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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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rangenommen wird. Jede Nacht ein anderer.
    Sie begann sich zu streicheln, und ihr Gesichtsausdruck wurde ernster.
    – Das würde dir gefallen?
    – Natürlich.
    Ich nahm die Brause, reinigte meinen nach Essig und Urin riechenden Körper, dann stieg ich aus der Wanne und trocknete mich ab.
    – Ich würde viel darum geben, sagte Sarah, wenn ich sie dabei filmen könnte, wie sie …
    Ihre Stimme wurde leiser, ihre Bewegungen konzentrierter. Ich ließ sie allein.
5
    Es war nicht schwer, den richtigen Burschen zu erfinden. Er musste groß sein, denn Herr Beichel war ein kleiner Mann und hatte demnach Angst vor allem, was größer war als er. Und er musste grobschlächtig und plump wirken, ein Neandertaler, der vielleicht als Lehrling in einem Sägewerk oder in einem Forstbetrieb arbeitet. Ein Analphabet, der samstags in die Disco geht und dort Mädchen anstarrt. Ein Rumtreiber, der schon im Teenageralter dem Alkohol verfallen ist.
    Wir tauften ihn Berni.
    Berni trug, wenn er nachts auf Jagd nach Mädchen ging, eine alberne Schirmkappe und einen etwas zu großen Mantel.
    – Eine Schirmkappe?
    Herr Beichel stand in seinem Garten und versuchte, seine Angst zu verbergen, indem er sich mit dem Ellbogen lässig auf den Zaun stützte.
    – Ja, Sie wissen schon, so wie Niki Lauda.
    – Was?
    Herr Beichel war verwirrt.
    – Etwa so was?
    Er deutete auf seinen eigenen Kopf und fuhr die imaginären Konturen eines großen Admiralshuts nach. Ich nickte.
    – Aha. Und wann haben Sie den gesehen?, fragte er.
    – Gestern, am Abend. Ist da unten herumgegangen, immer auf und ab. Über eine Stunde lang. Normalerweise ist er ganz harmlos.
    Herr Beichel wandte sich ab, ging ein paar Schritte und hob den Gartenschlauch auf. Er rollte ihn zusammen und schaute dabei ins Leere.
    – Wenn, begann er zu sprechen. Wenn er noch einmal hier auftaucht, geben Sie mir Bescheid, ja?
    – Natürlich, sagte ich.
    Lächelnd verabschiedete ich mich. Als ich zurück in unserem Haus war, fragte mich Sarah, wie es gelaufen sei.
    – Was hat er gesagt? Was hat er gesagt?
    – Er hat angebissen, sagte ich.
    Wir begannen albern zu kichern, wie Kinder.Natürlich mussten wir es so einrichten, dass auch Jasmin von ihrem Schicksal erfuhr. Eines Abends gingen wir über die Dorfstraße und trafen sie, als sie einen großen Rucksack voller Einkäufe nach Hause trug.
    – Wem gehören die Pferde?, fragte das Mädchen.
    – Dem da drüben.
    Ich zeigte auf das schwarze Gehöft. Jasmin drehte sich um und beschirmte ihre Augen mit beiden Händen.
    – Gefallen dir die beiden Hengste?, fragte Sarah.
    Ich verschluckte mich beinahe. Es war eine normale Frage gewesen. Trotzdem wurde ich rot und spürte es.
    – Ah, diese Hitze, sagte ich.
    – Ja, sagte Jasmin. Man kann kaum vor die Tür gehen.
    – Hat dein Vater schon etwas unternommen wegen …?
    – Wegen der Hitze?
    – Nein, ich meine, ob dein Vater schon etwas wegen dem einen …
    – Was meinen Sie?
    – Hat er dir das nicht …? Ach, ist wahrscheinlich nicht so wichtig, oder?
    – Nein, bestätigte Sarah. Warum sollte er sie damit belästigen?
    Jasmin schaute uns an, als hätten wir ihr gerade erklärt, das Haus sei abgebrannt. Ihr Gesicht hatte etwas von einer beleidigten Puppe. Ich musste mich beherrschen, um sie nicht in die Wange zu kneifen.
    – Sieh dir an, was du getan hast, Felix, jetzt hast du ihr Angst eingejagt. Es ist nichts Schlimmes, mach dirkeine Gedanken. Es ist nur jemand da drüben herumgeschlichen, vorgestern Nacht. Um euer Haus und da oben über die Bergstraße.
    Jasmin zeigte keine Reaktion.
    – Ich muss nach Hause, sagte sie schließlich.
    – Gute Idee, sagte Sarah. Hier wird einem ja das Hirn weich gekocht.
    Wir gingen weiter.
    Einige Tage später sah ich Herrn Beichel mit seiner Tochter an unserem Grundstück vorbeilaufen. Sie gingen Hand in Hand. Es sah sehr merkwürdig aus, da Jasmin dafür eigentlich schon viel zu alt war.
    – Vielleicht ist er gar nicht ihr Vater, sagte Sarah.
    – Daran hab ich auch schon gedacht, aber sie sehen sich doch ein bisschen ähnlich.
    – Wir sehen uns auch ähnlich.
    – Ja, das kommt von dreiundzwanzig Jahren Ehe.
    – Oh Gott, erinnere mich bloß nicht.
    – Aber die beiden sehen sich auf andere Weise ähnlich. Die Augenbrauen und das Kinn. Ich glaube schon, dass sie seine Tochter ist.
    – Na ja. Vielleicht ist sie es, und sie haben … die Beziehung ein wenig umdefiniert.
    – Was meinst du? Oh, nein, ich weiß schon.
    – Ja.
    – Du bist krank.
    – Du

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