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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Dilloway
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verlassen.«
    Ich sehe ihn an. Er starrt in eine dunkle Ecke der Bibliothek. Alle anderen sind weit weg von uns, beim Büfett, am Ausgang oder am Tisch.
    Â»Manchmal denkt man, man hat alles. Und plötzlich stellt sich raus, dass der andere das ganz anders sieht.« Er sinkt tiefer in seinen Sessel.
    Â»Warum sind Sie Lehrer geworden? Und haben so einen guten Job sausen lassen?«
    Er stellt den Becher ab und stützt seine Ellbogen auf die Knie. Ich rücke näher heran. Er holt tief Luft. »Ich wollte schon immer gern unterrichten, und meine Frau fand auch, dass unser Leben ruhig langsamer werden könnte. Wir wollten in eine kleinere Stadt ziehen, damit ich mehr Zeit hätte. Ich habe eine Lehrerlaubnis erlangt. Wir haben alle Vorbereitungen getroffen.« Er holt tief Luft. »Aber nachdem ich diesen Vertrag unterschrieben hatte und wir gerade dabei waren, das Haus auszuräumen, hat mich meine Frau verlassen und ist mit meinem Geschäftspartner durchgebrannt.«
    Â»Was?« Unwillkürlich lege ich meine Hand auf seinen Arm.
    Er hat winzig kleine, braune Sommersprossen auf der Nase und kleine Falten um den Mund. Er ist nicht mehr so jung, wie ich dachte. »Es ging wohl schon eine Weile. Ich schätze, sie hatte kein besonders schlechtes Gewissen, weil sie ja wusste, dass ich sowieso wegziehen wollte.« Er macht eine Pause. »Aber das reicht ihr noch nicht. Sie will unsere Tochter. Abbie. Dem Vormundschaftsgericht hat sie gesagt, ich hätte die beiden verlassen, um eine schlecht bezahlte Stelle in einer fremden Stadt anzutreten. Vorerst darf ich meine Tochter also nur jeden zweiten Samstagnachmittag sehen.« Er sinkt in sich zusammen, als wäre mit diesem Geständnis die Grenze seiner Belastbarkeit erreicht. »Ich habe ihr die Zähne geputzt und jeden Abend Gutenachtgeschichten vorgelesen. Jeden zweiten Samstag …« Seine Stimme erstirbt, und er lächelt traurig. »Ich bin nur noch ein Fremder.«
    Das muss ich erst mal verdauen. »Wann ist das alles passiert?«
    Â»Anfang des Jahres. Bevor ich herkam.« Er richtet sich auf. »Meine Ex versucht, mich auszublenden. Als hätte ich nie existiert. Sie schreibt die Geschichte neu.« Er ballt die Fäuste, dann löst er sie.
    Â»Aber Sie kämpfen immer noch um die Kleine? Sie geben nicht auf?« Ich wünschte, ich wüsste, warum es mir so wichtig ist. Ich brauche von irgendwem mal eine klare Ansage.
    Â»Ich gebe nicht auf«, sagt er ganz leise.
    Ich glaube ihm.
    Nach dem letzten Klingeln am allerletzten Schultag fahre ich Riley bedrückt nach Hause. Morgen will meine Mutter kommen und Riley abholen, um sie den Sommer über großmütterlich zu verwöhnen. Und dann … dann will sie Riley bei sich behalten, bis deren Mutter sich dazu entschließt zurückzukommen.
    Â»Ich finde, die öffentliche Schule ist zu groß für sie«, habe ich meiner Mom am Telefon erklärt.
    Â»Die hast du auch besucht. Und deinen Abschluss mit Auszeichnung gemacht.«
    Â»Aber gefallen hat es mir da nicht.«
    In Wahrheit wird mir angst und bange, wenn ich an mein leeres Haus denke. Keine bizarren Cartoons im Fernsehen, keine laute Musik. Keine menschliche Nähe. Nur die Stille meines eigenen, einsamen Daseins.
    Daran denke ich, während Riley neben mir im Auto sitzt und mit dem Tragriemen an ihrem Rucksack spielt. »Er ist fast durchgescheuert«, sagt sie.
    Â»Nächstes Jahr brauchst du einen neuen.«
    Sie nickt und zerrt gedankenlos an dem ausgefransten Material herum. Ich greife nach ihrer Hand. »Du wirst ihn noch ganz abreißen.«
    Â»Ist doch egal.«
    Â»Dann kannst du ihn gar nicht mehr benutzen.«
    Sie zerreißt ihn.
    Â»Riley.« Schlitternd kommen wir in meiner Auffahrt zum Stehen.
    Â»Ich will nicht weg.« Ihre Stimme klingt laut. Die alte Mrs Allen, die nebenan ihren Rasen sprengt, blickt auf, und ihr Wasserstrahl trifft die Pflanzen auf meiner Seite vom Zaun.
    Ich ziehe den Schlüssel ab. »Riley, ich glaube, es ist besser, wenn du zu Oma gehst.«
    Â»Ich will nicht auf eine neue Schule. Ich will hierbleiben. Bei dir.« Sie drückt ihr Kinn an die Brust.
    Â»Riley.« Mein Herz pocht. »Mir wäre es doch selbst lieber, wenn du hierbleiben könntest. Aber ich muss auch an dich denken.«
    Sie verschränkt die Arme. »Im August werde ich sechzehn. Ich bin alt genug, selbst zu entscheiden. Ich könnte mich

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