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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sich die Zeit, die Tür hinter sich und der blonden Frau zu schließen.
    Nina nahm mit einem seltsamen Gefühl von Furchtlosigkeit das leise Schnalzen des Schlosses wahr. Sie machte einen Schritt nach hinten und landete mit einem Fuß in der Pfütze aus warmem Urin, Milch und Cornflakes.

    Du Idiot, dachte sie. Das kann doch gar nicht seine Mutter sein. Du hast ja noch nicht bei ihr angerufen. Noch nicht einmal bei der Polizei. In diesem Augenblick traf sie ein Schlag und ließ die Welt zuerst verschwimmen und dann blutrot werden. Danach war alles schwarz.

     
    Barbara klammerte sich an seinen Arm.
    »Hör auf, sie zu schlagen«, sagte sie. »Jučas. Lass das!«
    Jučas.
    Nicht Andrius.
    Er nahm die Pistole herunter. Die kleine Schlampe lag zusammengesunken vor seinen Füßen, die eine Hälfte ihres Gesichtes war blutüberströmt.
    »Du darfst sie nicht totschlagen!«
    Barbara war leichenblass. Plötzlich sah sie nicht mehr jung aus, und zum ersten Mal wurde ihm klar, was der Altersunterschied zwischen ihnen in 10, 20 Jahren bedeuten würde. Wenn sie 50 wurde, wäre er gerade mal 40. Hatte ein Mann in diesem Alter Lust, zu einer 50-Jährigen nach Hause zu kommen?
    »Ich schlag sie doch nicht tot«, sagte er, während er nachdachte, was er stattdessen mit ihr machen sollte. Er schüttelte Barbaras Hand von seinem Arm und stieg über die dünne Frau hinweg. Wo war der Junge abgeblieben?
    »Wo zum Teufel steckt er?«, sagte er. Eben hatte der Kleine doch noch im Flur gestanden. Die Müslischale lag verkehrt herum auf dem Parkett, und Milch und Cornflakes hatten sich auf dem Holz verteilt. Aber wo war der Junge?
    Barbara fand ihn. Er hatte sich in die Toilette geflüchtet und kauerte in der Ecke neben der Kloschüssel auf dem Boden. Bei jedem Atemzug stieß er ein leises Fiepen aus.
    »Mein kleiner Schatz«, sagte Barbara und ging vor ihm in die Hocke. »Wir wollen dir nichts tun.«

    Der Junge kniff die Augen zu und wimmerte lauter.
    »Jetzt bring ihn doch endlich zum Schweigen«, sagte Jučas.
    Barbara sah ihn kurz an.
    »Er hat Angst«, erwiderte sie.
    »Dann gib ihm Schokolade. Oder hast du noch was von den Augentropfen?«
    »Nein«, sagte sie, aber er hatte das Gefühl, dass sie log.
    »Bleib hier«, kommandierte er. »Und sorg verdammt noch mal dafür, dass der Junge Ruhe gibt!«
     
    Die Frau lag noch immer im Flur und hatte sich nicht gerührt. Er nahm ihre Handtasche mit in die Küche, das einzige Gepäckstück, das sie aus dem Auto mitgenommen hatte, und leerte sie im Spülbecken aus. Portemonnaie, Kleenex, ein alter Beutel Lutschbonbons, Autoschlüssel, zwei andere Schlüsselbunde und ein abgegriffener Kalender. Kein Handy. Er nahm alle Schlüssel mit und schlug die Wohnungstür hinter sich zu, als er auf die Straße runterging, um nach dem roten Fiat zu suchen. Er fand ihn zwei Straßen entfernt, dicht hinter einem Glascontainer. Auf der Rückbank lagen eine Decke und zwei Tüten, die eine mit Kinderbekleidung, die andere mit Apfelresten, Brot und Spielzeug für den Sandkasten. Das war alles. Der Kofferraum war genauso uninteressant: eine Plastikkiste mit Startkabel, Scheibenreiniger, einer Dose Reifenschaum und diverse andere Erste-Hilfe-Utensilien für unzuverlässige Autos, ein Müllsack, der leere Flaschen enthielt, ein Paar Gummistiefel und eine Taschenlampe.
    Er nahm die Decke vom Rücksitz und schloss den Fiat wieder ab.
    Sie hatte das Geld nicht, dessen war er sich ziemlich sicher. Und er glaubte auch nicht, dass die andere es gehabt hatte. Die Blonde mit den großen Brüsten. Das hätte sie gesagt. Am Ende hätte sie es bestimmt gesagt.

    Das konnte aber nur eins bedeuten.
    Der Däne hatte ihn belogen.
    Es gab eine Menge Dinge, die er nicht verstand - zum Beispiel, warum diese dünne Schlampe immer noch den Jungen mit sich rumschleppte oder warum der Däne diese Blondine überhaupt da mit reingezogen hatte. Andererseits wusste er genug. Genug, um den Dänen dazu zu bringen zu bezahlen.
    Er holte den Mitsubishi, fuhr durch die Toreinfahrt und ging wieder zurück in die Wohnung. Barbara hatte es wenigstens geschafft, den Jungen aus der Toilette zu locken. Sie hockte vor ihm und wiegte ihn im Arm, was zu wirken schien. Jedenfalls hatte das Kind sich wieder beruhigt.
    Die kleine Schlampe lag noch immer regungslos im Flur. Aber sie atmete, das konnte er sehen.
    »Alles in Ordnung mit ihr«, sagte er zu Barbara. »Ich trage sie runter ins Auto.«
    Barbara antwortete nicht. Sie hockte nur da und sah ihn

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