Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
dass ihr es weiter bringt als er«, murmelte Anna.
»Aye. Es war sein Traum, dass Alan und ich aus der Mine herauskamen. Wir sollten nicht das Leben führen, das er gehabt hatte.« Er sah sie an. Seine Augen brannten. »Ich war zwanzig, als der Hauptstollen einstürzte. Wir haben drei Tage und drei Nächte lang gegraben. Zwanzig Männer waren tot, darunter mein Vater und mein Bruder.«
»Oh Daniel.« Sie legte den Kopf an seine Schulter. Da war mehr als nur Trauer. Sie konnte die Wut, die Verbitterung und das Schuldgefühl spüren. »Das tut mir so leid.«
»Als wir sie beerdigten, schwor ich mir, dass dies nicht das Ende bedeutete, sondern ein neuer Anfang. Ich würde den Traum meines Vaters erfüllen und genug Geld verdienen, um dem Bergbau den Rücken kehren zu können. Als ich genug Geld hatte, war es allerdings zu spät, um meine Großmutter mitzunehmen. Sie hatte ein langes Leben, und bevor sie starb, nahm sie mir ein Versprechen ab. Ich sollte nicht der Letzte unserer Familie sein und nicht vergessen, woher ich komme. Ich werde dieses Versprechen halten, Anna.« Er drehte sie zu sich, damit sie ihn ansah. »Wegen ihr, wegen mir. Mit jedem Stein, aus dem dieses Haus gebaut werden wird.«
Jetzt verstand sie ihn, vielleicht zu gut. Und sie wusste, dass sie sich hier, auf diesem einsamen, vom Wind gepeitschten Kliff, in ihn verliebt hatte. Aber mit dieser Erkenntnis kamen nur noch mehr Fragen.
Sie stand auf und ging dorthin, wo er sein Haus bauen wollte. Er würde es bauen, dessen war sie sicher. »Sie wären stolz auf dich.«
Er folgte ihr. »Eines Tages werde ich nach Schottland fahren, um mich an alles zu erinnern. Ich möchte, dass du dann an meiner Seite bist.«
Sie drehte sich zu ihm um. Und während sie dies tat, blitzte der Gedanke in ihrem Kopf auf, dass es genau diese Bewegung war, für die sie ihr ganzes bisheriges Leben gelebt hatte. »Ich fürchte, ich werde dir nie alles geben können, was du erwartest, Daniel. Und ich fürchte mich noch mehr davor, dass ich es trotzdem versuchen werde.«
Er blieb vor ihr stehen. Immer noch viel zu viel Abstand. »Du hast mir gesagt, dass du Zeit brauchst. Ich habe dich gebeten, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt frage ich dich, wie sie lautet.«
Anna stand da, reglos und gefasst am Rande ihrer Welt.
7. K APITEL
Sie wollte ihm alles geben, worum er sie bat. Sie wollte ihm viel mehr geben, als er je zu fragen gewagt hätte. Sie wollte alles nehmen, was sie ergattern konnte, festhalten und nie wieder loslassen. In diesem Moment verstand Anna, was der nächste Schritt für sie beide bedeuten konnte. Sie fragte sich, ob auch er sich dessen bewusst war. Ein Schritt vorwärts konnte ihrer beider Leben für immer ändern, selbst wenn dieser Schritt später vielleicht zurückgegangen werden sollte. Ein Schritt nur, und alles, was gesagt oder getan wurde, konnte nicht mehr geändert werden. Anna glaubte an das Schicksal. Ein Schicksal, dem man sich mit offenen Augen und bei vollem Verstand stellte.
Und auch wenn die Vernunft darum rang, die Oberhand zu behalten, übernahm ihr Herz langsam, aber unausweichlich, die Zügel. Was war Liebe? In diesem Moment wusste sie nur, dass die Liebe viel, viel stärker war als die Logik, nach der sie immer gelebt hatte. Wegen der Liebe waren Kriege geführt worden und Imperien zusammengebrochen, die Liebe hatte Männer in den Wahnsinn getrieben und aus Frauen Närrinnen gemacht. Anna könnte stundenlang rational über dieses Thema nachdenken und es zu analysieren versuchen, aber nie würde sie die Kraft dieser allumfassenden Macht schmälern können.
Sie standen am Kliff. Der Wind brauste gegen den Fels, heulte durch das hohe Gras und über das Land, auf dem Daniel einen Traum verwirklichen und ein Versprechen einlösen wollte. Wenn Daniel ihre Bestimmung war, würde sie sich diesem Schicksal stellen.
Er sah wilder aus als je zuvor, fast Angst einflößend. Seine Augen brannten sich in ihre, während die Sonne in seinem Rücken stand. Zeus, Thor, er hätte beide verkörpern können. Aber er war aus Fleisch und Blut, ein Mann, der das Schicksal verstand und akzeptierte und Berge versetzen würde, um den Weg zu gehen, den er gewählt hatte. Er hatte sie gewählt.
Sie ließ sich Zeit, fest entschlossen, ihre Entscheidung mit klarem Verstand zu treffen. Aber die Gefühle, die in ihr tobten, waren weder klar noch ruhig. Wie hätte sie auch in seine Augen sehen sollen, die Wünsche und Bedürfnisse darin erkennen, und ruhig bleiben
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