Die Loewin von Mogador
Sibylla gegen eine gute Provision
eine Lieferung von seidenen Kissenbezügen vermittelt. Die dreihundert Frauen
ihres Neffen, Sultan Sidi Mohammed, hatten sie eigenhändig nach uralten
Techniken mit Perlen und Goldschnüren bestickt.
Sibylla war entzückt gewesen, als Lalla
Jasira ihr die Muster vorgelegt hatte. Gewiss würde sie für diese märchenhaften
Arbeiten Höchstpreise erzielen.
Das Haremsbad stellte mehr noch als ein
öffentliches Frauenbad eine verborgene Welt dar. Nur ein einziges Glasfenster
in der Kuppel ließ etwas Helligkeit ein. Sibylla, Lalla Jasira, alle Konkubinen
und Ehefrauen, die kleinen Kinder und Sklavinnen verschmolzen wie Schatten mit
dem nebligen warmen Dampf.
Hinter Lalla Jasira stand ebenfalls eine
Sklavin. Sie hielt einen dünnen Baumwollfaden in der Hand, den sie zu einer
Schlinge geknotet und überkreuzt hatte. Damit zupfte sie die Augenbrauen ihrer
Herrin in einer Geschwindigkeit zu perfekten sanft geschwungenen Flügeln, die
Sibylla staunen ließ. Die Sklavin, die sich um sie selbst kümmerte, hatte
inzwischen einen Holzeimer mit warmem Wasser und einen Schwamm besorgt, und
begann, ihren Rücken mit sanften gleichmäßigen Bewegungen abzuwaschen.
Sibylla blickte auf, als ein Eunuch die Tür
öffnete, die das Hamam mit dem Vorraum verband, in dem die Frauen ihre Kleider
ablegten. Wahida kam mit einer sehr jungen, auffallend schönen Frau herein. Sie
klatschte in die Hände, und sofort eilten zwei Sklavinnen herbei.
„Reinigt und wascht dieses Kätzchen von oben
bis unten und in allen Öffnungen. Mein Sohn soll eine duftende Blume in seinem
Bett vorfinden!“ Wahida schob ihre schüchtern zu Boden blickende Begleiterin
nach vorn.
Seit dem Tod von Kaid Hash Hash war sie eine
Freigelassene und als Mutter des regierenden Statthalters gleichzeitig die
ranghöchste Frau seines Harems. Sie nahm ihre Position sehr wichtig und
kontrollierte nicht nur das Liebesleben ihres Sohnes, sondern auch seine Frauen
und Konkubinen.
„Wir hören und gehorchen, Umm Walad.“
Eilfertig führten die Sklavinnen die junge Frau zu einem großen Ofen, dessen
flache Oberseite mit glattem Marmor und silbrig funkelnden Quarzsteinen belegt
war. Sie holten eine Schale mit duftendem Seifenschaum und Schwämme aus
Palmfasern und fingen an, die Konkubine, die sich inzwischen auf den warmen
Ofen gelegt hatte, von oben bis unten einzuseifen.
„Das ist Bahar, die neue Favoritin unseres
Gebieters“, informierte Lalla Jasira Sibylla leise. „Seit drei Wochen will er
nur sie in seinem Bett. Das macht einige der anderen Frauen unruhig, besonders
Sukalina, die Mutter von Rami, seinem Lieblingssohn.“ Sie seufzte. „Ich danke
Allah jeden Tag, dass diese Zeiten hinter mir liegen. Es war eine Last, immer
wieder aufs Neue um die Gunst des Gebieters ringen zu müssen. Mich verlangt
auch nicht danach, wie Wahida über die Ordnung im Harem zu wachen. Ich schätze
meinen Frieden, meine Sammlung mit Poesie und meine Geschäfte. Da kommt
übrigens Sukalina mit dem kleinen Rami. Schau dir ihr Gesicht an, wie sie
grollt, weil Wahida ihre Aufmerksamkeit der neuen Favoritin widmet und nicht
mehr ihr!“
Sukalina schritt wie eine Königin an der
Spitze ihres Gefolges aus Sklavinnen und Verbündeten in den Baderaum. Ihre
edelsteinbesetzten Holzpantinen klapperten herausfordernd. Mit einem bösen
Blick auf Bahar ließ sie ihren vollendeten Körper ebenfalls auf die Ofenplatte
gleiten und schnippte mit den Fingern. Eine Sklavin eilte an ihre Seite.
„Wo bleibt die Seife?“, zischte Sukalina.
„Warum lässt du mich warten?“
Die Sklavin stammelte eine Entschuldigung und
huschte gebückt davon. Sukalinas Sohn, der dreijährige Rami, tapste fröhlich
quietschend auf Wahida zu. Sie beugte sich lächelnd zu ihm herab: „Nun, mein
kleiner Prinz, willst du zu deiner Großmutter?“
„Rami! Hierher!“, befahl Sukalina von der
anderen Seite des Ofens.
„Das kommt mir bekannt vor“, murmelte
Sibylla. „Wahida gehört mein tief empfundenes Mitgefühl.“
Eine Sklavin näherte sich mit einem Tablett
voller bunter Gläser, in denen sich eine eiskalte, Sorbet genannte,
Köstlichkeit aus pürierten Früchten und klein gestoßenem Eis befand. Lalla
Jasira nahm zwei Gläser vom Tablett und reichte eines Sibylla. „Was bedrückt
Sie, ehrwürdige Freundin? Doch nicht unser Geschäftsabschluss?“, erkundigte sie
sich freundlich.
„Aber nein, machen Sie sich keine Sorgen!“
Sibylla rührte niedergeschlagen in ihrem Sorbet. Sie
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