Die Liebe verzeiht alles
junge Leute ohne Schulabschluss gewinnen wollen. Was ihm auch gelungen war.
Anschließend hatte er noch diverse andere Besprechungen gehabt, bei denen es um eigene Investitionen gegangen war. Erst am Abend war er zu Karen gekommen und wenig später auf ihrem Sofa eingeschlafen. Einen miserableren Gesellschafter gab es kaum. Aber schlimmer war noch, dass er selbst an diesem hektischen Tag immer wieder an Lilah denken musste.
„Mir gefällt deine Idee, wie du die Klassenzimmer einrichten willst.“ Karen ignorierte die Tatsache, dass ihr Verlobter seit seiner Ankunft missmutig und zerstreut gewesen war, und setzte sich mit etwas Abstand zu ihm aufs Sofa.
„Danke, und bitte entschuldige noch mal.“ Gus trank einen Schluck Kaffee. Sie hatten sich seit Wochen nicht gesehen und bis jetzt über nichts wirklich Persönliches gesprochen. Was wohl hauptsächlich an ihm lag.
Er hatte so sehr gehofft, bei Karen endlich seine innere Ruhe wiederzufinden. Ein Leben mit Lilah war der Traum eines Teenagers gewesen. Doch inzwischen war er erwachsen, und Karen war die richtige Frau für ihn. Er wollte Elan adoptieren und irgendwann eigene Kinder haben. Der Verstand sagte ihm klipp und klar, dass seine Zukunft Karen hieß.
Aufmerksam betrachtete er sie, während sie den Becher an die Lippen hob. „Sag mal“, begann er und wollte sich gerade erkundigen, wie das Ferienprogramm an ihrer Schule lief, als ihm plötzlich etwas auffiel. „Wo ist dein Verlobungsring?“
Verblüfft über die Frage, blickte sie auf ihre Finger und errötete. „Wir haben heute getöpfert. Du weißt ja, wie feinkörnig Ton ist … und der Ring hat so viele kleine Steine.“ Sie seufzte und lachte über sich. „Ich habe immer Angst, ihn zu ruinieren oder sogar zu verlieren, denn ich habe ihn noch nicht anpassen lassen.“
Vor zwei Monaten hatte Gus sie mit dem Schmuckstück überrascht, dessen großer funkelnder Diamant von vielen Brillanten eingerahmt wurde. Er hatte die Ringgröße nur schätzen können, allerdings angenommen, Karen hätte ihn inzwischen enger machen lassen. Dass sie es nicht getan hatte, irritierte ihn, denn sie war die am besten organisierte und tüchtigste Frau, die er kannte.
„Wenn dir der Ring nicht gefällt, können wir gern einen anderen aussuchen.“ Verdammt, er hatte nicht warmherzig, sondern ärgerlich geklungen.
Bestürzt schüttelte sie den Kopf. „Nein, er ist schön. Es ist … ein hübscher Ring.“
„Karen, er ist nur schön, wenn er der Richtige für dich ist.“ Gus versuchte, sich an ihren Gesichtsausdruck zu erinnern, als er ihn ihr geschenkt hatte. Aber es gelang ihm nicht so recht. „Hättest du lieber einen, der anders gefasst ist?“
„Nein.“
„Oder mit einem anderen Stein?“
„Das ist nicht nötig.“
Irgendetwas stimmte nicht. Entweder ignorierte er die getrübte Stimmung oder versuchte, alles wieder ins Lot zu bringen. Wenn das überhaupt möglich war. „Wir könnten den Diamanten durch einen Rubin ersetzen.“
„Ich möchte keinen …“ Karen stellte den Becher auf den Tisch, verschränkte die Hände auf ihrem Schoß und sah nicht wie sonst zufrieden, sondern bekümmert aus.
Gus fühlte sich immer unbehaglicher. Er war damals nach Lilah verrückt gewesen. Aber das lag schon so lange zurück, dass er fast davon überzeugt war, es wäre bloß die Reaktion eines Jungen auf ein wunderschönes Mädchen gewesen.
Er hatte sich eingeredet, Karen sei alles, was er wolle, sozusagen seine Belohnung, weil er den richtigen Weg eingeschlagen habe. Ihre Partnerschaft war für ihn der Beweis gewesen, dass man sich ändern und die Vergangenheit besiegen konnte. Sie hatten von Anfang an eine ruhige Beziehung geführt, ohne stürmisches Verlangen oder große Aufregung. Wie egoistisch war er doch gewesen.
„Ich bin kein guter Verlobter, oder?“
Er beobachtete, wie sie errötete und damit die Frage beantwortete. Sich auf geistiger Ebene zu treffen und die gleichen Wertvorstellungen zu teilen, das konnte – anders, als er gedacht hatte – echte Leidenschaft nicht ersetzen.
Er kannte sich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er Karen nie betrügen würde. Und er hatte sich vorgenommen, sie auf Händen zu tragen und ihr all die schönen Dinge des Lebens zu schenken.
Zum Beispiel einen Ring, der nicht passte!
„Es reicht auch nicht nur annähernd. Stimmt’s?“
Überraschung spiegelte sich in ihrem Gesicht wider und wich Momente später Traurigkeit. Dann fasste sie nach seiner Hand und
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