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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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Fingerspitzen und erwartete, dass Franz Lukas sich wieder in Luft auflöste.
    Aber der redete weiter.
    – Ich finde es wichtig, wenn man seine Meinung sagt. Ich mag es im Grunde, wenn die Leute zu mir ehrlich sind. Daran ist sicher nichts verkehrt. Aber leider gehen die Menschen manchmal dabei ein bisschen zu weit. Sie überschreiten eine gewisse Linie und merken nicht, dass sie mich quälen. In den meisten Fällen geschieht das nicht einmal absichtlich, das ist mir klar.
    Er drehte eine imaginäre Arbeitermütze in seinen Händen.
    – Wenn das passiert, bin ich manchmal völlig hilflos, und dann merken die Leute, dass es bei mir da eine Schwachstelle gibt und haken nach. Aber dasmacht mir weniger aus als die erste Grenzüberschreitung. Ich schalte dann einfach das innere Licht aus, verstehen Sie, dann geht es leichter. Das klappt eigentlich immer ganz gut. Aber ich bin dann oft ein bisschen langsam. Weil ich eben im Standbybetrieb laufe. So ertrage ich die Situation leichter … Das ist natürlich keine Ausrede. Natürlich nicht. Sie dürfen nicht glauben, dass ich mich irgendwie rausreden möchte, denn geschehen ist geschehen. Daran kann man nichts mehr ändern. Da fährt die sprichwörtliche Eisenbahn drüber, oder?
    Er lächelte kurz.
    – Jedenfalls, sagte Franz Lukas. Jedenfalls wollte ich Ihnen das nur sagen, und ich weiß, dass ich nicht so gut mit Wörtern umgehen kann. Meist sage ich einfach alles verkehrt, und man muss hinterher alles rückwärts abspulen, damit man versteht, was ich meine.
    Er hatte einen Scherz gemacht und blickte seinen Chef erwartungsvoll an. Anton schenkte ihm ein anerkennendes Räuspern.
    – Ich wollte Ihnen nur erklären, wie das alles … miteinander zusammenhängt. Ich bin mir nicht sicher, dass mir das gelungen ist, weil ich immer alles ein wenig durcheinanderbringe, besonders wenn ich nervös bin …
    – Schon klar, aber –
    – Aber ich brauche diesen Job wirklich, unterbrach ihn Franz Lukas, und ich will nicht, dass Sie glauben, ich würde absichtlich nachlässig –
    – Ja, ja, schon gut, ist schon gut –
    – Nein, im Ernst, ich wollte Sie wirklich um Verzeihung bitten, weil ich mir denke, das hat Sie doch mit Sicherheitauch Überwindung gekostet, mich da vor allen meinen Kollegen …
    Oh Gott! Begriff dieser Mensch denn überhaupt nichts? Langsam war noch untertrieben. Er war strohdumm! Er hatte nicht die geringste Ahnung, dass die Zurechtweisung ein Akt der Gnade, eine Intervention einer fürsorglichen Instanz gewesen war. Anton sah immer wieder auf die Uhr, aber nicht einmal dieses Signal wurde richtig interpretiert. Franz Lukas schaute zu Boden, bewegte weiter seine Lippen und produzierte Wörter und Sätze.
    – Die haben sich natürlich auch gefreut, sagte Franz Lukas. Die sehen so was gern. Wenn einer von ihnen kritisiert wird, meine ich. Dann haben sie etwas, an das sie quasi … später anknüpfen können. Aber auch damit kann ich in der Regel fertig werden. Ich denke mir immer: Wenn ich die mit mir machen lasse, was sie wollen, dann ist es schneller vorbei. Einfache Logik. So ähnlich wie sich tot stellen. Na ja, nicht direkt, aber ein bisschen so, wie wenn man einfach still auf dem Boden liegt und die Zeit vergehen lässt. Ich werde mich aber in Zukunft bemühen, nicht mehr in diesen Zustand zu fallen, wenn meine Arbeit davon …
    – Schon gut.
    – Wenn meine Arbeit darunter leidet. Das wollte ich Ihnen nur sagen, Herr Wolf. Ich bin im Grunde kein fleißiger Mensch, das weiß ich, aber ich habe Fantasie, und ich mag Formen. Ich spiele gerne mit ihnen. Ich nummeriere gerne Dinge. Bei mir zuhause zum Beispiel: die Schubladen, die Lampen. Das ist so ein Tick von mir, aber egal. Jedenfalls …
    Anton hielt es nicht mehr aus:
    – Tut mir leid, sagte er zu Franz Lukas. Hören Sie, es tut mir leid, ich –
    – Ach, schon gut.
    – Nein, sagte Anton, ich meine, es tut mir leid, aber ich habe im Augenblick keine Zeit für Sie. Aber es ist schon gut, Sie haben alles gesagt, was Sie … Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn Sie mit mir über diese ganze Angelegenheit ausführlich reden möchten, müssen Sie bitte morgen wiederkommen, ja? Tut mir leid.
    – Okay.
6
    Eine Gestalt mit triumphierendem Gesichtsausdruck kam durch die Tür des Lokals. Die Männer, die eine halbe Stunde lang auf ihn gewartet und sich während dieser Zeit mit ihren Getränken abgelenkt hatten, hoben die Köpfe.
    – Und?
    – Ich hab’s ihm gegeben, sagte Franz. Er ist da … dick und fett,

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