Die Liebesgöttin (German Edition)
sublimiert. Sprich spirituell aufgelöst!«, wunderte sie sich laut.
»Im Prinzip habe ich das auch. Ich schlafe nicht mehr mit anderen Menschen. Salomé hilft mir lediglich dabei, gewisse Lebenssäfte loszuwerden, die ansonsten nur meinen klaren Verstand trüben würden. So ist es doch viel angenehmer, als sich selbst darum kümmern zu müssen. Die Behandlung nenne ich übrigens MUST, wie das englische Wort für müssen. Es ist ganz einfach die Abkürzung für Massage und Sextherapie.«
»Gnadenlos gut, großer Meister. Meine aufrichtige Bewunderung ist dir sicher.«
Auf eine Handbewegung Ricardos hin ließ sich Amanda gehorsam im Schneidersitz auf der Decke nieder, die eben noch als Behandlungsliege für seine spezielle Art von Eigentherapie gedient hatte.
MUST für Massage-Und-Sex-Therapie. M-U-S-T
MUST für »ein Muss« und »müssen«. Kurz und bündig und aussagekräftig. GENIAL.
Er musste seinen Überdruck loswerden, das war ein naturgegebenes MUSS. Und die exzentrische Engländerin durfte an ihm zu diesem hehren Zwecke die MUST-Therapie anwenden (müssen). Es war sogar besser, es war doppelt genial!
Ricardo sollte sich das Verfahren glatt patentieren lassen. Damit die restliche Männerwelt auch in den Genuss käme. Auf Krankenschein am besten, kam es Amanda in den Sinn.
Woher nehme ich bloß immer diese ketzerischen Einfälle?, fragte sie sich kurz darauf, ehe sie fortfuhr: »Aber warum ausgerechnet Salomé?«
»Sie und ich sind über ein starkes Karma von früher her verbunden«, erklärte der alte Mann seelenruhig. »Wir lebten damals beide im Mittelalter, zur Zeit der Hexenverfolgungen. Salomé hätte fast dran glauben müssen. Ich habe sie gerettet vor den Flammen. Dafür haben sie dann aber mich auf den Scheiterhaufen gezerrt. Sie hat immer gefühlt, dass sie mir etwas schuldet, sagte das liebe Mädchen erst neulich. Deshalb will sie auch keine wie auch immer geartete Bezahlung annehmen für ihre Behandlungen.«
»In meinen Augen ist diese verrückte Engländerin ganz einfach mannstoll wie die Hölle!«, entfuhr es Amanda.
Sie ärgerte sich gleich darauf über ihre Impulsivität. Aber leider erinnerte sie sich noch zu gut daran, wie schamlos Ricardos MUST-Therapeutin sich gegenüber Adrian aufgeführt hatte. Da biss die berühmte Maus keinen Faden ab – die Dame hatte ein gottverdammtesWespennest im Hintern. Oder zwischen den Beinen, je nachdem …
»Mein liebes Mädchen. Deine Eifersucht ist dringend therapiebedürftig, weißt du das? Du tust dir damit selbst nichts Gutes, Amanda!«, mahnte Ricardo sanft. »Du häufst dir nur schlechtes Karma an, denk daran.«
Er kniete sich hinter ihr auf den Boden und legte behutsam seine beiden knochigen Hände auf ihre Schultern.
Vorsichtig begann er zu drücken und zu kneten, auf einige Punkte in Nackennähe presste er auch nur seine Daumen.
Beinahe hätte Amanda angefangen, wohlig zu schnurren wie Rasputin.
Sie fühlte sich augenblicklich entspannt, auf angenehme Weise müde und doch gleichzeitig auch hellwach im Kopf.
»Jede Menge Knoten da drinnen«, murmelte Ricardo. »Du hast bei beiden Männern und all dem wilden Sex der letzten Jahre noch längst nicht deine wahrhaft erotische Mitte gefunden, mein Kind.«
»Woher weißt du jetzt das schon wieder? Von dem anderen Mann, meine ich!« – Amanda wunderte sich selbst, wie sanft und ruhig ihre Worte klangen unter der Schulter-Nacken-Massage, die der Meister ihr eben angedeihen ließ.
Normalerweise hätte sie an der Stelle entweder übertrieben laut gelacht oder herumgezickt – nach dem Motto: Meine Bettgeschichten gehen nur mich etwas an. Außerdem HABE ich meine erotische Mitte längst gefunden und bin bloß dabei, sie voll und ganz auszuleben … Nonsense in der Richtung jedenfalls.
»Ich kann deine Gedanken lesen, Amanda, meistens jedenfalls. Das weißt du doch«, sagte Ricardo. »Und du bist heute ohne vorherige Anmeldung zu mir gekommen, weil dir etwas im Zusammenhang mit diesen beiden Männern arg auf der Seele liegt. So ist es doch?«
Wie ein echter Feigling wich sie zunächst einmal aus, und natürlich mit einer Gegenfrage!
»Wann gedenkst du eigentlich deinen besonderen Liebling mal wieder zu füttern, Ricardo? Ich habe mir sagen lassen, eine Pythonschlange sollte etwa jede dritte Woche ein Beutetier bekommen.«
»Richtig, mein Mädchen. Leider bin ich zur Zeit äußerst beschäftigt. Zu viele Menschen suchen mittlerweile meinen Rat. Könntest du nicht dieses eine Mal wenigstens
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