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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht hier waren.«
    »Aber es hat keine … Probleme gegeben?«
    »Sigita … auf was wollen Sie hinaus?«
    Sie wusste nicht, wie sie es sagen sollte. Sie hatte Algirdas nie wirklich in ihr Privatleben eingeweiht, und es widerstrebte ihr, ausgerechnet jetzt damit anzufangen. Wenn aber … wenn nun aber Mikas’ Verschwinden irgendwie mit ihrer Arbeit zusammenhing?
    »Mikas ist verschwunden.«
    Er wusste, dass sie einen Sohn hatte. Sie hatte ihn letztes Jahr zum Weihnachtsfest für die Kinder der Angestellten mitgenommen.
    »Mikas? Ihr kleiner Junge?«
    »Ja, jemand hat ihn entführt.«
    Es entstand eine peinliche Pause. Sie spürte förmlich, dass Algirdas sich fragte, was das mit ihm zu tun hatte oder ob ihn das in irgendeiner Weise in Schwierigkeiten bringen könnte. Algirdas war im Großen und Ganzen ein angenehmer Arbeitgeber, freundlich, locker und ganz sicher kein Tyrann. Trotzdem dachte sie manchmal, dass seine Angestellten für ihn so etwas waren wie für sie ihr Computer: Sie mussten funktionieren - wie es in ihnen aussah, war ihm egal.

    Jetzt funktioniere ich nicht mehr, dachte sie. Und er weiß nicht, wen er anrufen soll, um mich reparieren zu lassen.
    »Hat das … hat das etwas mit Ihrer Gehirnerschütterung zu tun?«, fragte er schließlich.
    »Das ist denkbar. Ich selbst kann mich an die Geschehnisse nicht erinnern. Ich dachte, Mikas wäre bei Darius, aber dort ist er nicht.«
    »Aber warum fragen Sie nach Dobrovolskij?«
    »Pavel Dobrovolskij fährt einen silberfarbenen Cayenne. Und Mikas wurde in einem silbernen oder grauen Allradfahrzeug fortgeschafft.« Sie wusste ganz genau, dass sie die Fakten etwas verdrehte und ihrem Verdacht mehr Gewicht gab, als er eigentlich hatte. Aber wenn Dobrovolskij dahintersteckte, gehörte Mikas nicht zur zweiten Kategorie. Dann gab es eine Chance herauszufinden, was Dobrovolskij wollte, damit er ihr Mikas zurückgab.
    »Sigita, entschuldigen Sie bitte, aber sind Sie noch ganz bei Trost? Warum zum Henker sollte Dobrovolskij Ihren Sohn entführen? Außerdem glaube ich, dass Pavel den Cayenne schon wieder verkauft hat. Er hat jedenfalls mal gesagt, dass es vollkommen aussichtslos sei, mit diesem Monster in Vilnius einen Parkplatz zu finden. Waren Sie bei der Polizei?«
    »Ja.«
    »Dann überlassen Sie denen das.«
    »Aber die tun doch nichts! Da sitzt bloß ein einzelner Beamter und spielt mit seinem Kugelschreiber.«
    »Mit seinem Kugelschreiber?«
    »Ja, er sagt, er würde Mikas zur Fahndung ausschreiben, aber ich glaube nicht, dass das etwas bringt. Die Kinder, bei denen es keinen persönlichen Hintergrund gibt, werden nie gefunden.« Sie hörte selbst, wie konfus sie redete und dass ihr Auftreten ungeschickt war. So konnte sie Algirdas nur abschrecken. Sie versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen und kurz
zu warten, bis ihre Worte in der richtigen Reihenfolge kamen. »Algirdas, ich muss wissen, ob Sie etwas am Laufen haben, das Dobrovolskij nicht passt. Oder ob einige der Zahlungen nicht korrekt waren.«
    »Verdammt, darüber wissen Sie doch wohl am besten Bescheid. Sie mit Ihrem autistischen Gehirn haben das doch alles unter Kontrolle. Ich weise nur die Beträge an, die Sie mir nennen.«
    Normalerweise würde sie sich daran erinnern. Normalerweise würde sie es wissen, wenn auch nur ein einziger Litas fehlte.
    »Außerdem … so, wie Sie das sagen, klingt es ja so, als wäre er ein Gangster. Das ist er nicht.«
    »Aber er kennt Leute aus dem Milieu«, beharrte sie. Unten im Fluss trieb ein schwarzer Abfallsack vorbei, an der Oberfläche gehalten von eingeschlossener Luft. Einen kurzen, schrecklichen Augenblick lang dachte Sigita, dass dieser Sack groß genug war, um eine Kinderleiche zu beinhalten.
    »Sigita, verdammt. Es tut mir sehr leid, dass Ihr kleiner Junge verschwunden ist, aber Dobrovolskij hat damit nichts zu tun. Ziehen Sie ihn um Gottes willen nicht in diese Sache hinein.«
    Sie verabschiedete sich nicht. Es gelang ihr gerade noch, das Handy auszumachen, ehe sich ihre Bauchmuskeln zusammenzogen und sie Orangensaft und warme Magensäure auf ihren Rock und ihre nackten Beine erbrach.

     
    Nina drehte sich schnell um und sah den Schatten des Jungen durch die Tür verschwinden. Dann hörte sie seine nackten Füße rasch über den Wohnzimmerboden und durch die Tür laufen. Ihre Beine fühlten sich an, als wollten sie unter ihr nachgeben, und ihre Knöchel und Knie zitterten bedrohlich, als sie sich endlich losreißen konnte.
    In einem langen Satz war sie durch

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