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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Carter, Doktor. Können Sie mal nach meinem Mann sehen?«
    »Was ist denn mit ihm?«
    »Er kann nicht aus dem Bett hoch.« Ich stellte mir vor, daß er gebunden und geknebelt dalag, ließ es aber dabei, da ich wußte, daß ich ohne Zeitverschwendung doch keine weiteren Informationen aus ihr herausbekommen würde.
    Penny kam in ihrem Nachthemd ins Schlafzimmer.
    »Peter sagt, sein Bauch tut soo weh!«
    Das Telefon klingelte.
    »Hier ist Mrs. Pierce. Ich möchte Ihnen nicht lästig fallen, Doktor, da ich ja weiß, wie beschäftigt Sie sind, aber ich glaube, Sie sollten sich einmal meine Schwiegermutter ansehen.«
    »Was ist denn mit ihr?«
    »Sie liegt auf dem Boden.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Bewußtlos, Doktor.«
    »Wie lange denn schon?«
    »Seit heute nacht zwei Uhr. Fred hörte einen Krach und ging ’runter. Sie muß aufgestanden sein, um sich ein Glas Wasser zu holen.«
    »Warum haben Sie mich denn nicht gerufen?«
    »Ich wollte Sie nicht stören, ich weiß, wie beschäftigt Sie...«
    Penny kam wieder herein.
    »Peter glaubt, er muß sich übergeben, und Mami soll kommen. Und Daddy, weißt du, dieses Jucken an meinem Fuß...«
    Das Telefon klingelte.
    Ich brachte Sylvia und Caroline zu Bett, beide zitterten vor Schüttelfrost, und Caroline war davon überzeugt, daß ihre letzte Stunde geschlagen habe. Ich versorgte Peter mit einer Schale und Penny mit Anweisungen, was sie zu tun hätte, wenn er sich übergeben müßte.
    Während ich die Treppe hinunterging, dachte ich: Gott sei Dank, daß ich wenigstens meinen Assistenten habe und nicht allein mit fünfzig Patienten fertig werden muß.
    Aber Robin erwartete mich in der Diele.
    »Was ist los?« fragte ich entgeistert. »Sie können doch nicht schon mit der ganzen Menge fertig sein.«
    »Fertig sein! Ich habe nicht eine Seele in meinem Sprechzimmer gehabt.«
    »Ja, aber warum denn nicht?«
    »Sie sagen alle, daß sie auf Sie warten wollen, und immer, wenn ich aus der Tür sehe, blicken sie eisern aus dem Fenster. Ich kann sie ja nicht zu mir hereinzerren.«
    »Nein«, gab ich zu, und meine Knie wurden mir weich, »das können Sie natürlich nicht tun.«
    Ich schickte Robin zu Mrs. Pierces bewußtloser Schwiegermutter, und im Wartezimmer, das jetzt zum Bersten gefüllt war, hielt ich eine Ansprache.
    »Dr. Letchworth und ich halten gemeinsam die Sprechstunde ab, und jeder, der möchte, kann zu meinem Assistenten gehen. Er wird sehr bald wieder hier sein, und das würde Ihnen natürlich eine Menge Wartezeit ersparen«, verkündete ich mit gewinnendem Lächeln. Mein Publikum hörte mir ohne Überzeugung zu.
    Ich ging in mein Sprechzimmer und drückte auf den Summer.
    Zwei Stunden später kam Mr. Thrupp herein, der letzte von dreißig.
    »Ich bin ihr letzter!« sagte er und machte es sich auf seinem Stuhl bequem. »Menge Arbeit heute morgen!«
    Aber ich war nicht in der Stimmung, Höflichkeiten auszutauschen. Mr. Thrupp hielt einen großen, viereckigen Korb auf seinem Schoß.
    Ich stempelte heftig das Datum auf ein Rezeptformular. »Wo fehlt’s?«
    »Mir nichts.«
    Ich lehnte mich zurück und wartete.
    »Ich bringe Ihnen was.« Er zeigte auf den Korb auf seinem Schoß.
    »Für mich?«
    »Nun, eigentlich für die Kinder. Sie sagten doch einmal, daß...« Er öffnete den Deckelkorb, und ein junges Hündchen streckte seinen Kopf heraus und blickte mich zappelnd mit lebhaften Augen an.
    »Mit Stammbaum«, sagte Mr. Thrupp. »Es war Glück, daß ich ihn bekam.«
    Meine Gedanken jagten sich. Ein noch nicht stubenreines Hündchen zu all meinen anderen Familiensorgen! Aber wie konnte ich es ablehnen?
    »Ich kenne seine Mutter«, erzählte Mr. Thrupp weiter, »die war gut gebaut und eine wirkliche Lady.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen, Mr. Thrupp, aber Sie hätten sich nicht die Mühe machen sollen...«
    »Das ist keine Mühe. Wir schulden Ihnen allerlei, ich und meine Frau, deshalb meine ich...«
    »Geht es nicht vielleicht...?« Aber nach einem Blick auf das
    von seiner guten Tat überzeugte Gesicht fügte ich hinzu: »Nein, ich glaube, es geht nicht.« Ich ließ Mr. Thrupp aus dem Wartezimmer und, das zitternde Hündchen unter meinen Arm geklemmt, klopfte ich an Doktor Letchworths Tür. Es kam keine Antwort, das Zimmer war leer. Ich warf einen Blick auf den Terminkalender auf seinem Schreibtisch, in den er die Namen aller Patienten eintragen sollte, die bei ihm waren. Da gab es nur eine Eintragung: »Miss Batchelor.« Miss Batchelor war acht Jahre alt und vermutlich

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