Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
ziemlich kurz noch in der Highschool. Aber ich würde nicht sagen, dass es was Ernstes war. Irgendwie hat es dann doch nicht so richtig gefunkt zwischen uns. Um es mal milde auszudrücken.«
Clara bewegte ihre Finger ein klein wenig und dachte unbehaglich an Lincoln und ihren unglücklichen – wenn auch komischen – Beziehungsversuch. Nichts daran hatte funktioniert. Absolut gar nichts. Das war auch der Grund, warum sie das ganze Unterfangen so schnell wie möglich wieder beendet hatten, um wenigstens ihre Freundschaft zu retten, bevor es zu spät war. »Ich bin froh, dass wir das geklärt hätten!«, hatte sie grinsend zu einem eher ernst dreinblickenden Lincoln gesagt, als sie ihm die Nachricht beim All-You-Can-Eat-Salatbüfett im Olive Garden verkündete. Dabei hatte sie die Augen verdreht und einen erleichterten Seufzer ausgestoßen. »Jetzt können wir endlich wieder richtige Freunde sein. Gibst du mir mal den Parmesan, bitte?«
» Voilà! Das war doch jetzt gar nicht so schlimm, oder?«, sagte Schwester Pam und befestigte ein Pflaster über einem Wattebausch an Claras Arm.
»Was?« Clara zuckte zusammen. »Das war’s? Ich hab’s geschafft? Wirklich? «
»Wirklich und wahrhaftig. Wenn Sie wollen, können Sie jetzt sogar die Augen aufmachen.«
»Hängt mein Blut noch in diesem Beutelding neben mir? Ich glaube nicht, dass ich das sehen kann, ohne ohnmächtig zu werden.« Clara hielt die Augen weiter fest geschlossen.
»Warum überrascht mich das jetzt nicht? Geben Sie mir noch ein paar Sekunden …« Mit raschen Bewegungen entfernte die Krankenschwester Claras Blutbeutel vom Infusionsständer, reichte ihn einem Pfleger und teilte ihm mit, dass es »null-positiv« sei. »So, meine Liebe, alle Beweise wurden beseitigt. Sie können sich jetzt ganz langsam aufsetzen. Aber lassen Sie sich Zeit damit. Keine Eile. Immer mit der Ruhe.«
»Ist es weg?«, vergewisserte sich Clara lieber noch einmal.
»Weg wie meine Jungmädchentaille!« Schwester Pam brach in schallendes Gelächter aus und klopfte sich auf ihre drallen Schenkel. »Hast du den gehört, Marge?«, rief sie augenzwinkernd einer Kollegin zu, die ihr daraufhin five gab. »Heute hab ich’s echt drauf!«
Clara schlug die Augen auf und nahm zaghaft wieder eine aufrechte Position ein.
»Möchten Sie etwas Orangensaft oder einen Cookie? Wir haben Erdnussbuttercookies mit Schokosplittern«, bot Schwester Pam ihr an.
»Nein danke. Ich glaube nicht, dass ich jetzt was runterbekomme.« Clara tat ihr Bestes, all den anderen tapferen Menschen, die gerade in der Klinik Blut spendeten, keine Beachtung zu schenken. Eine Frau häkelte dabei doch tatsächlich, und ein Mann las einen Krimi und nippte an einem Eistee, als läge er gerade an einem Südseestrand. »Aber wären Sie so nett und würden mir meine Handtasche geben? Sie steht direkt neben der Liege.«
Schwester Pam reichte Clara die Tasche. »Ich werde mich um den Papierkram kümmern. Wenn Sie so weit sind, können Sie jederzeit gehen, aber ich möchte, dass Sie sich vorher wenigstens noch etwas Saft nehmen. Ihr Blutzuckerspiegel ist durch den Blutverlust jetzt sehr niedrig, und Sie sehen mir ein wenig blass aus.«
»Okay. Mache ich«, versprach Clara. Sie kramte ihre To-do-Liste und den treuen Rotstift aus ihrer Handtasche. »Schwester Pam?«
»Ja, Schätzchen?«
»Danke noch mal für Ihre Geduld mit mir. Ich weiß, dass ich mich wie ein Riesenbaby aufgeführt habe.«
»Glauben Sie mir, meine Liebe, da habe ich schon viel Schlimmeres erlebt. Ganz offensichtlich kennen Sie meinen Mann nicht. Man macht sich keinen Begriff!«
»Du bist echt wie Eddie Murphy«, sagte die andere Schwester lachend.
Schwester Pam legte Clara die Hand auf den Oberschenkel und sagte strahlend zu ihr: »Sie haben heute eine gute Tat vollbracht, obwohl Sie ordentlich Angst hatten. Sie können stolz auf sich sein.«
Clara war wirklich stolz auf sich. Als sie vor dem Eingang der Klinik gestanden hatte, die ihr vorkam wie Draculas Schloss, hatte solche Panik sie überfallen, dass sie beinahe kehrtgemacht hätte und weggelaufen wäre. Es gab einen Grund, warum sie noch nie vorher Blut spenden war. Aber dann fühlte sie nach der Zeitkapsel-Liste in ihrer Handtasche, nahm all ihren Mut zusammen und zwang sich hineinzugehen, denn sie wusste sehr wohl, wenn sie jetzt kniff, war ihre Mission in Chicago so gut wie gescheitert und ihre letzte Hoffnung verspielt. Dieser trostlose Gedanke war weitaus beängstigender als ein
Weitere Kostenlose Bücher