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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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herumschleppte.
    »Sie haben gesagt, Sie hätten das Geld da.«
    »Das hatte ich auch. Aber Karin hat es mitgenommen.«

    »Karin?«
    »Die Frau, die …« Er unterbrach sich, bevor er sagte: »… die Sie erschlagen haben.« Es war sicher keine gute Idee, das ausgerechnet jetzt zu erwähnen. »Die Frau in dem Ferienhaus. Sie hatte das Geld. Ich kann nichts dafür, dass Sie es nicht gefunden haben.«
    Im Augenwinkel sah er, dass Anne sich bewegte. Lieg still, dachte er, als wollte er sie telepathisch erreichen. Zieh nicht seine Aufmerksamkeit auf dich, nicht jetzt.
    Die andere Frau sagte etwas auf Litauisch. Sie wand sich und versuchte, sich zu befreien. Der Mann antwortete ihr kurz und scharf, worauf sie den Kampf aufgab. Auch sie hatte geweint, das sah er jetzt.
    »Sie wusste nicht, wo es war«, sagte der Litauer und sah Jan direkt an. »Sonst hätte sie es gesagt.« Er hob die Pistole und richtete sie auf Aleksanders Kopf. »Letzte Chance. Don’t fuck with me.«
    Jan machte den Mund auf, aber es kam kein Wort, kein Laut. Womöglich starb Aleksander, weil dieser Idiot nicht wusste, was eine Online-Überweisung war, dachte er paralysiert. Er ging ein wenig in die Knie und erwog, sich auf ihn zu stürzen, ihm die Pistole aus der Hand zu reißen oder ihn wenigstens dazu zu bringen, Aleksander loszulassen, irgendetwas, nur um dieses quälende Gefühl der Ohnmacht abzuschütteln.
    »Ich weiß, wo das Geld ist«, kam es in diesem Augenblick klar und nüchtern von Anne, in perfektem British English.
    Der Litauer wandte den Blick ab und überlegte wahrscheinlich, ob Anne die Wahrheit sagte.
    Verdammt, Anne, dachte Jan. Siehst du denn nicht, dass man diesem Mann nichts vormachen kann?
    »Das stimmt nicht«, sagte er eilig. »Sie weiß nichts.«

Der Mann hatte bereits ein Taschenmesser aus dem Durcheinander
in der Werkzeugkiste gefischt, mit dem er Annes Klebestreifen durchschnitt, damit sie sich aufsetzen konnte. An den Stellen, wo das Messer die Haut geritzt hatte, lief Blut über ihr Handgelenk, aber sie schien es nicht einmal zu bemerken.
    »Show me«, befahl der Litauer.
    Anne nickte. »Ich werde es holen«, sagte sie. »Aber das dauert einen Moment.«
    Wenige Minuten später war sie wieder da, mit zwei großen gelben, gepolsterten Briefumschlägen in der Hand. Jan sah ungläubig zu, wie sie die Umschläge umdrehte und dicke Bündel grüner 1000-Dollar-Scheine auf den Boden fielen.
    Anne hatte das Geld genommen. Nicht Karin. Die Erkenntnis löste ein Rauschen in seinen Ohren aus.
    »Anne … was … warum?«
    Der Litauer starrte auf den Geldhaufen und schien sich in diesem Augenblick nicht daran zu stören, dass sie Dänisch miteinander redeten.
    »Ich habe schon vor mehr als zwei Jahren beschlossen, dich zu verlassen«, erklärte Anne. »Aber weißt du, weshalb ich nicht gegangen bin? Wegen des verfluchten Dialyseapparates im Keller. Als ich die Aktentasche auf Karins Bett entdeckt und gesehen habe, was darin lag, war plötzlich alles so klar. Geld. Bargeld. Ich hatte keine Ahnung, wozu du es brauchtest, war mir aber sicher, dass du nicht die Polizei alarmieren würdest, falls es verschwindet. Mit diesem Geld könnte ich mich auch ohne deine finanzielle Unterstützung angemessen um Aleksander kümmern.«
    »Aber …«
    »Du begreifst es noch immer nicht, oder? Wahrscheinlich denkst du, es wäre wegen deiner dreckigen kleinen Affäre mit Karin. O ja, ich hab davon gewusst. Aber darum geht es nicht. Mein Gott, das ist nicht der Grund. Du warst auf dem
besten Wege, Aleksander umzubringen, bist du dir eigentlich darüber im Klaren? Du wolltest ihm eine Niere spenden. Du würdest das schon alles regeln. Weil es um nichts in der Welt nach außen dringen sollte. Du warst dabei, Aleksander umzubringen, weil mein Vater auf keinen Fall erfahren sollte, dass du nicht in der Lage bist, ein Kind zu zeugen . Jetzt könnt ihr euch ja zusammentun, du und er. Mich braucht ihr doch im Grunde genommen gar nicht.«
    Jan hörte die Worte, aber sie erreichten ihn nicht wirklich. Er sah, dass der Litauer Aleksander losgelassen hatte. Der Junge schluchzte und stürzte zu Anne, die die Arme um ihn legte und ihn an sich drückte, ohne darauf zu achten, dass sie das Blut von ihrem Handgelenk in seinen blonden Haaren verschmierte.
    »Aufsammeln«, kommandierte der Litauer. »Und wieder in die Tasche packen.«
    Jan brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass der Litauer ihn meinte. Sein Körper war ihm irgendwie fremd, als hingen die Zellen

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