Die Liste
zurückweichen.«
»Wie geht es ihm heute?«
»Das mit Sam ist eine andere Geschichte, Mr Traynor.
Vielleicht werde ich sie Ihnen später einmal erzählen, vielleicht auch nicht. Möchten Sie jetzt meinen Garten sehen?«
Das war eher ein Befehl als eine Einladung. Ich folgte ihr ins Haus und dann durch einen engen Korridor, an dessen Wänden Dutzende gerahmte Fotos von Kindern und Enkeln hingen. Im Haus war alles genauso makellos wie draußen. Wir traten durch die Küchentür auf die hintere Veranda, und vor uns erstreckte sich der Garten Eden. Kein einziger Quadratmeter Raum wurde vergeudet.
Es war eine Postkartenidylle. Zwischen ordentlichen Reihen von Pflanzen und Klettergewächsen gab es 98
schmale Wege, damit Callie und Esau ihre spektakuläre Ernte einholen konnten.
»Was machen Sie mit den ganzen Lebensmitteln?«, fragte ich erstaunt.
»Einen Teil essen wir selbst, ein bisschen verkaufen wir, das meiste wird verschenkt. Hier in der Gegend braucht niemand zu hungern.« In diesem Augenblick bekam ich furchtbare Magenschmerzen. Die bloße Vorstellung von Hunger war mir plötzlich unverständlich. Ich folgte ihr in den Garten, und wir gingen langsam über die Wege, während Miss Callie auf Kräuterbeete, Melonen und die anderen köstlichen Früchte und Gemüsesorten zeigte, um die sie und Esau sich hingebungsvoll kümmerten. Sie gab zu jeder Pflanze einen Kommentar ab und rupfte gelegentlich fast wütend ein Hälmchen Unkraut aus. Es war ihr unmöglich, durch den Garten zu gehen, ohne auf die Details zu achten. Sie hielt nach Insekten Ausschau, tötete einen ekligen grünen Wurm auf einer Tomate, sah sich nach Unkraut um und merkte sich schon einmal, was sie Esau in nächster Zeit auftragen konnte. Meinem Verdauungssystem tat dieser gemütliche Spaziergang unendlich gut.
Von hier kommt also das Essen, dachte ich. Ich Ignorant.
Was hatte ich erwartet? Als Kind der Großstadt hatte ich nie zuvor einen Gemüsegarten gesehen. Ich hatte viele Fragen, die aber alle so banal waren, dass ich lieber den Mund hielt.
Miss Callie inspizierte einen Maisstängel und war nicht zufrieden. Sie brach eine Bohne auf, um sie wie eine Wissenschaftlerin zu analysieren und dann die vorsichtige Meinung zu äußern, die Bohnen benötigten sehr viel mehr Sonne. Als sie einen Flecken mit Unkraut entdeckte, sagte sie, Esau werde es rupfen, sobald er nach Hause komme.
Esau war nicht zu beneiden.
99
Nach drei Stunden und einer abschließenden Riesenportion Bananenpudding verließ ich das Haus der Ruffins mit einem Plastikbeutel Grünkohl. Ich hatte keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte – und herzlich wenig, was ich für eine Story verwenden konnte. Aber ich war eingeladen worden, am nächsten Donnerstagmittag wiederzukommen. Zu guter Letzt hatte mir Miss Callie eine handschriftliche Liste übergeben. Sie enthielt alle Fehler in der letzten Ausgabe der Times, die ihr aufgefallen waren. Fast immer waren es Satz- oder Tippfehler, zwölf an der Zahl. Unter Spot waren es durchschnittlich zwanzig gewesen, jetzt pendelte sich die Fehlerquote meistens um die zehn ein. Es war eine lebenslange Angewohnheit von Miss Gallie. »Einige Leute lösen gern Kreuzworträtsel, ich suche nach Fehlern«, hatte sie gesagt.
Es fiel mir schwer, das nicht persönlich zu nehmen, obwohl es mit Sicherheit nicht ihre Absicht gewesen war, jemanden zu kritisieren. Ich schwor mir, den Korrektur-lesungen eine höhere Priorität einzuräumen.
Ganz abgesehen davon hatte ich den Eindruck, dass eben eine neue, lohnenswerte Freundschaft begonnen hatte.
100
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ieder brachten wir ein großes Foto auf der W Titelseite, Wileys Schnappschuss von der Bombe vor der Entschärfung durch die Polizei. Die riesige Schlagzeile darüber lautete: BOMBE IM GEBÄUDE
DER TIMES.
Meine Story begann mit Pistons überraschender Entdeckung. Ich brachte jedes Detail, das ich belegen konnte, aber auch ein paar, bei denen das nicht der Fall war.
Kein Kommentar des Polizeichefs, ein paar nichts sagende Sätze von Sheriff Coley. Der Artikel endete mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse des Kriminaltechnikers und mit dessen Einschätzung, dass die Bombe, falls sie explodiert wäre, »immensen« Schaden an den Gebäuden auf der Südseite des Clanton Square angerichtet hätte.
Wiley hatte mir nicht erlaubt, ein Foto von seinem misshandelten Gesicht zu bringen, obwohl ich ihn inständig darum gebeten hatte. Auf der unteren Hälfte der Titelseite platzierte ich die Schlagzeile
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