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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
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gewälzt habe, hatte ich genug Zeit zum Nachdenken. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es überhaupt keinen Sinn macht, Ginevra aus purer Rücksichtnahme die Sache mit Federico zu verheimlichen.
    »Hast du eigentlich mitgekriegt, dass Federico und ich nicht mehr aus dem Grab rausgekommen sind? Wir waren eingeschlossen!«
    Sie sieht mich überrascht an. »Nein! O Gott! Und das erzählst du mir erst jetzt?«
    »Gestern Abend warst du ja wohl wichtiger. Es ist auch nichts weiter passiert, bis auf den Riesenschreck, den wir alle gekriegt haben, und dass unser Kunstlehrer bei dem Versuch, uns wieder rauszuholen, fast zusammengeklappt wäre. Und ehrlich gesagt sah es für Federico gar nicht gut aus.«
    »O nein, hat er sich verletzt?«
    |253| »Nee, aber es hat sich herausgestellt, dass er an Platzangst leidet.«
    »Ach so, deswegen ist er letztes Mal, als wir uns alle in unser Klassenzimmer gequetscht haben, lieber an der Tür stehen geblieben.«
    »Genau.« Zu dieser Schlussfolgerung bin ich ja ebenfalls schon gekommen.
    »Aber dann muss er doch komplett bescheuert sein! Wie kann man denn mit Klaustrophobie in eine Grabkammer steigen?«
    »Das hab ich mir auch gedacht   …«
    Ich atme einmal tief durch. Dann fange ich an zu erzählen.
    Langsam, Stück für Stück, von Anfang bis Ende, wirklich alles. Wie Federico mir dieses schreckliche Geständnis gemacht hat, wie der Stein vor den Ausgang gerutscht ist, bis zum Abschied bei meiner Haustür, kurz bevor ich sie getroffen habe.
    Wir sind jetzt auf dem Schulparkplatz angekommen und Ginevra hat den Motor ausgemacht. Zum Glück sind wir heute mal nicht zu spät dran und brauchen nicht im Hundertmeterlauf zum Schultor sprinten.
    Sie kann es immer noch nicht glauben.
    »Aber   … also   … und   … und was macht ihr jetzt?« Sie ringt nach den passenden Worten. Wie gut, dass nicht nur mir das ständig passiert.
    Ich versuche, ihr klarzumachen, wie ich das Ganze sehe. »Na ja, also ihr hattet doch eine richtig schöne Liebesgeschichte, selbst wenn jetzt Schluss ist. Ihr habt immer |254| zusammengehalten, ihr wart einfach glücklich, ganz egal wie schwierig die Situation für euch war oder was die Leute gedacht haben. Entschuldige, wenn ich jetzt meinen Finger in die offene Wunde lege, aber   …«
    »Ja gut, aber   … das hier ist anders, das ist viel schlimmer   … ihr könntet euch gegenseitig umbringen!«
    Bei diesem Gedanken läuft es mir kalt den Rücken herunter und ich schiebe ihn gleich wieder weit weg.
    »Aber im Grunde kann doch jeder jeden umbringen, wenn er will.« Das kommt ganz selbstsicher aus meinem Mund gesprudelt, aber so sicher fühle ich mich eigentlich gar nicht.
    »Das stimmt natürlich, aber   …«
    Ginevra seufzt und massiert sich die Schläfen. »Ich bin sicher nicht die Richtige, um dir zu sagen, dass du einen Fehler machst.«
    Ich nicke.
    Ginevra beißt sich auf die Lippe und schaut weg. Die Traurigkeit ist wieder da. Sie dreht sich wieder zu mir und versucht, die Tränen zu unterdrücken.
    »Darf ich dich was fragen? Bist du jetzt glücklich, ich meine, glücklicher als gestern zum Beispiel oder vorgestern?«
    Ich denke darüber nach und nicke noch mal.
    »Also, wenn du etwas gefunden hast, was dich glücklich macht, dann pass gut darauf auf. Verlier es nicht   … und wirf es nicht einfach so weg.«
    Die letzten Worte vermischen sich mit Tränen.
    Ich drücke sie noch einmal ganz fest an mich.
    »Danke«, flüstere ich ihr ins Ohr.

|255| WO DAS EINE AUFGEHÖRT HAT, HAT ETWAS ANDERES BEGONNEN
    Wenn man über einen vollen Schulhof geht und sich dabei ganz leicht und frei fühlt, wenn man in der Menschenmenge mitläuft und sich dennoch nicht irgendwie verloren vorkommt, wenn zwischen den beiden besten Freunden der Kalte Krieg ausgebrochen ist und man trotzdem noch lachen kann, selbst wenn es gleich mit Altgriechisch in der ersten Stunde losgeht und man keinen blassen Schimmer von elegischer Dichtung hat, dann kann das nur heißen, dass man glücklich ist. Einfach nur glücklich.
    Ich laufe an ihm vorbei. Er sitzt in seiner gewohnt lässigen Haltung mit übereinandergeschlagenen Beinen neben dem Eingang.
    Ich habe Angst, ihn anzusehen. Angst, in seinen Augen zu lesen, dass sich durch die gestrigen Ereignisse nichts geändert hat, dass im Grunde überhaupt nichts Wichtiges passiert ist, weil so etwas ja nur im Film vorkommt und nie im wirklichen Leben.
    Aber es muss sein. Also hebe ich schüchtern die Augen und bin schon bereit, mir

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