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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zu erdrücken; dann verdrängte er schnell alle Gedanken daran.
    Er folgte einem steinigen Weg zwischen zwei Kornfeldern, wobei er sich ständig umsah und lauschte. Von einem Feld kam das zischende Geräusch von Sicheln, und auf einer schmalen Terrasse sah er zwei Männer, die beim Schein einer Lampe Unkraut jäteten. Er sprach nicht mit ihnen. Er erreichte den Fluss , überquerte ihn durch die Furt und stieg den gewundenen Pfad am gegenüberliegenden Uferfelsen hinauf. Hier, das wusste er, befand er sich in völliger Sicherheit; dennoch empfand er wachsende Anspannung.
    Nach zehn Minuten erreichte er sein Ziel, einen erhöhten Punkt. Er holte das Sendegerät aus seiner Hosentasche und zog die Antenne in voller Länge hervor. Es war das neueste und raffinierteste Kleinsendegerät, über das der KGB verfügte; dennoch war das Gelände hier fürs Funken so ungeeignet, dass die Russen gleich zu Beginn des Territoriums, das sie kontrollierten, extra eine Relaisstation errichtet hatten, um seine Signale aufzufangen und weiterzuleiten.
    Er drückte auf die Sprechtaste und sprach dann auf englisch und verschlüsselt: »Dies ist Simplex. Bitte melden.«
    Er wartete, dann wiederholte er den Ruf.
    Nach dem dritten Versuch erhielt er Antwort: Knistern und Knacken und eine Stimme mit unverkennbarem Akzent. »Hier ist Butler. Sprechen Sie, Simplex.«
    »Ihre Party war ein großer Erfolg.«
    »Ich wiederhole: Die Party war ein großer Erfolg«, kam die Antwort.
    »Siebenundzwanzig Leute nahmen daran teil, und einer kam später hinzu.«
    »Ich wiederhole: Siebenundzwanzig nahmen daran teil, und einer kam später hinzu.«
    »Zur Vorbereitung für die nächste brauche ich drei Kamele.« Das bedeutet: Wir müssen uns in drei Tagen treffen.
    »Ich wiederhole: Sie brauchen drei Kamele.«
    »Ich sehe sie bei der Moschee.« Die »Moschee« war ein bestimmter Ort, an dem drei Täler zusammentrafen.
    »Ich wiederhole: Bei der Moschee.«
    »Heute ist Sonntag.« Dies war kein Code. Es war eine Vorsichtsmaßnahme, weil der Einfaltspinsel, der das alles notierte, womöglich noch gar nicht gemerkt hatte, dass Mitternacht bereits vorüber war. Die Folge wäre gewesen, dass Jean-Pierres Kontaktmann einen Tag zu früh kam.
    »Ich wiederhole: Heute ist Sonntag.«
    »Ende.«
    Jean-Pierre schob die ausziehbare Antenne zusammen und steckte das Funkgerät wieder in die Hosentasche.
    Rasch entledigte er sich seiner Kleider. Aus der Hemdtasche zog er eine Nagelbürste und ein kleines Stück Seife. Seife war hier eine Rarität, doch als Arzt standen ihm gewisse Vorrechte zu.
    Vorsichtig watete er in den Fünf-LöwenFluss , kniete nieder, besprengte seinen ganzen Körper mit eisigem Wasser. Er seifte seine Haut und seine Haare ein, nahm dann die Bürste und begann sich abzuschrubben, Beine, Bauch, Brust, Gesicht, Arme und Hände.
    Vor allem seine Hände bearbeitete er sorgfältig, seifte sie wieder und wieder ein. Nackt im flachen Wasser knieend und fröstelnd, schrubbte und schrubbte er, als wolle er niemals aufhören.

7
     
     
    DAS KIND HAT Blasenwürmer, Gastroenteritis und Grind«, sagte Jean-Pierre. »Außerdem ist es verdreckt und unterernährt.«
    »Sind sie das nicht alle?« fragte Jane.
    Sie sprachen französisch, wie üblich, und die Mutter des Kindes beobachtete sie gespannt, weil sie kein Wort verstand. Jean-Pierre bemerkte es und versicherte der Frau in ihrer Sprache: »Dein Sohn wird wieder gesund.«
    Er ging auf die andere Seite der Höhle und öffnete seinen Medikamentenkasten. Alle Kinder, die zur Behandlung kamen, wurden automatisch gegen Tuberkulose geimpft.
    Während er die Injektion vorbereitete, beobachtete er Jane aus den Augenwinkeln. Sie gab dem kleinen Jungen schlückchenweise ein Rehydrationsgetränk - eine Mischung aus Glukose, Salz, Natriumbikarbonat und Kaliumchlorid, aufgelöst in keimfreiem Wasser.
    Zwischendurch säuberte sie sacht sein verdrecktes Gesicht. Ihre Bewegungen, schnell und voll Anmut, besaßen jene Sicherheit, wie gute Handwerker sie haben – etwa ein Töpfer, der etwas aus Ton formt, oder ein Maurer, der seine Kelle handhabt. Er betrachtete ihre schmalen Hände, die das verängstigte Kind mit sanftem Streicheln beschwichtigten. Er mochte ihre Hände.
    Ohne dass das Kind es sehen konnte, holte er die Nadel hervor und verbarg sie in seinem Ärmel. Dann beobachtete er wieder Jane: betrachtete ihr Gesicht, während sie die rechte Schulter des Jungen säuberte, mit einem Wattebausch voll Alkohol darüberstrich.

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