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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Überlaufen vollgestopft war, nun wirklich überlief und daß mein Assistent ein annehmbares, wenn auch nicht sehr großes Sprechzimmer besaß, in dem er arbeiten konnte. Caroline hatte, obwohl sie noch zu Bett lag, unsere beiden Namen künstlerisch auf Pappschilder gemalt, die ich mit Reißzwecken an unseren Türen befestigt hatte. Die Patienten hatten die Wahl.
    »Wollen wir gehen?« fragte ich.
    Robin stand auf. Er sah aus, als sei er geradewegs einem Herrenmodejournal entstiegen, und meine Anstrengungen, mich zu einem nachzueifernden Beispiel herauszuputzen, waren verschwendet.
    »Von mir aus kann es losgehen«, stimmte er zu.
    Wir hielten vor dem Wartezimmer an, und ich erinnerte mich an mein eigenes Zögern und die Erwartung, bevor ich zum erstenmal der kritischen Versammlung der Patienten entgegentrat, die darauf wartete, den neuen Doktor zu besichtigen. Ich lächelte Robin aufmunternd zu. Er grinste beruhigend zurück und schien nicht im geringsten beeindruckt. Ich erinnerte mich daran, daß er ein gutes Teil Erfahrung in der Praxisführung hatte und nicht wie ich als unbeschriebenes Blatt begann.
    Ich legte meinen »Guten-Morgen«-Ausdruck über mein übliches frühmorgendliches Wesen und öffnete die Tür des Wartezimmers vorsichtig, um sie nicht jemandem an die Zehen zu knallen.
    Das Zimmer war leer.
    Ich blickte Robin fragend an. »Es ist doch Montag, nicht wahr?«
    »Soweit ich weiß, ja.«
    »Nun, wo stecken die Leute?«
    »Vielleicht haben sie gehört, daß ich komme«, vermutete er.
    »Das kann ich nicht verstehen.«
    Hinter der gegenüberliegenden Tür des Wartezimmers, die auf die Straße führte, hörte man jetzt Schimpfen. »Dem werde ich was erzählen«, identifizierte ich Mrs. Bridgewaters Stimme, »ich, mit meinen Venen!«
    »Du lieber Himmel«, stöhnte ich. »Sylvia muß vergessen haben, die Tür aufzuschließen.«
    Den Gartenweg entlang und auf der Straße standen sie wie mürrische Schafe zwischen Kinderwagen, Krankenstühlen und Fahrrädern. Mit dem ersten Blick erfaßte ich Mrs. Hawkins, Mr. Grimes und Miss Tagg.
    »Warum hat niemand geklingelt?« fragte ich freundlich, als sie an mir vorbeidefilierten.
    »Das haben wir ja.«
    »... geklingelt und geklingelt...«
    »Geht vielleicht nicht...«
    Ich beugte mich aus der Tür hinaus und drückte auf den Klingelknopf. Kein Ton.
    »Bitte, fangen Sie doch schon an«, bat ich Robin, »während ich Sylvia bitte, daß sie jemanden mit der Reparatur der Klingel beauftragt. So ist das ja nicht zu machen.«
    »Sylvia!« rief ich die Treppe hinauf. »Sylvia!« Keine Antwort.
    Ich trommelte auf dem Geländer.
    Pennys Stimme verkündete: »Mami ist im Badezimmer, und Peter hat wieder Bauchschmerzen.«
    Es würde schneller gehen, wenn ich mich nach oben bemühte.
    »Weißt du, daß du vergessen hast, heute morgen die Wartezimmertür aufzuschließen?« fragte ich. »Du mußt besser aufpassen. Die Schlange ging schon bis auf die...« Und da hob Sylvia ihren Kopf.
    Sie war gelb wie die Badezimmerkacheln, und ihre Stirn glänzte feucht.
    »Sylvia! Was ist?«
    »Ich muß mich dauernd übergeben«, flüsterte sie, »und ich fühle mich so schwach.«
    »O Gott«, seufzte ich. »Ausgerechnet du!«
    Ich dachte einen Augenblick nach, ausgerechnet jetzt mußte das passieren. Unsere Putzfrau kam seit einigen Tagen nicht, weil sie ihre eigenen Kinder pflegen mußte, die mit Windpocken im Bett lagen, meine Sprechstundenhilfe lag mit einer Unterleibsoperation im Krankenhaus, die neue Hilfe aus der Schweiz war vor dem Abend nicht zu erwarten. Nun hatten wir vier Kranke, denn Sylvia war offensichtlich nicht in dem Zustand, für die anderen zu sorgen und das Telefon zu beantworten. Ich traf einen schnellen Entschluß. Caroline würde ihre Schonzeit abkürzen und mit zugreifen müssen.
    Ich fand sie über das Waschbecken in ihrem Schlafzimmer gebeugt, grüner als Sylvia.
    »Dok«, ächzte sie; »drahten Sie nach Hause! Teilen Sie mit, daß ich sterbe!«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    Ich eilte ins Schlafzimmer, warf mich über das ungemachte Bett und nahm den Hörer auf. »Hallo!«
    »Liebling, weißt du, daß bei Harrods Pelzwoche ist?«
    »Welche Nummer wünschen Sie denn?«
    »6323. Wo ist denn Sophie?«
    »Tut mir leid. Keine Ahnung.«
    »Pelzwoche bei Harrods«, hat mir noch gefehlt!
    Ich legte den Hörer zurück, und im gleichen Augenblick klingelte es erneut. Ich konnte Sylvia und Caroline stöhnen hören. »Hallo.«
    »Doktor?«
    »Ja.«
    »Mrs.

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