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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die nicht doch mitbringen, damit du notfalls eine Leibwache hast? Wie du weißt, freuen sie sich darauf, sich schon bald zu deinen Söldnern zählen zu dürfen.«
    Auch diese Worte enthielten eine Drohung, die Borelli durchaus verstand. Ranuccios Galgenvögel würden ihm so lange gehorchen, wie dieser es für richtig hielt. Er war jedoch auf Leute in der Kompanie angewiesen, die auf Gedeih und Verderb auf seiner Seite standen, und das würden die deutschen Söldner wahrscheinlich nicht. Daher nickte er mit einem gequälten Lächeln. »Lass sie vorerst noch wie verabredet in der Nähe von Viratelli lagern und schärfe ihnen ein, ja nichts auszuplaudern! Weder sie noch du noch ich dürfen mit dem Mord an meinem geliebten Onkel und dessen Sohn in Verbindung gebracht werden.«
    »So wird es geschehen. Dir gebe ich jedoch den Rat, den Mord nicht Legrelli in die Schuhe zu schieben. Deine Söldner könnten sonst Vendetta von dir fordern.« Mit diesen Worten tauchte Ranuccio im Wald unter, der ihn innerhalb weniger Augenblicke verschluckte.
    Borelli starrte noch eine Weile auf die Stelle, an der Ranuccio samt dem Pferd mit der Dunkelheit verschmolzen war, und ließ sich dessen letzte Worte durch den Kopf gehen. Nach zwei, drei Augenblicken winkte er verächtlich ab. Solange Legrelli offiziell noch als Verbündeter des Herzogs von Molterossa galt, gab es für ihn keine Probleme, wenn er dem Mann den Mord an Monte Elde anhing. Es würde ihm sogar nützen, denn dann stünden Offiziere und Mannschaft geschlossen hinter ihm, wenn er die Eiserne Kompanie dem Herzog von Mailand zuführte. Wurde dann bekannt, dass der Podesta von Mentone seit neuestem zu Gian Galeazzos Leuten gehörte, war er schon der unangefochtene Capitano der Compagnia Ferrea. Die Offiziere würden nur auf das Gold schauen, und die meisten seiner Söldner waren Deutsche und Flamen, die darauf gedrillt waren, wie Ochsen den Befehlen ihrer Anführer zu folgen.

9.
    C aterina schloss die Augen und sagte sich, dass eine Heirat mit Botho das kleinere Übel gewesen wäre, verglichen mit der Gefahr, die hier auf sie lauerte. Hinter ihr jammerte Malle zum Steinerweichen, und einige Schritte weiter vorne empfahl der Priester, der zusammen mit ihnen von der letzten Herberge aufgebrochen war, seine Seele dem Herrn. Auch er schien überzeugt zu sein, dass sie das andere Ende dieser Schlucht nicht lebend erreichen würden.
    »Nicht stehen bleiben! Wir müssen weitergehen!« Einer der einheimischen Führer, in deren Hände sie sich begeben hatten, klopfte Caterina mit dem Finger auf die Schulter, als wolle er sie antreiben wie ein Maultier.
    Sie öffnete die Augen und blickte nach oben, wo hoch über ihr das Blau des Himmels wie ein schmales Band zwischen den beiden steil aufragenden Wänden zu erkennen war. Nur ein Vogel war in der Lage, dort hinaufzufliegen und dem gähnenden Rachen der Tiefe zu entkommen, der sie und die anderen Reisenden in diesem Vorhof der Hölle bedrohte. Caterinas Blick wanderte die düstere, von Schatten verhüllte Felswand hinab, die ihnen gegenüberlag. Man hätte einen Kirschkern gegen sie spucken können – und doch war sie ebenso unerreichbar wie das Himmelreich für einen Todsünder, denn die Schlucht, an deren Wand die Reisenden sich entlangtasteten, reichte weiter in die Tiefe, als der Blick eines Menschen zu dringen vermochte. Caterina hatte kurz versucht, den Grund auszumachen, es aber schaudernd aufgegeben. Noch immer kämpfte sie mit dem heftigen Schwindelgefühl, das sie bei diesem Anblick gepackt hatte, und musste sich die Beschimpfungen der Einheimischen anhören, die die Reisenden wie störrische Tragtiere über den Pfad trieben.
    »Wenn Ihr nicht weitergeht, stecken wir Euch ebenfalls in einen Korb wie die andere Frau!«, schnaubte einer Caterina an.
    Sie sah sich kurz zu Malle um, die in einem geflochtenen Korb kauerte, den zwei Bündner an einer langen Stange trugen, und spreizte abwehrend die Hände. So wie die Männer ihre Magd trugen, hing diese mehr über dem Abgrund als über dem Felsband, das hier Weg genannt wurde und so schmal war, dass sie ihre Füße kaum nebeneinander stellen konnte. Ihr erschien es wie ein Wunder, dass ihr Maultier und das von Malle, die von zwei jungen Männern am Zügel geführt wurden, noch nicht abgestürzt waren. Ein paar Schrammen, die Caterina an der letzten Kehre auf den Flanken der Tiere gesehen hatte, zeigten, dass die sonst so gleichgültigen Geschöpfe sich instinktiv gegen die Felswand

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