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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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der schwere Körper zur Seite, und jemand half ihr, sich aufzusetzen. Keuchend und bebend holte sie Luft und sah zu, wie die magere Frau, die ihr erneut zu Hilfe gekommen war, neben dem zuckenden Körper des Mannes niederkniete. Sie hatte kein Oberteil an, bloß einen weißen BH, und es sah aus, als hätte ihr jemand rote Farbe auf den Oberkörper gespritzt. Nein, keine Farbe. Blut. Auch an der Wand war Blut, ein langer roter Spritzer, wie aus einer Spraydose. Die Frau presste ihre Hände auf den Hals des Mannes, aber trotzdem spritzte in regelmäßigen Stößen Blut zwischen ihren Fingern hervor. Der Hals des Mannes war auf der ganzen Seite aufgerissen, und Sigita wurde bewusst, dass sie das getan haben musste. Sie hatte aufs Geratewohl geschossen und zweimal den Rückstoß der Pistole gespürt, ohne zu wissen, ob oder wo sie ihn getroffen hatte. Jetzt sah sie, dass ihm eine Kugel ins Bein und die andere in den Hals gedrungen war. Wenn er starb, war sie es, die ihn getötet hatte.
    »Mikas?«, fragte sie atemlos.
    »Er ist okay«, sagte die dunkelhaarige Frau, ohne aufzublicken, aber Sigita bekam nicht genug Luft, um zu fragen, was sie unter »okay« verstehen sollte. Wo war er? Hatte er Angst? War ihm etwas zugestoßen?

    Die kaputte Tür wurde langsam aufgeschoben, und Anne Marquarts Kopf kam zum Vorschein. Es sah fast komisch aus.
    »Gibt es noch mehr Verletzte?«, fragte die dunkelhaarige Frau scharf.
    »Nein«, antwortete Frau Marquart und starrte auf das viele Blut und den mächtigen, am Boden liegenden Körper. »Keiner … von uns.«
    Die dunkelhaarige Frau beugte sich noch tiefer über den Mann, der Mikas entführt hatte, und sagte etwas, das Sigita aber nicht verstand. Er antwortete nicht. Kurz darauf stieß er einen leisen, langgezogenen Seufzer aus. Das Blut spritzte jetzt nicht mehr so stark aus der Wunde.
    Sigita stand langsam auf. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch ihre eigenen Haare, ihr Hals und ihre Bluse voller Blut waren. Voll von seinem Blut. Ihre Haut kribbelte. Irgendwie war es schlimmer, als wenn es ihr eigenes Blut gewesen wäre. Schmutziger. Sie hörte Anne Marquart etwas auf Dänisch sagen, vielleicht zu Aleksander, der sich noch immer irgendwo hinter der demolierten Tür befand und hoffentlich nichts von alldem sah.
    »Können wir irgendetwas tun?«, fragte Sigita schließlich. Die Frau antwortete nicht gleich. Sie beugte sich noch immer über den Mann und presste ihm die Hände auf den Hals. Sigita konnte ihre Rückenwirbel zählen und sah, dass ihre Schultern vor Anstrengung zitterten.
    Kurz darauf sackten ihre Schultern nach unten, und sie richtete sich auf.
    »Er ist tot«, sagte sie.
    Sigita starrte auf den großen, schweren Körper.
    »Ich habe ihn erschossen«, flüsterte sie. Ohne genau sagen zu können, was sie dabei fühlte. Plötzlich kam ihr der Schwur in den Sinn, sollte jemand Mikas etwas antun. Wenn ihr meinem Jungen etwas antut, bringe ich euch um. Musste man so
eine Tat erst in Gedanken durchspielen, um sie begehen zu können? Oder wurde ein Ereignis erst dadurch wirklich, dass man es in Gedanken durchspielte? Sie hatte es sich vorgestellt und es tatsächlich getan. Nur dass sie jetzt weit entfernt von der Ruhe war, die sie damals gespürt hatte.
    »Sie irren sich«, sagte Anne Marquart leise und bückte sich, um die Pistole aufzuheben. »Ich war es, die ihn umgebracht hat.«
    Sigita sah sie verblüfft an. Wie meinte sie das?
    Anne wirkte ganz ruhig, als sie sorgsam die Waffe abwischte.
    »Achtung«, sagte sie und feuerte einen wohlüberlegten Schuss auf den Türrahmen ab.
    »Das ist sicher die beste Lösung«, sagte die Dunkelhaarige nachdenklich. »Die Polizei wird Ihrer Aussage ganz sicher glauben.«
    Endlich verstand Sigita. Sie war eine Fremde hier, eine Ausländerin ohne Glaubwürdigkeit, Geld oder Verbindungen. Sie erinnerte sich daran, wie lange es gedauert hatte, bis Gužas ihr geglaubt hatte, und der war sogar ein Landsmann.
    »Ich musste es tun«, erklärte Anne mit einem Blick auf den am Boden liegenden Mann. »Es war Notwehr.«
    Sigita musste schlucken. Dann nickte auch sie.
    »Selbstverständlich«, sagte sie. »Sie mussten Ihr Kind verteidigen.«
    In diesem Moment, als sie sich ansahen, geschah etwas. Plötzlich war da eine stumme Übereinkunft. Kein Handel, eher eine Art … Pakt.
    »Nicht Mikas’«, sagte Sigita. »Aber meine. Er kann meine bekommen. Wenn sie passt.«
    »Sie sollten jetzt lieber gehen«, meinte Anne. »Aber ich hoffe, dass Sie bald

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