Weg ein und nach einer Minute erreiche ich den Platz, wo bereits alle versammelt sind.
    Ich stelle mich schnell zu den anderen aus meiner Klasse. Die Lehrerin wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Gut, jetzt wo endlich alle ihren Weg hierher gefunden haben   …«, sagt sie und ihr Atem bildet eine kleine weiße Wolke, »können wir hoffentlich anfangen.«
    Es ist kalt, schweinekalt. Und unter der Erde, in den Gräbern, wird es noch kälter sein.
    »Also los, jeder stellt sich jetzt bitte neben seinem Partner auf.«
    Lavinia gleitet neben Lorenzo. Lorenzos Blick kreuzt sich mit meinem. Er lächelt mich beruhigend an, ganz offensichtlich will er mir zu verstehen geben, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche.
    Ich halte Ausschau nach Federico, aber ich kann ihn nirgends entdecken. Mein Magen krampft sich zusammen.
    »Du wolltest mich doch nicht etwa hier alleine rumirren lassen?«, sagt eine Stimme hinter mir. Seine Stimme. Seine verflucht schöne Stimme. Die so unheimlich sanft sein kann, leicht und vibrierend, so fein und klar wie Kristall, um dann plötzlich wieder hart zu werden, durchdringend und heiser. Mal liebevoll, mal grausam. Mal ernst, dann wieder amüsiert. Ich bin mir sicher, dass diese Stimme heute Nacht meine Träume und meine Albträume begleitet hat.
    »Also«, sagt die Lehrerin und blättert einen dicken Stapel mit kleinen Zetteln durch. »Das hier ist für Vittoria und Federico.«
    |198| Sie tritt zu uns und reicht uns einen Plan der Ausgrabungsstätte. Ich blicke orientierungslos drauf.
    »Wir sind hier«, sagt sie und zeigt auf einen Punkt unten rechts auf dem Blatt.
    Ah, jetzt ist ja alles klar.
    »Das Grab, das ihr untersuchen sollt, befindet sich hier.« Ihr Finger schweift über den Plan, bis er an einer weit entfernten Stelle hält, ganz oben links. »Genau dort ist das Grab.«
    »Das am weitesten entfernte Grab   …«, sage ich gedankenverloren.
    »Ja, das stimmt. Es ist am weitesten entfernt«, bestätigt sie ein wenig genervt. »Aber es ist auch das schönste.«
    Was soll denn das heißen? Sie sind doch alle gleich – dunkel, tief und nass.
    »Ihr habt bis Mittag Zeit. Aber bitte seid vorsichtig.«
    »Sie können sich ganz auf uns verlassen, wir werden gut aufpassen«, sagt Federico freundlich und strahlt sie mit seinem leuchtenden Lächeln an.
    Ich gehe schon mal los und trabe mit schnellen Schritten an den rötlichen Felsen entlang. Ohne auf ihn zu warten.
    »Hey, bleib doch mal stehen!«, ruft Federico und läuft hinter mir her.
    Ich tue so, als ob ich ihn nicht hören würde, und gehe schnell den leicht ansteigenden Weg weiter.
    »Vicky, warte!«
    Ich drehe mich nicht um. Ich starre auf den Boden und mache noch größere Schritte. Ein kalter und nasser Wind |199| zerzaust mir das Haar. Die Sonne ist zwar jetzt herausgekommen, aber das Licht ist immer noch ganz fahl.
    »Warte auf mich!«, ruft er noch einmal. »Du hast doch den Plan!«
    »Hast du etwa Angst, dich zu verlaufen? Siehst du das Grab da vorne nicht? Man kann es doch gar nicht verfehlen. Du musst immer nur geradeaus gehen.«
    »Vicky!«
    Ich drehe mich abrupt um. Wut steigt in mir hoch. »Was gibt’s denn?«
    In dem Moment bleibe ich in meiner grenzenlosen Tollpatschigkeit mit der Schuhspitze an der einzigen Wurzel hängen, die in dem ganzen Tal zwischen den Felsen herausguckt. Mal wieder typisch.
    Ich gerate ins Schwanken, taumele und rudere mit den Armen wie ein verrückt gewordenes Vögelchen.
    »Verdammt   …«
    Ich fluche und sehe in einem surrealen Zeitlupentempo bereits meinen schmerzhaften und absolut lächerlichen Sturz auf den Tuffstein vor mir.
    Ich schließe die Augen.
    »Vicky, Achtung!«
    Plötzlich finde ich mich in seinen Armen wieder.
    Von wegen harter Felsen!
    Ich mache zögernd die Augen wieder auf. Er hält mich ganz fest, sanft zwar, aber ohne seinen Griff zu lockern, obwohl die Gefahr schon längst vorüber ist.
    Da ist es wieder: Wir starren uns an, seine schwarzen |200| Augen versinken in meinen grünen, vermischen sich mit ihnen wie Öl im Meer und Meer in der Dunkelheit. Keiner von uns rührt sich, der Atem hängt wie eingefroren zwischen unseren Lippen.
    Dann hole ich langsam wieder Luft und mein Atem bildet eine kleine Wolke. So wie bei ihm. Die beiden kleinen Dunstwolken steigen hoch und gehen ineinander über und mir steigt sein Duft in die

Weitere Kostenlose Bücher