Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
die Schuld an allem gab. Hätte er das Salvi nicht in den Brandy getan, wäre es vielleicht ganz anders gekommen.
Aber vielleicht auch nicht.
Und schließlich, so hatte Dimitri ihn ja auch nach Brickbanks Tod gewarnt, der trotz aller Vorsichtsmaßnahmen von Voss nicht zu verhindern gewesen war: Wenn es einem vorherbestimmt war zu sterben, konnte man nichts dagegen ausrichten.
Voss blinzelte und rieb sich den Kopf hinten an der Kutsche, in der Angelica sich befand, und brachte sich so aus einer hundert Jahre zurückliegenden Vergangenheit wieder in die Gegenwart zurück.
Die Kutsche hatte sich ihren Weg durch Einkäufer und Straßenhändler auf der betriebsamen Bond Street gebahnt, dann entlang Piccadilly in Richtung Fleet Street, und bog jetzt endlich bei Bishopsgate ab. Schließlich bogen sie in eine enge Gasse zwischen zwei Gebäuden ein.
Voss wusste, dass sie am Ziel angelangt waren, als er den Geruch des Flusses mit seinem ganzen Begleitgestank roch, der sich noch mit dem Gestank von Erbrochenem und schalem Bier vermischte. Der Fischmarkt von Billingsgate war zwei Häuserblocks entfernt, und hier in der engen, gewundenen Gasse drängte sich eine Schenke an der anderen, wohin es Fischer und Händler am Abend trieb. Das Haus, zu dem er seinen Kutscher angewiesen hatte zu fahren, stach hervor durch ein Schild am Eingang mit dem Namen „Zum Goldenen Löwen“, aber war unter seinen Kunden unter dem Namen „Schwarze Maude“ bekannt.
Jetzt da sie im östlichen Teil der Stadt inmitten von nahe beieinander stehenden und hohen Gebäuden angekommen waren, konnte Voss das Gesicht heben, ohne fürchten zu müssen, von der Sonne verbrannt zu werden. Dieses Himmelsgestirn war tiefer gesunken, was bedeutete, in Kürze würden Belial und seine Kohorten in voller Stärke ausschwärmen.
Voss war einer der seltenen Drakule, der auch bei Tag aus dem Hause gehen konnte, solange er darauf achtete, kein direktes Sonnenlicht auf die Haut zu bekommen. An manchen regnerischen, sehr bewölkten Tagen konnte er sogar für kurze Zeit ohne Bedeckung unterwegs sein. Die Toleranz gegenüber der Sonne war bei jedem von ihnen unterschiedlich. Es gab auch einige, die sich auf gar keinen Fall trauten, selbst indirekt dem Sonnenlicht zu begegnen – ob nun mit oder ohne Bedeckung. Nichtsdestotrotz: Die direkte Berührung mit Sonnenlicht würde jeden Drakule töten.
Genau wie Luzifer in der Dunkelheit lebte und gedieh, wo er sich zur Vertuschung seiner Taten auf Schatten und Nacht verlassen konnte, so waren auch die Drakule gemacht. Das Sonnenlicht enthüllte allzu viel.
Voss betrachtete sich in der Sache daher als einer der vom Schicksal Begünstigten, denn es hatte ihm schon ein paar Mal aus brenzligen Situationen geholfen. Und in diesem Fall hatte es ihm ermöglicht, Angelica an einen sichereren Ort zu schaffen.
Die Kutsche war nunmehr in der Gasse hinter der Schwarzen Maude zum Stillstand gekommen, und Voss ließ den Griff los und stieg herunter auf die Straße. Ein rascher Blick rundum bestätigte, dass die Gasse menschenleer war. Rasch trat er vor und löste den Riegel an der Kutschentür, voller Befürchtungen hinsichtlich Angelicas Reaktion.
Als er die Tür öffnete und hineinschaute, rührte sie sich nicht, sondern spießte ihn nur mit einem kühlen Blick auf.
Zumindest fiel sie nicht in einem Wutanfall über ihn her, wie es ihm mit einer anderen Gespielin ergangen war, der er einen ähnlichen Transport zugemutet hatte. Aber India war natürlich ein temperamentvoller Rotschopf gewesen, selbst in entspannter Gemütsverfassung, und die Situation war ganz anders gewesen als diese. Zum einen hatte er sie aus den Händen ihres Ehemanns entführt, zum anderen hatte er schon vor der Entführung wiederholt ihr Lager geteilt.
Sein Mund war ausgetrocknet, und das Zahnfleisch um seine Zähne schob sich leicht zurück, als er realisierte, er würde bald das gleiche mit dieser jungen Frau hier tun.
„Soll ich aussteigen, oder wollen Sie sich zu mir gesellen?“, fragte Angelica mit betont gleichgültiger Stimme. Ihr Haar hing ihr immer noch um die Schultern, und ihre zarten Hände lagen ihr im Schoß. Das schwache Licht glitt ihr über die Kurven von Schlüsselbeinen und Brüsten. Voss’ Atem wurde tiefer, als er sich am Türrahmen festhielt. Sie war so ganz und gar betörend.
Aber ... ihre Augen. Es waren die Augen, die ihn dort fesselten, ihn
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