Die Liebesgöttin (German Edition)
von ihr und der chinesischen Baumviper geschossen hatte, war sie fasziniert gewesen. Wobei jene Situation tatsächlich gefährlicher war – des Giftes wegen – als diejenige mit Peter und dem Python.
Außerdem war die Vipernart bekannt dafür, auf Störungenungeheuer gereizt und blitzschnell zu reagieren. Mit Zubeißen nämlich.
Ricardo hatte sie beide – Amanda und Adrian – genauestens über den richtigen Umgang informiert gehabt, aber dennoch … die mögliche Gefahr lag natürlich immer in der Luft. Selbst wenn man in Betracht zog, dass die geringe Menge Gift, über die diese Schlangenart naturgemäß nur verfügte, Amanda nicht hätte töten können – eine Herausforderung besonderer Art war diese Fotosession dennoch gewesen.
Mit Adrian als Schlangenmeister …
Die Idee zu einer neuen Skulptur wurde dabei geboren –
Liebesgöttin mit Schlange
Adrian hatte diese Worte geflüstert, mit dem Finger auf dem Auslöser.
Die verschiedenen Skizzenstudien zum Thema waren mittlerweile angefertigt. Aber noch hatte Amanda nicht die Zeit und vor allem die innere, schöpferische Kraft gefunden, um die Arbeit in Angriff zu nehmen.
Ja, wenn Adrian noch hier wäre – die Skulptur wäre sicher längst in dieser bekannten Galerie in New York ausgestellt. Vermutlich bereits verkauft, für horrendes Geld.
Aber Adrian war nicht mehr hier …
Dafür war dann Amanda in seine Rollen geschlüpft und hatte sich ein männliches Opferlamm gesucht: Peter, den Piloten.
Sie fragte sich, ob sie damit vielleicht eine Form von subtiler Rache ausübte?
Es musste wohl so sein, anders konnte sie sich ihr eigenes Verhalten Peter gegenüber nicht erklären.
Sie hatte ihm – und sich – nie die geringste Chance gegeben, zu einer einigermaßen normalen Beziehung zu gelangen. Schlimmer noch, sie hatte ihrer kleinen Liebe kein wirkliches Mitspracherecht eingeräumt. Peter war ihr und ihren Launen von Anfang an ausgeliefert gewesen.
Kein Wunder, dass er dieses Mal reagiert hatte, auf seine Weise aggressiv. Wobei er, um mit Katrin zu sprechen, nicht einmal schlecht abgeschnitten hatte.
Humor und Einfühlungsvermögen!
O ja, bei Licht betrachtet, beide positiven Eigenschaften hatte er durchaus bewiesen, der Süße!
Er verdiente, weiß Gott, eine weitere Einladung. Wenn er sie denn annahm. Vielleicht hatte er auch längst die Nase voll von Amanda und ihren Allüren?
Und warum, um Himmels willen, waren sie dereinst einmal – in welchem merkwürdigen Jahrhundert auch immer – zusammen baden gegangen?
Was hatten sie angestellt und warum? Wofür hatte man sie verurteilt?
Amanda trat heftig aufs Gaspedal, als sie den runden hohen Felsbogen auftauchen sah. Bald würde sie mehr wissen, mit ein bisschen Glück! Hinter dem Felsbogen begann das Gelände, auf dem sich Ricardos Höhle befand.
Sie parkte den Jeep wie immer unmittelbar hinter dem Felsbogen im Schatten eines riesigen Nadelbaumes. Dieletzten paar hundert Meter legte man ohnehin besser zu Fuß zurück. Zu viel Geröll und Vulkangestein machten den Weg für Autos fast unpassierbar. Deswegen hing Ricardos Postkasten auch etwas windschief am Stamm des Nadelbaumes.
Leichtfüßig legte sie die letzten Meter zurück. Noch eine Felsbiegung und mehrere Bäume und Sträucher trennten sie von ihrem Ziel, als Amanda plötzlich Stimmen hörte.
Eine männliche und eine weibliche, letztere gurrte und lachte abwechselnd.
Ricardo musste demnach Besuch haben.
Verdammt, damit hatte sie nicht gerechnet! Da war auch kein anderer Wagen gewesen. Jedenfalls nicht auf dieser Seite des Berges. Die Besucherin musste also von weiter nördlich stammen.
Amanda wollte bereits wieder umkehren. Sie würde lieber morgen wiederkommen. Jedenfalls um keinen Preis ihre Träume vor einer dritten Person ausbreiten.
In diesem Moment lachte die Frau laut und übertrieben schrill auf.
Salomé!
Nur die verrückte Engländerin konnte dermaßen ordinär lachen. Auch lag die Finca Esmeralda in nördlicher Richtung. Was erklärte, dass ihr Wagen auf der gegenüberliegenden Seite des Hangs abgestellt sein musste.
Von plötzlicher Neugier getrieben, beschloss Amanda, ein kleines Anschleichspiel zu spielen. Wie seinerzeit mit ihren beiden Brüdern. Sie war meistens als Siegerindaraus hervorgegangen, weil sie wirklich gut gewesen war in der Kunst des sich leise Anpirschens.
Die Fähigkeit zahlte sich auch jetzt wieder aus.
Auf dem kleinen Vorplatz vor Ricardos Felsenhöhle lag eine bunte Patchworkdecke
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