Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
hielt.
»Ist schon gut, Liebes. Schsch …«, beruhigte Tante Billie sie. » Schau! «, flüsterte sie etwas zu laut. Sie drückte wieder auf ihre bauschige Füllhorn-Applikation. »Hübsche Lichter! Wie am Broadway!«
8
Die frühe Morgensonne strahlte mit gleißender Helligkeit durch das Küchenfenster herein und veranlasste Clara, die in die Samstagsausgabe der Chicago Tribune versunken war, den Platz am Küchentisch zu wechseln, um dem aufdringlichen Licht aus dem Weg zu gehen.
»Was soll das werden, Reise nach Jerusalem?«, erkundigte sich Leo.
»Ist es hier um diese Zeit immer so verdammt sonnig?«
»Nur in deiner Anwesenheit.« Er vergrub seine Nase im Kulturteil. »Wie heißt noch mal dieser teigige Koch, den du so toll findest?«
»Wer? Alfred Guillaume?«
»Bingo. Schau mal.« Er drehte die Zeitung um, sodass Clara sehen konnte, was er entdeckt hatte, und zeigte auf ein großes Schwarz-Weiß-Foto von dem bekannten französischen Spitzenkoch unter einer Schlagzeile, die lautete: »Weihnachtsmann kann einpacken: Promikoch erobert Chicago«.
»Lass mal sehen.« Clara riss Leo die Zeitung aus der Hand und fing an zu lesen. Sie schnappte nach Luft. »Wow! Er gibt am Chicagoer Institut für Kochen und Gastlichkeit einen Intensivkurs in Lebkuchen-Architektur für Fortgeschrittene.«
»Lebkuchen- Architektur für Fortgeschrittene? Klingt, als bräuchte man dafür einen Abschluss in Ingenieurswesen.«
»Es bedeutet, dass man Gebäude aus leckerem Gewürzteig fertigt«, erwiderte Clara, als wäre das völlig selbstverständlich. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie seit Sebastians Unfall nichts mehr gebacken hatte, rein gar nichts. Und obwohl sie sie früher ständig anhatte, wusste sie jetzt nicht einmal mehr, wo sich ihre Schürze befand.
»Ah, wie auf deiner Zeitkapsel-Liste der Dinge, die du verwirklichen willst«, sagte Leo. Wie hast du es doch gleich ausgedrückt? »Ein Lebkuchenhaus bauen, ohne irgendwelche belämmerten Bausätze zu benutzen? «
»So ähnlich.« Sie verschlang den Artikel.
» Belämmert hört man heutzutage viel zu selten, finde ich.«
»Hör dir das an!« Clara las laut vor: »Sie erhalten exklusive und persönliche Anleitung von Spitzenkoch Guillaume, dem weltweit renommierten Konditormeister und Autor des von Oprah empfohlenen Bestseller-Ratgebers ›K wie Keks, Alter!‹. Jeder Schüler wird sein einzigartiges, köstliches und hundert Prozent essbares Lebkuchenhaus kreieren, das garantiert selbst den größten Zweifler in Staunen versetzen wird. Eine knusprige, einzigartige Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte! Melden Sie sich gleich an!« Sie ließ die Zeitung sinken. »Wow, Wahnsinn.«
»Mach’s«, schlug Leo unbekümmert vor, während er sich dem Sportteil zuwandte.
»Mach was?«
»Melde dich für den Kurs an. Du bist offensichtlich verrückt nach diesem Spitzenkoch. Du kannst hervorragend backen. Und das Thema interessiert dich ganz eindeutig. Du hast doch selbst gesagt, es sei Wahnsinn .« Er deutete mit den Händen Anführungszeichen an.
»Ich bin überhaupt nicht verrückt nach ihm.«
»Im Ernst.« Leo pickte sich einen Muffin aus dem Brotkorb auf dem Tisch. »Das klingt, als würde dir der Kurs wirklich Spaß machen.«
»Ja«, räumte Clara ein. »Aber er findet erst in zwei Wochen statt. Ich muss schon am Freitag vorher wieder in Boston bei der Arbeit sein. Selbst wenn ich mich anmelden wollte , es ist einfach nicht machbar.«
»Dann nimm dir noch ein paar Tage frei. Oder was soll’s, nimm dir mehr als bloß ein paar Tage. Es ist ja nicht so, als wärst du bei Scuppernong gerade auf Karrierekurs. Das hast du doch neulich Nacht selbst gesagt«, rief Leo Clara in Erinnerung. »Abgesehen davon hat Mr. Franklin dich dazu angehalten, ein Sabbatical zu nehmen. Das könnte genau das Richtige sein.«
»Das glaube ich eher nicht.«
»Denk drüber nach«, redete er ihr zu. »Sonst hält dich doch gerade nichts Konkretes oder Dringendes in Boston. Was, wenn du deinen Chef beim Wort nehmen und einige Zeit hier zu Hause verbringen würdest?«
» Oh, bitte . Warum denn? Damit ich ein doofes Lebkuchenhaus ganz ohne Fertigprodukte machen kann und das dann von der Liste aus meiner Zeitkapsel streiche?«
»Warum nicht?«
»Genial«, sagte Clara verächtlich und nippte an ihrem Kaffee. »Und während ich damit beschäftigt bin, warum kümmerst du dich nicht um den Rest von meiner Liste, bis alles abgehakt ist?«
»Ich finde, das ist eine großartige
Weitere Kostenlose Bücher