Die Macht der Angst (German Edition)
könnten.«
»Vertrau mir, Baby.« Sie setzte Charles Parrish die Kappe auf, dann zog sie eine ihrer Haarnadeln heraus und benutzte sie, um sein dichtes, glänzendes Silberhaar strähnenweise durch das Drahtgeflecht zu ziehen. Die Haare verdeckten die Kontaktpunkte perfekt. Zum Glück war der Mann nicht kahl. Nicht, dass es einen großen Unterschied gemacht hätte. Die Überwachungskameras im Gebäude der Parrish Foundation, die die Szene einfangen würden, waren sehr weit entfernt. Trotzdem war es ratsam, vorsichtig zu sein und auf jedes Detail zu achten.
»Beeil dich«, drängte Des sie. »Du musst mir auch noch meine Krone anpassen.«
»Nach all den Jahren bist du noch immer nicht in der Lage, dir ohne Hilfe die Masterkrone aufzusetzen?«, spottete sie. »Idiot. Ich sollte dir die Kontaktpunkte auf die Kopfhaut tätowieren.« Sie lehnte sich zurück und bewunderte Parrishs Anblick. »Du siehst wunderschön aus«, sagte sie neckisch zu dem alten Mann. »Ich könnte dich küssen.«
»Aber das wirst du nicht«, ermahnte Des sie. »Weil du nicht so dumm bist, überall in seinem Gesicht Lippenstift und Speichel zu hinterlassen.«
Ava zog eine Schnute. »Was bist du doch für ein Spielverderber, Des. Komm her zu mir, damit ich dich bereit machen kann. Du bist ganz sicher, dass ich das X-Cog nicht selbst durchführen soll?«
»Wir haben dieses Thema ausführlich erörtert. Ich weiß, du hältst mich für unfähig, aber dies ist keine besonders komplizierte Aufgabe.«
»Wie du willst.« Ava klatschte Des die Krone auf seinen mahagonifarbenen Schopf, wobei sie sich wieder der Haarnadel bediente, um einzelne Locken durch das Netz zu ziehen. Anschließend installierte sie die Sensoren an seinem Kopf. Fast unsichtbar. Sie eilte zu Parrish, richtete ihn in seinem Stuhl auf und legte seine Hände auf den Schreibtisch.
»Versuch es«, forderte sie Des auf. »Er sollte jetzt bereit sein.«
Des schloss die Augen und konzentrierte sich. Charles Parrish beobachtete mit blankem Entsetzen, wie sich seine Hände hoben und unbeholfen klatschten. Er klatschte wieder, klarer und lauter diesmal. Dann steckte er sich die Daumen in die Ohren und wackelte damit. »F-f-fromme F-f-frösche f-f-fressen f-f-frische F-f-frühlingszwiebeln«, stammelte er mit belegter, undeutlicher Stimme.
»Das musst du besser hinkriegen«, rügte Ava.
Des versuchte es noch einmal. »F-fromme Frösche fressen frische Frühlingszwiebeln«, wiederholte Parrish, verständlicher nun. In seinen Augen spiegelte sich panische Angst und blankes Entsetzen wider.
Dieser Wichser. Er glaubte, ihm gehöre die Welt. Dass jeder darin sein Speichellecker war. Er hatte sich genüsslich vorgestellt, wie er Ava heute noch über einen Labortisch beugen und sie rammeln würde wie ein brünstiges Tier. Er würde qualvoll dafür büßen, es sich auch nur ausgemalt zu haben. Der geile alte Bock. Er war reif fürs Schlachthaus. Seine Zeit war abgelaufen.
»Schließ seinen Mund, Des«, forderte sie ihn auf. »Und sieh zu, ob du irgendetwas wegen seiner Augen unternehmen kannst. Sie sehen aus, als wollten sie ihm aus dem Kopf ploppen.«
Des hatte Mühe, Parrishs Gesichtsmuskulatur unter Kontrolle zu bringen. Das Ergebnis war marginal besser. Aber mehr konnte Ava nicht von ihm erwarten. Sie hätte darauf bestehen sollen, die Masterkrone selbst zu tragen, aber nun war es zu spät. Ihr Zeitfenster wurde kontinuierlich enger. Ein Blutstropfen quoll aus Parrishs Nase. Die Oberflächenspannung zerriss, das Blut rann an seinem Mundwinkel vorbei und tropfte von seinem Kinn. Sein Blick zuckte wie wild nach allen Seiten. Er war ein schlechter Interface-Proband. Zu alt, zu männlich, zu unnachgiebig.
»Hol die Papiere, die er unterzeichnet hat. Schnell.« Desmonds Stimme zitterte vor Anstrengung. »Er macht bald schlapp.«
Ava schnappte sich die Dokumente. Parrish war keuchend und zuckend auf dem Schreibtisch zusammengesackt. Blut tropfte auf seine Schreibunterlage. Seine Lungen waren kollabiert. Die Droge lähmte ihn. Er konnte nicht mehr ohne Hilfe atmen.
Herrgott noch mal, musste sie denn an alles selber denken? »Sorg dafür, dass er atmet, du Idiot!«, zischte sie. »Er erstickt uns sonst noch!«
Hektische Atemzüge rüttelten den Körper des alten Mannes durch; sein Brustkorb bewegte sich wieder.
»Pass auf, dass er nicht hyperventiliert«, warnte sie ihn. »Du Stümper. Dies ist das letzte Mal, dass ich dich die Krone tragen lasse, verstehst du mich?«
Es wurde Zeit für das
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