Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
Vom Netzwerk:
zu kichern. Für Beppo bedeutete die Beförderung Luigis nur einen weiteren Schlag ins Gesicht, eine weitere Gelegenheit für die zwei, sich in der Küche zusammenzurotten und schlecht über ihn zu reden.
    Beppo kochte vor Wut. Er machte sich einen kranken Spaß daraus, falsche Bestellungen in die Küche zu schicken, nur, um das Essen zurückzubringen und zu sagen: «Sie haben es sich anders überlegt», oder: «Sie sagen, die Minestrone schmeckt wie Spülwasser. Wahrscheinlich hat Luigi sie gekocht!» Woraufhin es wieder zu Beschimpfungen, fliegenden Tellern und Türknallen kam.
    «So kann es nicht weitergehen», sagte Cesare. «Unser schönes Zuhause hat sich in ein Schlachtfeld verwandelt.»
    Aber Maria küsste ihn nur und sagte: «Sie sind Brüder. Sie werden sich wieder zusammenraufen.»
    Das war keine große Hilfe. Maria gab sich immer viel Mühe mit der Speisekarte, und eines Tages erfand sie eine neue Pizza, die sie «Pizza Luigi» nannte.
    «Was ist mit mir?», fragte Beppo. «Wann erfindest du die ‹Pizza Beppo›?»
    «Das habe ich vor», sagte Maria, «aber zuerst muss ich genug Arschlöcher für den Belag auftreiben.»
    Das kostete den Goldenen Engel eine weitere Tasse und ein halbes Dutzend Teller.
    «Lade sie auf ein Getränk ein», riet Maria. «Wenn sie nur in Ruhe ein paar Bier zusammen trinken können, werden sie ihren Streit begraben.»
    Beppo hätte den Vorschlag nur zu gern angenommen, selbst wenn ein solches Treffen auf Kosten seiner freien Trinkzeit gegangen wäre. Aber Luigi weigerte sich standhaft. JedenAbend hängte er nach getaner Arbeit seine Schürze an den Haken und eilte zu der kleinen Wohnung, die er sich mit Zoltan teilte, einem milchgesichtigen Kellner mit dickem Schnurrbart, dem ständig eine lange, dunkle Strähne in die Stirn fiel. Niemals luden die zwei Gäste zu sich ein. Niemals gingen sie aus.
    Cesare fragte sich, wie die beiden ihre Zeit verbrachten.
    «Sie spielen Vater-Mutter-Kind», schnaufte Beppo, woraufhin Maria an der Wand hinter seinem Kopf eine weitere Tasse zerbrach.
    Ein wahres Wort, dachte Cesare bei sich.
    Und nur wenige Tage später entdeckte Cesare, als er am Morgen in den Laden kam, Zoltan an einem Ecktisch. Der Eimer mit dem Wischwasser dampfte neben ihm, der Mopp war unbenutzt.
    «Was ist mit dir los?», fragte Cesare.
    «Ich habe einen Brief bekommen. Meine Eltern wollen mich besuchen.»
    «Was ist schlecht daran, warum hält es dich davon ab, meinen Fußboden zu wischen?»
    Zoltan stand auf und stützte sich auf den Mopp. «Meine Eltern hassen mich.»
    «Und jetzt regst du dich auf, weil du sie zurückhassen musst. Ist es das?»
    «Sie hassen mich, weil ich ihnen geschrieben habe, ich lebte mit einer Frau zusammen. Jetzt kommen sie, um sie kennenzulernen.»
    «Und du wirst wie ein Esel dastehen, weil es keine Frau gibt. Selbst schuld. Warum in aller Welt hast du ihnen diese dumme, grausame Lüge erzählt?»
    «Um ihnen etwas noch viel Schlimmeres zu ersparen», erwiderteZoltan, ließ den Mopp ins Wasser klatschen und begann, den Boden zu wischen.
    «Mach deine Arbeit», sagte Cesare. Er stellte sich an die Kaffeeorgel und tat so, als habe er nicht verstanden.
    Aber es gab kein Verstellen mehr, als wenige Minuten später die Tür aufschwang und Luigi hereinkam. Gerechterweise sollte man erwähnen, dass er wunderhübsch aussah, und Cesare konnte nicht anders, als sich den Hals nach der dunkelhaarigen Schönheit zu verrenken, die, wildgelockt und auf hohen Absätzen, ins Restaurant geschwebt kam. Aber als sie den Mund aufmachte – «Ich bin Louisa, und von nun an arbeite ich hier»   –, fiel dem verblüfften Cesare die Kinnlade herunter. Er war tatsächlich so verblüfft, dass er sich nicht vom Fleck rührte, als «Louisa» – nicht, ohne dem lächelnden Zoltan zuzuwinken – schnurstracks in die Küche marschierte.
    Die Tauben auf der Kuppel der Kathedrale stiegen in einer Wolke auf, als sie Maria schreien hörten. Maria kam heulend aus der Küche gerannt, sie hatte sich die Schürze über den Kopf gezogen und krachte blindlings in den nächsten Tisch.
    Nur Beppo blieb ruhig. «Ich habe es immer gewusst», sagte er. «Wie konntet ihr das nur übersehen?» Er ging in die Küche und sagte: «Willkommen, Schwester. Ich liebe dich.»
    Kommen Sie. Verlassen wir den Goldenen Engel, lassen wir uns durch die Schlossstraße und über die Weiße Brücke treiben, über den Rathausplatz, die grüne Rathaustreppe hinauf und hinein ins Arbeitszimmer des guten Tibo

Weitere Kostenlose Bücher