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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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auf die flache goldene Schachtel herab, die Kai dagelassen hatte. Ohne zu zögern schnappte sie nach ihr.
    Cinder versuchte, sich die Schachtel zu angeln, aber Pearl tanzte aus ihrer Reichweite. Erst als Cinder ein Knie hochgenommen hatte und über den Tisch hechten wollte, fiel ihr auf, in was für einer Katastrophe das enden würde. Mit rasendem Puls erstarrte sie und beobachtete, wie Pearl an der Schleife zog und sie auf den staubigen Boden fallen ließ. Dann zerriss sie die goldene Folie. Die Schachtel war schlicht und weiß, ohne Markennamen.
    Als sie den Deckel abnahm, reckte Cinder den Hals und versuchte hineinzuspähen. Sie konnte nur zerknittertes Seidenpapier und irgendetwas Seidiges, Weißes erkennen. Pearl starrte auf das Geschenk hinunter. Cinder versuchte, aus ihrer Reaktion schlau zu werden, aber sie sah einfach nur verwirrt aus.
    »Soll das ein Witz sein?«
    Cinder sagte nichts, sondern nahm nur langsam das Knie vom Tisch.
    Pearl hielt Cinder die Schachtel so hin, dass sie auch hineinsehen konnte. Darin lagen die feinsten Handschuhe, die man sich vorstellen konnte – aus reiner, silbrig weiß schimmernder Seide. Sie gingen bis über die Ellenbogen, und der Perlenbesatz am Saum verlieh ihnen klassische Eleganz. Es waren die Handschuhe einer Prinzessin.
    Sie sahen nicht gerade nach einem Witz aus.
    Pearl lachte schrill. »Er weiß es nicht, oder? Er weiß das mit deinem … Er weiß das mit dir nicht.« Sie nahm die Handschuhe heraus und ließ die Schachtel achtlos auf die Straße fallen. »Und wie hast du dir das vorgestellt? Wie soll das weitergehen?« Sie fuchtelte mit den Handschuhen vor Cinder herum. Die leeren Fingerspitzen schlenkerten hilflos durch die Luft. »Hast du wirklich gedacht, der Prinz könnte dich mögen? Hast du gedacht, dass du mit ihm zum Ball gehst und mit ihm tanzt, in deinen hübschen neuen Handschuhen und mit deinem …« Sie sah Cinder von oben bis unten an, die dreckige Cargohose, das fleckige T-Shirt, den Werkzeuggürtel um die Taille, und lachte wieder.
    »Natürlich nicht«, sagte Cinder. »Ich gehe nicht zum Ball.«
    »Und wofür braucht ein Cyborg dann so etwas?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe sie doch gar nicht … Er hat sie mir nur …«
    »Vielleicht hast du dir ja eingebildet, dass es keine Rolle spielt«, sagte Pearl und schnalzte mit der Zunge. »War es so? Hast du gedacht, dass der Prinz – nein, der Kaiser – es über sich bringen könnte, all deine … Mängel zu übersehen?«
    Cinder ballte die Fäuste und versuchte die Sticheleien zu ignorieren. »Er ist einfach nur ein Kunde.«
    Pearls höhnisches Grinsen verschwand. »Quatsch. Er ist der Prinz. Und wenn er die Wahrheit über dich wüsste, hätte er dich noch nicht einmal angeguckt.«
    Jetzt wurde Cinder richtig wütend. Sie sah Pearl zornig an. »So wie dich, meinst du?« Kaum hatte sie das ausgesprochen, wünschte sie sich, sie hätte den Mund gehalten. Aber jetzt sah Pearl so wütend aus, dass es ihr das fast wert war.
    Aber dann warf Pearl die Handschuhe auf den Boden, riss den Werkzeugkasten vom Tisch und leerte ihn über ihnen aus. Cinder schrie auf. Bolzen und Schrauben schepperten zu Boden und schlitterten quer über die Straße. Die Leute blieben stehen und starrten die beiden und das Chaos an, das sie anrichteten.
    Pearl legte den Kopf in den Nacken und sah Cinder von oben herab an. »Räum das auf, bevor das Fest hier zu Ende ist. Heute Abend brauche ich deine Hilfe. Schließlich habe ich einen königlichen Ball zu besuchen.«
    Cinders Drähte glühten, als Pearl nach ihren Schachteln griff und losmarschierte. Keine Sekunde später sprang sie über den Tisch auf die Straße und kniete sich neben die umgekippte Werkzeugbox. Sie stellte die Kiste wieder auf, ohne auf die herumliegenden Teile zu achten, und zog die Handschuhe hervor, die zuunterst lagen.
    Sie waren dreckig und staubig, aber es waren die Ölflecken, die Cinder Sorgen machten. Sie legte die Handschuhe über die Knie, doch als sie versuchte, die Falten zu glätten, verwischte sie die Flecken noch mehr. Die Handschuhe waren wunderschön. Sie waren das Allerschönste, was sie je besessen hatte.
    Aber wenn sie in ihren Jahren als Mechanikerin eines gelernt hatte, dann das: Bestimmte Flecken gingen nie mehr raus.

31
    Der Weg nach Haus war lang. Adri und Pearl waren ohne sie vorgegangen, weil sie sich unbedingt für den Ball fertig machen wollten. Cinder war erst erleichtert gewesen, aber nach den ersten Kilometern auf den

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