Die Liebesgöttin (German Edition)
erinnerte.
Amanda arbeitete wie im Rausch. Als sie fertig war, lag die Skizze von Salomés Büste vor ihr. Der – ebenfalls faltige – Ansatz der Brüste war gerade noch erkennbar.
Die Künstlerin nickte zufrieden. Sie würde nach Hause fahren und sich so bald wie möglich an die Arbeit machen. Die fertige Skulptur würde später den Titel Alternde Liebesgöttin erhalten.
Amanda notierte die Worte noch rasch auf dem Skizzenblatt und fügte das Datum darunter an. Schließlich noch ihre Signatur. Fertig.
Auf dem Heimweg war sie zufrieden mit sich. In letzter Zeit hatte sie wenig Ideen produziert für ihre Arbeit. Aber diese Büste der alternden Salomé würde ihr gelingen, das spürte sie deutlich.
Und danach würde sie sich einem ganz anderen Themenkreis zuwenden, nahm Amanda sich vor: sie wollte wieder mehr Erotik in ihre Arbeiten bringen.
Ihr schwebte plötzlich dieses Bild vor Augen: ein weiblicher und ein männlicher Körper lustvoll ineinanderverschlungen. Nackt, schamlos, und dabei höchst stimulierend. Vereint in tiefster körperlicher und seelischer Harmonie.
Seitdem Adrian gegangen war, war auch dieses Bild des nackten Liebespaares aus ihrer Imagination verschwunden gewesen. Um ausgerechnet heute wieder aus den Untiefen von Amandas Unbewusstem aufzutauchen.
Als sie nach Hause kam und aus dem Jeep kletterte, sprang ihr Rasputin unter einem Busch hervor entgegen.
»Na, du?«
Der Kater maunzte anklagend und starrte sie aus meergrünen Augen durchdringend an.
Sie wusste, was das zu bedeuten hatte. »Komm in die Küche. Ich habe noch eine Dose Thunfisch für dich«, sagte sie.
Sie füllte das Futter für den Kater in seinen Napf. Als der Duft der Fischkonserve ihre Nase kitzelte, bemerkte Amanda erst, wie hungrig sie selbst war. Seit dem Frühstück hatte sie nichts mehr zu sich genommen, fiel ihr ein. Außer den beiden Cortado-Kaffees vorhin in Manuels Bar in Chio .
Jetzt aber war es bereits mitten am Nachmittag.
Sie machte sich ein Schinkenbrot zurecht und schenkte sich dazu ein kleines Glas Rotwein ein. Sie war ohnehin schon müde, da würde der Wein auch nichts mehr schaden.
Anschließend konnte sie ja ein Stündchen schlafen. Oder zwei. Sie war schließlich allein, da konnte sie machen,was sie wollte. Wein am Nachmittag. Oder bis spät in die Nacht hinein arbeiten. Es hatte sein Gutes, wenn man die große Liebe verlor! Die Zeitersparnis war enorm.
Als sie sich wenig später in ihrem zerwühlten Bett zurechtkuschelte, kitzelte sie ein unbekannter Duft an der Nase. Unbekannt, und doch seltsam vertraut.
Zuerst war sie verwirrt, ehe ihr schließlich dämmerte: Es war Peter, ihre kleine Liebe, nach der es hier roch.
Sie musste lachen, und dann war sie auch schon eingeschlafen.
Irgendwann hörte sie wie von weither das Telefon unten klingeln. Aber sie wachte nicht wirklich auf davon. Sie murmelte unwillig etwas in ihr Kissen und warf sich herum, in eine neue bequeme Position.
Das Telefon klingelte noch ein- oder zweimal, dann schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Schließlich machte es KLICK. Der unbekannte Anrufer hatte einfach aufgelegt.
Eine halbe Stunde später läutete das Telefon wieder. Dieses Mal erwachte Amanda davon.
Ihr Herz flatterte, und der Atem ging stoßweise. Sie hatte geträumt, verwirrend klar und in deutlichen Bildern.
Als jetzt der Lärm des Telefons in ihr Bewusstsein drang, war sie fast dankbar dafür. Es war kein schöner Traum gewesen.
Sie raffte sich auf und wankte dann schlaftrunken die Treppe hinunter. In diesem Moment hörte der verdammte Kasten natürlich mit der Klingelei auf.
Amanda ging trotzdem noch ran, aber nur ein aufdringliches Tuten drang aus dem Hörer.
Auf dem Anrufbeantworter hörte sie nur das Klicken.
Merkwürdig , dachte sie.
All ihre Freunde und auch die Mutter, die in London lebte, hinterließen doch immer wenigstens eine kurze Nachricht. Oder versuchten es anschließend sofort auf dem Handy.
Dann fiel ihr der Traum von vorhin wieder ein.
Adrian!
Sie hatte von Adrian geträumt. Sein Gesicht stand immer noch deutlich vor ihren Augen. Deswegen hatte ihr dummes Herz auch so gehämmert beim Aufwachen.
Und plötzlich war sie sich völlig sicher: Das war Adrian gewesen, da eben am Telefon!
Er allein hatte sich stets geweigert, auf Anrufbeantwortern oder in Handy-Mailboxen (ganz egal, wer der Empfänger sein mochte) Nachrichten zu hinterlassen.
Amanda ging wieder ins Bett. Sie fühlte sich eigenartig schwach und wollte dennoch unbedingt
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