Die Liebesgöttin (German Edition)
froh, als Peter plötzlich scharf nach rechts abbog und eine schmale Bergstraße hinauffuhr. Hier und da tauchten die ersten Nadelbäume am Wegesrand auf und spendeten wenigstens etwas Schatten.
Vereinzelt schmiegten sich landestypische Fincas an die Hänge. Von deren Bewohnern war jedoch nichts zu sehen. Lediglich ein paar Ziegen und Schafe trieben sich in der Landschaft herum und suchten sich ihr karges Futter zusammen.
Die Luft wurde klarer und trockener, je höher der Jeep kletterte. Dann verdichteten sich die Nadelhölzerzu einem richtigen Wäldchen. Ein süßer Duft hing in der Luft, den Karel aber nicht eindeutig zuordnen konnte. Er hatte immer schon Probleme mit seinem Geruchssinn gehabt. Der Speicherplatz hierfür war anscheinend in seinem Gehirn nicht angelegt. So etwas – für andere Menschen vergleichsweise Einfaches – wie Geruchswiedererkennung bereitete ihm Kopfschmerzen vor lauter geistiger Anstrengung.
»Wir sind gleich da!«, verkündete Peter. »Sind Sie bereit zu einem kleinen Fußmarsch, Karel?«
»Wohl eher als Sie, wenn ich mir Ihre Kleidung so ansehe. Ich bin mir ganz und gar nicht sicher, ob es klug von Ihnen ist, mit teuren Lederslippern ausgerechnet in den Bergen herumsteigen zu wollen.«
»Keine Angst, wir müssen nicht klettern. Und weit ist es auch nicht. Ich weiß schon, was ich tue. Im Gegensatz zu Ihnen kenne ich die Lage der Finca, zu der ich Sie gleich führen werde, nämlich ganz genau. Amanda hatte mich auch sofort am ersten Tag unserer kleinen Treibjagd hierher gelockt. Ich bekam einen Anruf von ihr auf dem Handy. Sie gab mir eine genaue Wegbeschreibung. Sollte ich mich zwischendurch trotzdem verfransen, war es mir gestattet, mich bei ihr zu melden. Sonst nicht.«
Der Jeep rumpelte mittlerweile über eine holprige Schotterpiste. Weil Karel vollauf damit beschäftigt war, sich am Türrahmen festzuhalten, um nicht zu sehr herumgebeutelt zu werden, gab er keine Antwort. Wozu auch. Fragen waren ohnehin nicht gestattet.
Dann waren sie wohl plötzlich am Ziel, weil Peter denWagen anhielt und im selben Moment auch schon den Motor abstellte. »Das Anschleichspiel kennen Sie doch sicher?«, fragte er. Ihm war offenbar alles erlaubt!
»Ich bin mir nicht sicher, was Sie meinen, Torstedt.«
»Nie Karl May gelesen? Was macht Winnetou, der große Häuptling der Apachen, wenn er seinen Blutsbruder Old Shatterhand aus den Händen der feindlichen Komantschen befreien will, die den weißen Mann bereits am Marterpfahl festgebunden haben? Na …«
»Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Danke für die Nachhilfe. Aber irgendwo festbinden lasse ich mich nicht, das sage ich Ihnen gleich.«
Peter Torstedt blieb todernst. »Wir werden beide Winnetou spielen und uns gleich in die Büsche schlagen. Die Finca, an die wir uns anschleichen werden, heißt übrigens Esmeralda. Die Dame des Hauses, eine Engländerin, nennt sich Salomé, warum auch immer. Sie lebt alleine hier mit ihrem riesigen Hund. Fragen Sie mich bitte nicht nach der Rasse, es ist irgendeine merkwürdige Mischung.«
»Ich werde mich hüten! Zwischenfragen nicht erlaubt …«
»Okay, dann los! Es geht den kleinen Fußweg dort drüben zwischen den Büschen hindurch, dann ein kleines Stück bergab. Nach dem Gefälle müssen wir uns vorsichtig und möglichst leise weiterbewegen. Damit uns vor allem der Hund nicht hört.«
»Vielleicht wird er uns aber riechen!«, gab Karel zu bedenken, der dieses Talentes wegen einen Heidenrespekt vor allen Kötern dieser Erde hatte.
»Wird er nicht. Der Wind steht nicht günstig für ihn hier oben. Oder wir kommen aus der falschen Richtung für seine Nase. Je nachdem, wie man die Sache betrachten will. Außerdem ist Bobby wohl momentan reichlich anderweitig mit Schnüffeln beschäftigt. Sein Frauchen hat sich ein spezielles Vormittagsritual ausgedacht für das liebe Hundchen. Und für sich selbst auch.«
Karel seufzte. »Sie sprechen in Rätseln, Torstedt. Lassen Sie uns gehen, ich bekomme allmählich Hunger. Sieht nicht so aus, als ob wir in dieser Einöde einen Happen zu essen kriegen könnten.«
»Es wird nicht lange dauern. Das nächste Dorf liegt hinter der Hügelkuppe dort drüben. Mit dem Wagen sind wir in einer knappen Viertelstunde dort. Es gibt eine kleine Kirche, einen Minimal-Supermarkt und zwei Tapas-Bars im Ort. Zufrieden? Die Kirche werden wir übrigens nach dem Mittagessen besichtigen.«
»Verspricht, ein hoch interessanter Nachmittag zu werden«, sagte Karel. Gleichzeitig
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