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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der primitiven Straße, die parallel zum Ufer verlief.
    Darg war von ganz anderer Gestalt als Banda. In Banda sammelten sich die Häuser traubenförmig am östlichen Ende der Ebene, wo das Tal sich verengte und der Boden felsig war. In Darg drängten sich die Häuser auf dem schmalen Streifen zwischen dem Fuß des Felsens und dem Fluss ufer. Unmittelbar vor der Moschee befand sich eine Brücke, und die Felder lagen auf der anderen Seite des Flusses.
    Es war ein ideales Gelände, um aus dem Hinterhalt anzugreifen.
    Masud hatte seinen Plan während der Nacht entworfen, und Mohammed und Alischan sorgten dafür, dass die notwendigen Vorbereitungen getroffen wurden. Ruhig und zielstrebig gingen sie von Mann zu Mann, der hochgewachsene, stattliche und gut aussehende Mohammed und der kurzwüchsige, eher brutal wirkende Alischan: Beide gaben ihre Anweisungen mit leiser, fast sanfter Stimme, getreu dem Vorbild ihres Führers Masud.
    Während Ellis seine Sprengladungen anbrachte, fragte er sich, ob die Russen auch wirklich kommen würden. Jean-Pierre war nicht zurückgekehrt, man konnte also davon ausgehen dass es ihm gelungen war, mit denen drüben Kontakt aufzunehmen; und es schien undenkbar, dass sie der Versuchung widerstehen würden, Masud gefangen zu nehmen oder zu töten. Allerdings war das nur eine Hypothese; und falls die Russen nicht kamen, würde Ellis ziemlich dumm dastehen, weil er Masud die Idee zu einer raffinierten Falle gegeben hatte - bloß dass die Opfer dann ausblieben. Die Guerillas würden mit einem Narren keinen Pakt schließen wollen. Aber wenn die Russen kommen, dachte Ellis, und wenn das mit der Falle klappt, dann gewinnen Masud und ich so viel Ansehen, dass es mit dem Bündnis und den sonstigen Abmachungen wohl klappen dürfte.
    Er versuchte, Jane aus seinen Gedanken zu verdrängen. Als er seinen Arm um sie und ihr Baby gelegt hatte, und als dann ihre Tränen sein Hemd benetzten, da war seine Leidenschaft für sie wieder aufgeflammt. Es war, als hätte jemand Öl in ein Feuer geschüttet. Am liebsten hätte er noch endlos so gestanden, Janes schmale, bebende Schultern unter seinem Arm und ihren Kopf an seiner Brust. Arme Jane. Sie, die so direkt und ehrlich war, hatte zweimal einen buchstäblich falschen, unaufrichtigen Mann erwischt.
    Er ließ seine Zündschnur durchs Wasser schleifen und führte das eine Ende zu seinem jetzigen Standort in einem winzigen Holzhäuschen am Fluss ufer, etliche Hundert Meter Fluss aufwärts von der Moschee entfernt. Mit einer Würgezange befestigte er eine Sprengkapsel an der Schnur. Ein Zugzünder war dann der krönende Abschluss des Ganzen.
    Was Masuds Plan betraf, so hieß Ellis ihn gut. Zwischen seinen beiden Reisen nach Asien hatte er ein Jahr lang in Fort Bragg Leute eben hierin ausgebildet: Hinterhaltsangriffe und -gegenangriffe. Und er gab Masuds Plan eine neunzigprozentige Chance. Die fehlenden zehn Prozent erklärten sich dadurch, dass Masud keine Fluchtroute für seine Leute vorgesehen hatte für den Fall, dass der Kampf für sie ungünstig verlief. Allerdings konnte es sein, dass Masud gar keinen Fehler darin sah.
    Um neun Uhr war man mit allem fertig, und die Guerillas machten Frühstück. Selbst dies war ein Teil des Plans: Innerhalb von Minuten, wenn nicht Sekunden konnte jeder die für ihn vorgesehene Position erreichen, und aus der Vogelperspektive würde die Szene nur um so natürlicher wirken: als ob die Dorfbewohner sämtlich davonstürzten, um vor den Hubschraubern in Deckung zu gehen, ihre Töpfe und Teppiche und Kochfeuer hinter sich zurücklassend. Der Befehlshaber der russischen Streitmacht würde keinerlei Grund haben, eine Falle zu vermuten.
    Ellis aß etwas Brot und trank mehrere Tassen grünen Tees. Dann, während die Sonne über dem Tal höher stieg, machte er sich zum Warten bereit. Auf endlos lange Warterei musste man immer gefasst sein. Er erinnerte sich an seine früheren Erfahrungen in Asien.
    Damals war er oft high gewesen, von Marihuana, von Speed oder von Kokain; da hatte die Warterei weiter keine Rolle gespielt, weil er die verrinnende Zeit buchstäblich genoss .
    Eigentlich komisch, dachte er, dass mich nach dem Krieg Drogen gar nicht mehr gereizt haben.
    Ellis rechnete damit, dass der Angriff entweder noch an diesem Nachmittag oder morgen früh bei Tagesanbruch stattfinden würde. Er versuchte, sich in die Lage des russischen Befehlshabers zu versetzen. Dessen Devise würde wahrscheinlich lauten: nicht zu früh und nicht zu

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