Die Liebesgöttin (German Edition)
den winzigen, zusammengeknäuelten Slip aus seiner Hosentasche, schwenkte ihn kurz über seinem Kopf und warf das Ding dann in weitem Bogen rechterhand aus dem Wagen.
Er hörte, wie Amanda die Luft scharf einsog. Dann sagte sie laut und vernehmlich zuerst »Scheiße« und dann noch: »Du verdammter Mistkerl, du!«
Und da wusste Peter, dass er weit genug ausgeholt und stark genug geworfen hatte.
»Diese Runde geht eindeutig an mich, Hexe!«, sagte er. Mit diesem höchst zufriedenen und selbstsicheren Ausdruck im Gesicht.
Ich werde ihn nie wiedersehen , schwor sich Amanda in diesem Augenblick. Nie wieder!
8
A uf dem Rückweg zur Finca fragte sie sich, wie ihr das hatte passieren können!
Peter war es streckenweise heute tatsächlich gelungen, ihr das Heft aus der Hand zu nehmen, so viel stand fest. Auch wenn sie das nicht gerne zugab.
Okay, vermutlich war es ihm nicht einmal wirklich bewusst. Seine vorsichtige Frage vorhin an der Platane – »Sehen wir uns tatsächlich nicht wieder?« – deutete darauf hin.
Oder er fürchtete, zu weit gegangen zu sein.
Egal. Jedenfalls schien seine Überheblichkeit einen Riss bekommen zu haben. Das war gut. Sie musste also letztendlich doch richtig reagiert haben. Und dann ihre eiskalte Antwort: »So gut warst du nicht, Captain!« – er war sichtbar zusammengezuckt. Ehe sie ihm die Augenbinde abgenommen und dann blitzschnell verschwunden war.
Seine Stimme hatte beinahe flehend geklungen, als er ihr nachrief: »Hexe? Nur ein Wort noch, bitte!« – aber da war sie schon um die nächste Ecke gebogen.
Sie hatte also noch eine Chance!
Dieser Gedanke tröstete Amanda etwas. Immerhin war er ein süperber Liebhaber, dieser Pilot. Und gefährlichkonnte er ihr auch nicht werden, jedenfalls nicht ihrem Seelenfrieden. Dafür sorgte schon sein Job.
Ein- und ausfliegen – das durfte er ruhig ab und an. Auf der Insel, und bei ihr!
Kleine Lieben hatten Vergnügen zu bereiten. Und sonst gar nichts.
Sobald es langweilig, schwierig oder vielleicht sogar nervenaufreibend wurde, endete eine kleine Liebe naturgemäß.
Was den Belastungen standhielt, war etwas anderes – sexuelle Hörigkeit oder – im besten aller Fälle – eine große Liebe.
Sie würde dieser kleinen Liebe eine weitere Chance einräumen. Aber vorher würde sie Peter erst einmal gehörig zappeln lassen. Er hatte es sich verdient.
Auf dem Rückweg zur Finca nahm Amanda eine andere Route. Sie folgte von Guía de Isora aus der Hauptstraße, bis sie nach Chio kam.
In dem Ort gab es eine Tapas-Bar, in die sie sich ab und zu gerne setzte, um einen Café Cortado zu trinken und ihren Gedanken nachzuhängen. Manchmal bestellte sie auch eine Portion von dem würzigen Manche-go -Käse, dazu grüne Oliven aus dem Fass und Weißbrot. Hin und wieder auch ein Glas Rotwein. Aber das nur an Tagen, an denen sie nichts mehr arbeiten wollte. Hinterher, im Atelier.
Der Besitzer der Bar – Manuel – kannte sie. Er respektierte es, wenn Amanda alleine bleiben und an einem kleinen Ecktisch auf einem mitgebrachten Notizblockihre Skizzen zeichnen wollte. Wenn es sie nach einem Schwätzchen gelüstete, brauchte sie sich einfach bloß an die lange Bartheke zu setzen.
Manuel war ein Bär von einem Mann. Groß und dunkel, stets mit einem Bartschatten im Gesicht. Ursprünglich stammte er von Gomera, aber die kleine Nachbarinsel Teneriffas bot wesentlich weniger Möglichkeiten, um ein einigermaßen befriedigendes Auskommen zu verdienen.
Er begrüßte Amanda freundlich, aber knapp, und ohne ein Lächeln, wie es seine Art war.
»Hola, Señora! Buenos …« – wobei Buenos die Kurzform für »Guten Tag« bedeutete. Die wortkargen Gomerer schenkten sich normalerweise den Zusatz Días für Tag. Nur Fremde kamen in den Genuss der vollen Begrüßungsfloskel. Wer sich länger auf den Inseln herumtrieb, von dem wurde einfach erwartet, dass er verstand, worum es ging.
»Hola, Manuel!«, grüßte Amanda zurück. »Todo bien?« (»Alles gut?«)
»Sí, bien!«, bestätigte er und nickte ihr zu. »Cortado?«
»Sí, por favor.«
Sie schwenkte hinüber zu »ihrem« Ecktisch, der meist frei war, und setzte sich. In ihrem Rücken zischte bereits der Kaffeeautomat lautstark.
Zwei Minuten später brachte Manuel das kleine Glas mit dem starken Cortado vorbei. Dabei berichtete er knapp: »Ricardo war gestern Abend hier. Er hat nach Ihnen gefragt, Señora. Ich soll Sie grüßen von ihm.«
»Danke, Manuel. War Ricardo okay?«
»Wie immer!«, sagte der
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