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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
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so distanziert vor. Und vielleicht erwartet jeder von ihnen, dass ich für ihn Partei ergreife! Aber wie denn? Das kann ich nicht   … und das will ich auch nicht.«
    Langsam verebben die letzten Schluchzer. Die Tränen hallen noch ein bisschen nach und ich habe eine belegte Stimme.
    »Ich ertrage das alles nicht mehr, ich mag doch beide so gern   … und dann hat auch noch Lavinia ihre Finger drin |194| und ich weiß nicht, was für eine Rolle sie bei dem Ganzen spielt. Ich versteh nicht, was los ist. Heute ist außerdem dieses beknackte Projekt   … ich weiß nicht, ob ich da überhaupt hinwill   … ich weiß eigentlich überhaupt nicht, was ich will!«
    Ich verberge mein Gesicht in meinen kalten Händen.
    Elena hat schweigend meinen wirren Monolog angehört. Sie schüttelt langsam den Kopf.
    »Manchmal glauben wir, nicht zu wissen, was wir in Wirklichkeit wollen«, beginnt sie mit ihrer sanften melodischen Stimme. »Manchmal haben wir vielleicht   …«, sie streicht mir über meine zerwuschelten Haare, »nur Angst, uns das einzugestehen, was unser Herz schon seit langer Zeit entschieden hat.«
    Ich blicke sie aufmerksam durch meinen Tränenschleier an.
    »Aber   … was ist, wenn das Herz einem das nicht klar sagt? Wenn es widersprüchliche Signale sendet?«
    Meine Schwester denkt einen Moment lang nach, bevor sie mir antwortet.
    »Streng dich an und find heraus, welches Signal das stärkere ist. Wir sprechen doch über Gefühle, oder, Vicky?«
    Ich nicke kaum merklich. Ich fühle mich wie ein Blatt, das fast vom Wind fortgerissen wird.
    »Na also. Das mit den Gefühlen ist kompliziert, sogar ziemlich kompliziert. Es gibt sehr mächtige, aber auch hinterlistige, widersprüchliche und faszinierende Gefühle. Man erkennt sie oft nicht sofort – und manchmal erkennt man sie auch nie. Die Gefühle stellen dir gerne Fallen und versuchen, |195| dich mit ihren Netzen einzufangen. Sie verhexen und verwirren dich und du kannst dir niemals sicher sein. Sie sind wunderschön und sehr verführerisch, aber können auch sehr gefährlich werden.«
    Sie lächelt sanft.
    »Du bist sicher nicht der erste Mensch, der in seine Gefühle verstrickt ist, und du wirst auch nicht der letzte sein. Die Liebe ist nicht so süß, wie wir es aus dem Märchen kennen. Wirkliche Prinzessinnen verlieben sich nicht auf den ersten Blick in ihren Prinzen. Wenn sie überhaupt einen Prinzen finden. Nein, sie grübeln in schlaflosen Nächten über ihre Gefühle und wünschen dem Prinzen entweder die schönsten Dinge dieser Welt oder sie verfluchen ihn. Die wahre Liebe ist gefährlich, sie ist kein Spiel, sie ist nicht schön wie eine Rose und sie ist auch kein Engel   …«
    Ich nicke. Wie recht sie doch hat.
    »Die Liebe ist ein Dämon«, flüstere ich kaum hörbar und spreche noch einmal den Satz aus, der meine Gedanken anscheinend nicht verlassen möchte.
    Doch Elena zuckt nicht zusammen, für sie beziehen sich diese Worte ja nur auf den griechischen Philosophen.
    »Das stimmt. Platon hätte es nicht besser ausdrücken können. Aber das soll auf keinen Fall heißen, dass du vor der Liebe weglaufen sollst. Du musst ihr folgen   … und dich von deinem Herzen leiten lassen. Das Herz kann sich nicht täuschen.«
    Das Herz kann sich nicht täuschen.
    Ich hoffe so sehr, dass sie damit recht behält.

|196| FEST IN SEINEN ARMEN
    Ich nehme das Moped, um zu den etruskischen Gräbern zu fahren. Sie liegen außerhalb der Stadt, mitten auf dem Land.
    Ich finde sie auf ihre Art wunderschön. Wenn man sie betritt, taucht man in eine andere Welt ein, in eine uralte, geheimnisvolle Kultur. Sie sehen gar nicht aus wie Gräber, die ganze Grabstätte wirkt eher wie eine Stadt. Die Gräber wurden tief in die Tuffsteinfelsen gegraben, überall finden sich in die Felsen eingeritzte Inschriften und die Straße, die sich tief in den Boden gebohrt hat, durchpflügt die rötlichen weichen Felsen und lässt auf der einen Seite das Tal neben sich liegen, auf der anderen Seite die von Sträuchern überwucherte und mit Höhleneingängen übersäte Steinwand.
    Ich gebe Gas. Ich bin schon halb erfroren. Die Sonne ist nur zur Hälfte hinter einer dichten Nebelschicht herausgekommen, die das Licht ganz matt und fahl erscheinen lässt.
    Ich fahre bis zum Parkplatz vor der Ausgrabungsstätte, wo ich einige Fahrzeuge meiner Mitschüler und die Autos unserer Lehrer wiedererkenne. Kaum steige ich vom Moped ab, überkommt mich eine leichte Panik. Mir läuft es kalt den

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